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„Klassikexperte“ Thomas Gottschalk setzte sich und die Musik in Szene.  Foto: Opus Klassik
„Klassikexperte“ Thomas Gottschalk setzte sich und die Musik in Szene. Foto: Opus Klassik
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Der neue Klassikpreis wurde vergeben

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Premiere für den „Opus Klassik“ im Konzerthaus Berlin und im ZDF – eine nachdenkliche Nachlese
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Das war sie also nun – die mit Spannung erwartete Verleihung des neuen Musikpreises „Opus Klassik“ im Zweiten Deutschen Fernsehen. Sie hatte die Bürde extrem hoher Erwartungen an einen Neuanfang zu tragen, die sie, um es gleich vorweg zu nehmen, nicht erfüllte. Leider, muss man sagen, und sich jedoch zugleich fragen: wie denn auch?! In den Chor all jener einzustimmen, die nach dieser Veranstaltung den neuen Opus Klassik als Augenwischerei abtun, wäre ein leichtes, gleichwohl wäre es zu billig. Ein Innehalten und Nachfragen scheint angemessener.

Im April dieses Jahres war beschlossen worden, dass der Bundesverband der Musikindustrie keinen Musikpreis mehr vergibt. Von den Diskussionen um dessen Glaubwürdigkeit, bei seiner großen Nähe zur Musik­industrie, blieb auch der „Echo Klassik“ nicht verschont. Etliche Künstler hatten ihren Preis aus Protest zurückgegeben, andere wiederum bekräftig­ten, ihn behalten zu wollen, weil sie in ihm eine Anerkennung ihrer künstlerischen  Leistung sahen. Bis zum Sommer wusste niemand so recht, ob es überhaupt einen Nachfolger für den „Echo Klassik“ geben würde. Sicher war nur: ein „Weiter so!“ konnte es nicht geben und so stand nach dem „Aus“ für den „Echo“ in allen Sparten die Frage nach einem neuen Preis und einer Institution im Raum, der man das Bemühen um einen Neuanfang tatsächlich abnahm.

Hier nun kommt der „Verein zur Förderung der Klassischen Musik“ ins Spiel, der im Juli gegründet wurde (die nmz berichtete). Im Fokus dieses neu gegründeten Vereins, so sein Vorsitzender Burkhard Glashoff, habe die Verleihung eines Klassik-Preises 2018 gestanden – mit dem Kompromiss, dabei auf die Auswahl der seinerzeit noch amtierenden Echo-Jury zurückzugreifen. Glashoff dazu: „Jetzt wird überall diskutiert, wie verwerflich der Preis sei, nur von kommerziellen Gesichtspunkten bestimmt. Wenn man sich mal anschaut, wer in diesem Jahr alles einen Preis bekommen hat, sieht man, dass die Künstler über jeden Zweifel erhaben sind.“ Das zweite und wichtigere Vorhaben aber, so Glashoff, werde sein, diesem Klassikpreis ein neues Profil zu verleihen. „Das bedeutet auch, den eigentlichen neuen Preis wird es dann 2019 geben.“ Dabei werde es auch um die Definition neuer Kategorien gehen, die außerhalb des Tonträgerbereiches liegen, etwa die Förderung herausragender Projekte der Musikvermittlung.  

Wie aber wird die künftige Jury sich zusammensetzen? Von ihr hängt zu großen Teilen die Glaubwürdigkeit des Preises ab. „Eben darum wird sie neu zusammengesetzt“, sagt Burkhard Glashoff. „Das kann aber nicht heißen, dass dann kein Vertreter der Musikindustrie mehr vertreten sein darf. Aber genau wie es eine Erweiterung der Preiskategorien geben wird, soll auch das Spektrum der Jury erweitert werden, durch Konzertveranstalter, Musikverlage, Journalisten, Musiker, Musikvermittler.“ In dieser Frage soll durch einen Neustart Klarheit geschaffen werden.

