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Der Kobold zwischen den vier Händen

Untertitel
Progressive Anfängerliteratur fürs Pianisten-Duo
Publikationsdatum
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Zahlreiche Neuerscheinungen von Noten für Klavier vierhändig lassen den Rückschluß zu, dass hier ein Bedarf besteht beziehungsweise erwartet wird. Tatsache ist, dass vierhändiges Klavierspiel in Konzerten, in Radio-Programmen, im CD-Geschäft und im Unterricht gewinnt. Die hier vorgestellten Notenausgaben stehen mit jedem dieser Hefte beispielhaft für einen bestimmten Sektor innerhalb des klaviervierhändigen Gesamtkomplexes: Musik der Tradition, der Moderne, Musik mit pädagogischer Zweckbestimmung im engeren Sinn, sowie Volks- und Popularmusik.

Zahlreiche Neuerscheinungen von Noten für Klavier vierhändig lassen den Rückschluß zu, dass hier ein Bedarf besteht beziehungsweise erwartet wird. Tatsache ist, dass vierhändiges Klavierspiel in Konzerten, in Radio-Programmen, im CD-Geschäft und im Unterricht gewinnt. Die hier vorgestellten Notenausgaben stehen mit jedem dieser Hefte beispielhaft für einen bestimmten Sektor innerhalb des klaviervierhändigen Gesamtkomplexes: Musik der Tradition, der Moderne, Musik mit pädagogischer Zweckbestimmung im engeren Sinn, sowie Volks- und Popularmusik.Friedrich Kiel: Zwei kleine Sonaten op. 6 (1850), Edition Dohr 99693

Nach einem Variationswerk und vier Humoresken für Klavier zu vier Händen, im Verlag Kunzelmann erschienen, ist dies das dritte Werk Kiels in der Gattung, das durch Verlegerinitiative wieder in den Handel gekommen ist. Im Gegensatz zu den Stücken von Loeschhorn sind diese Sonaten als kleine Konzertstücke zu betrachten und für diverse Gelegenheiten, wie zum Beispiel Wettbewerbe, gut geeignet. Primo ist zwar im allgemeinen Melodieträger, aber Secondo hat nicht nur einfache Begleitfunktion.
An vielen Stellen herrscht in beiden Sonaten ein Prinzip des Austauschs und Wechselspiels mit den musikalischen Elementen. Nimmt man die 1. Sonate zur Hand, so lasse man sich nicht von dem vielleicht zunächst etwas simpel erscheinenden Prinzip der unisono geführten Melodie im Diskant über einfach nachgeschlagenen Akkorden im Bass irritieren. Es wird danach schnell anders, und spätestens in der Durchführung bestätigt sich: Kiel hat Einfälle, die ergänzt werden durch souveräne Verarbeitung. Der Schwierigkeitsgrad liegt für beide Spieler im Übergangsbereich von leicht zu mittelschwer, je nach dem auch, wie man das Tempo von Vivace der 1. Sonate versteht.

Carl A. Loeschhorn: 15 Klavierstücke zu vier Händen zum Unterricht für Anfänger op. 86, Boosey & Hawkes/Bote & Bock

Loeschhorn, von 1851 Klavierlehrer am Königlichen Institut für Kirchenmusik in Berlin, verdient, als Komponist wieder entdeckt zu werden. In nach traditioneller Methode des Anfängerunterrichts konzipierter Weise beginnt es bei diesen Stücken in der Nr. 1 im Fünftonraum auf weißen Tasten in Parallelbewegung der Hände (unisono) mit langen Notenwerten und einfachen Tonfolgen, wobei allein der Part von Primo so angelegt ist. Secondo – anspruchsvoller im Satz mit der notwendigen harmonisch-klanglichen Unterfütterung – ist für den Lehrer kenntlich (kann natürlich auch ein anderer etwas fortgeschrittener Schüler sein). Der Tonraum wird für Primo ausgeweitet und das Unisonospiel schrittweise durch selbstständige Stimmführung ersetzt... Dies ist eine Tradition in der vierhändigen Anfängerliteratur von Diabelli bis ins 20. Jahrhundert.Unterschiede waren vor allem im 19. Jahrhundert auf den Harmoniefaktor bezogen festzustellen. Da hat Loeschhorn seine Inspiration spielen lassen. In seinen Stücken zeigt sich das durch eine persönliche Note. – Ein kluges Geleitwort mit einer ganzen Reihe nützlicher Hinweise ist dem Notentext in der vorliegenden Ausgabe vom Herausgeber Gerhard Schroth vorangestellt. Als Beilage eine CD, die die Möglichkeit gibt, den jeweils anderen Part auf CD-Player mitlaufen zu lassen. Ein Nachteil: Der Spieler muss sich dem Tempo nach der Einspielung unterordnen, und die agogischen Feinheiten kommen nicht zum Tragen.

Otfried Büsing: Strepitolino (1999) für 1 Flügel zu vier Händen mit Neben-Instrumenten, gravis EG 682

Das Stück steht als Beispiel für ein Werk aus unseren Tagen. Die Übersetzung des Titels zielt auf einen „italienischen Kobold“, der – unsichtbar – Spieler und Hörer im Zeitraffer von drei Minuten durch verschiedene Phasen der Avantgarde und andere musikstilistische Richtungen des 20. Jahrhunderts zu begleiten scheint: Mit Spielpraktiken des Klaviers auf den Tasten und im Innenraum des Flügels, wobei an den betreffenden Stellen ein Jazzbesen bei Primo und ein weicher Paukenschlägel bei Secondo benötigt werden. Unabhängig von uneingegrenztem Umgang mit dem Klang ist doch eine Strukturierung wahrnehmbar, die zum Wundern Anlass geben mag, wenn, etwa in der Mitte, plötzlich eine Passage in mehrfach oktaviertem Unisono der vier Hände erscheint. An das Werk mit bemerkenswerter Aussagekraft können sich vom spieltechnischen Schwierigkeitsgrad her auch schon weniger fortgeschrittene Spieler wagen.

Uwe Korn: Für kleine & große Hände, Doblinger 01 835

Zehn Tänze des klassischen U-Musik-Bereichs – Cha-Cha-Cha, Rumba, Ragtime, Langsamer Walzer, Rock’n’Roll, Calypso, Walzer, Tango, Samba, Rock – sind über ihre feststehenden rhythmischen Vorgaben hinaus hinsichtlich Melodik, Klang, Struktur und Klaviersatz vom Komponisten oder Arrangeur kreativ geformt. Einige Stücke möchte man nochmals zusätzlich lobend erwähnen: Nr. 1, 2, 4 und 8. Bei diesen so positiv zu fällenden Urteil im Substanziellen ist die Information im Titel für die dort genannte Zielgruppe irreführend. Auf dem Deckblatt der Notenausgabe und nochmals auf der Innenseite ist zu lesen „sehr leichte einstimmige Anfängerstücke mit Begleitung für Fortgeschrittene oder Lehrer“. Aber kein Stück hat einen einstimmigen Part, jedenfalls nicht durchgehend, weder Primo noch Secondo. Und soweit mit Einstimmigkeit die unisono geführten Partien von Primo gemeint sein sollten, handelt es sich meistens um Oktavräume und mehr, die mit entsprechender Mobilität von Fingern und Hand zu durchmessen sind. Was mit „sehr leicht“ in Literaturlisten und entsprechender Fachliteratur bezeichnet wird, ist das nicht! Im Übrigen sind die Partien beider Spieler, von kleinen Nuancen abgesehen, in diesem Spielheft dem gleichen Schwierigkeitsgrad zuzuordnen: Noch leicht!

Emmerich Bünemann: Sammelsurium. Leichte Spielmusik (Reihe: Musica Allegra), Trio Musik Edition MA-002

Hier liegt eine Sammlung von zwei Dutzend Stücken im Umfang von einer Zeile bis zu drei Doppelseiten vor – in traditionell harmonisch einfachem Satz. Zur Hälfte sind es Volkslieder aus Europa, den USA und Israel. Ein paar Stückchen hat der Herausgeber beigesteuert, der auch als Arrangeur für die meisten übrigen Sätze gelten dürfte. Unter ihnen befindet sich „Ich bin der Schneider Kakadu“, dem Thema aus Beethovens Klaviertrio op. 121 folgend. – Der Zielgruppe , „Anfänger bis mittleres Können“ entspricht die Konzeption im Notenband. Es gibt für Primo auch Stücke im Fünftonraum. Die Anordnung berücksichtigt im weiteren Verlauf aber nicht konsequent die Progression in der Schwierigkeit. Auch bei Secondo befindet sich gelegentlich ein etwas leichterer Part.

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