„Tatsächlich“, so Glashoff, „soll die Vereinsaktivität sich jedoch nicht auf die Vergabe des einen Preises im Oktober jedes Jahres beschränken.“ Es werde so oft von einer Krise der Klassik  geredet, meint er. „Aber es gibt meines Erachtens nicht die Krise der Inhalte, sondern vielmehr die Krise der Vermittlung von Klassik einerseits und der Strukturen andererseits. Und genau da wollen wir ansetzen, indem wir in der Musikvermittlung aktiver werden, indem wir die Konzertsäle auch für junge Leute öffnen, die Klassik zugänglicher machen.“

All das jedoch sind Fragen, die tatsächlich erst angegangen werden müssen und zu denen es zum Zeitpunkt der Preisverleihung noch keine Ergebnisse geben konnte. Und so erlebte, wer sich denn dafür interessierte, eine Preisverleihungsveranstaltung, wie aus den Echo-Klassik-Jahren zuvor, ohne wesentliche neue Impulse. Das ZDF übernahm, wie gewohnt, die Regie. Am szenischen und dramaturgischen Habitus wurde nichts geändert. Einzig die Dekoration mit dem Opus Klassik war neu. Man wollte ganz offenbar auf „Nummer sicher“ gehen und so musste auch Thomas Gottschalk als Allzweckwaffe wieder an den Start. Seine saloppe Anmerkung, er sei in dem Wechsel der Preise die einzige Konstante und hoffe auch, das weiterhin zu bleiben, bezeichnete, sicher unfreiwillig aber zutreffend, das Quotenkonzept dieser Sendung und damit ihr Dilemma. Das Kokettieren des Moderators mit der Ahnungslosigkeit in der Klassik, sein Reduzieren auf Äußerlichkeiten der Ausgezeichneten, zumal der weiblichen Protagonisten – selten sah man zudem im Deutschen Fernsehen soviel Eigenwerbung für den Moderator – Entertainment auf Kosten der Musik und ihrer Protagonisten, die bes­tenfalls zur Staffage für einen bunten Fernsehabend zu werden drohten.

Bleibt die Frage, wie sinnvoll es war, an der deutlich verfrühten, zumal im alten Stile gehaltenen Preisverleihung festzuhalten. Wäre es nicht angebrachter gewesen, der „Verein zur Förderung Klassischer Musik“ hätte sich die Zeit für einen wirkungsvollen Neustart gelassen? „Wir haben diese Option tatsächlich diskutiert, sagt Burkhard Glashoff. „Das Risiko allerdings, dass dieser Sendeplatz für die Klassik verlorengehen würde, war uns zu hoch, zumal die Signale vom ZDF an uns, schnell zueinander zu finden, damit die Sendung auch in diesem Jahr über die Bildschirme gehen kann, sehr ermutigend waren. Verbunden damit gab es dann auch die Zusage für 2019, hier weiter am Ball bleiben zu wollen. Deshalb haben wir uns für diesen Kompromiss entschieden.“

Die Klassik mehr und dauerhaft in das Bewusstsein der Menschen zu rücken, bedeutet nicht nur, den Glanz der Preisträger von Wettbewerben zu verbreiten. Dazu gehört auch die Darstellung der mühevollen und zugleich schönen Arbeit an der Basis, in den Laienorchestern und Musikschulen, und das vor dem Hintergrund der immer drängender auftretenden Fragen nach der musikalischen Ausbildung von Kindern an den Schulen, der Talentförderung. Hier will der „Verein zur Förderung der Klassik“ ansetzen und dabei auch nach neuen Wegen der Finanzierung suchen, etwa durch Sponsoring, um die Unabhängigkeit der künftigen Juroren und ihrer Urteile glaubhaft vermitteln zu können. Der Verein hat sich eine Menge vorgenommen – ihm ist aller Erfolg dafür zu wünschen. Interessant wird sein, ob sein Bemühen bei der nächsten Opus-Klassik-Verleihung seinen Widerhall finden wird.

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