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Freiheit für eigene Zugänge statt Lösungen

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Förderpreis Musikvermittlung: Stimmen zu den Preisträgern aus der Jury
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Das von der Niedersächsischen Sparkassenstiftung bereitgestellte Preisgeld in Höhe von 47.000 Euro unterstützt dieses Jahr die Realisierung von sechs Konzepten und wird umgehend in die Realisierung der ausgezeichneten Projekte investiert. Am Wettbewerb beteiligt haben sich Konzertveranstalter, Orchester, Ensembles, Theater, Festivals, Musikschulen, allgemein bildende Schulen, Kirchenmusiker/-innen, Blaskapellen und Chöre aus ganz Niedersachsen. Die sechs ausgezeichneten Projekte sind: „Rheingold – Der Film“ vom Musikzentrum Hannover gGmbH in Kooperation mit der Staatsoper Hannover, „I.G.O.R – I Get on Rhythm“ von der Hauptschule Kaiserpfalz Goslar, „Labor Orchester“ von den Sommerlichen Musiktagen Hitzacker, „Klänge, die Springe sprengen“ von Kunst und Begegnung Hermannshof, „Heiderauschen“ von der Musikschule für Kreis und Stadt Uelzen und „Haltbar gemacht“ vom Ensemble L’art pour l’art.

Die Frage nach griffigen Qualitätskriterien wird durch die Stimmen von drei Jurymitgliedern und Laudatoren noch einmal besonders anschaulich: Thomas Rietschel, Präsident der Hochschule für Musik Frankfurt und Mitglied der Jury, nennt in seiner Laudatio für das Ensemble L’art pour l’art zwei zentrale Aspekte, die in ähnlicher Form für alle Preisträger gelten: „Dieses Projekt begeistert mich aus zweierlei Gründen. Der erste lautet: Es ist ein Vermittlungsprojekt, bei dem es ausschließlich um die Sache selbst geht. Niemand wird hier intelligenter gemacht, hier geht es nicht um besseres Sozialverhalten, nicht um die Integration randständiger Gruppen, hier wird kein Bildungskanon vermittelt, hier stehen keine Schlüsselkompetenzen für den späteren Lebenskampf im Mittelpunkt. Hier geht es ausschließlich um die Musik selbst. Hier ist die Musik nicht Mittel zu irgendeinem Zweck, hier ist sie selbst der Zweck. Mein zweiter Grund heißt: Dieses Vermittlungsprojekt nimmt die Kinder ernst – und das in aller Konsequenz. Wie läuft es doch so oft in der Oper? Der GMD bespricht mit dem Orchesterdirektor das nächste Kinderkonzert: ,Da darf jetzt mal der junge Korrepetitor ans Pult, ist ja nur für Kinder.‘ Und natürlich gibt es auch nur zwei Proben, das wäre doch sonst zu teuer. Bei ,Haltbar machen‘ steht für drei Tage der große Sendesaal des Hessischen Rundfunks den Kindern aus Winsen an der Luhe zur Verfügung. Ein Tonmeister, die Tontechniker, ein Ensemble von professionellen Musikern, alle werden sie drei Tage lang ihr Bestes geben, um für uns mit den Kindern eine richtig gute CD zu produzieren. Hier werden die Kinder ernst genommen – koste es, was es wolle. Damit sind die zwei Punkte genannt, die dieses Vorhaben preiswürdig machen. Die Professionalität der Antrag stellenden Künstler, ihre Lehrerfahrung und ihr durchdachtes Konzept sind die notwendigen Voraussetzungen für den Preis. Preiswürdig ist die Haltung der Initiatoren, aus der dieses Projekt entwickelt wurde, eine Haltung, die das ganze Vorhaben durchzieht. Es ist eine Haltung, wie ich sie mir von allen wünsche, die in der Musikvermittlung mit Kindern tätig sind: Respekt vor der Kunst und Respekt vor den Kindern.“

Eine weitere Laudatorenstimme lautet: „Das Projekt ,Rheingold – Der Film‘, eine Gemeinschaftsproduktion des Musikzentrums Hannover und der Hannoverschen Staatsoper, hat alle Jurymitglieder restlos überzeugt, denn das Vorhaben zeigt mustergültig, wie man junge Menschen für Kunst und Kultur begeistern kann“, so die Eingangsworte der Laudatio von der Geschäftsführerin der Niedersächsischen Sparkassenstiftung, Sabine Schormann. Sie betont die besondere Qualität des Projektes damit, dass es junge Menschen für die Oper begeistern kann und gleichzeitig einen enormen Beitrag zur Persönlichkeitsentfaltung junger Erwachsener leistet.

Und Markus Lüdke von der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel äußert sich zu dem von ihm prämierten Konzept folgendermaßen: „Beim Projekt ,Labororchester‘ der Sommerlichen Musiktage Hitzacker hat man die Formel ,1 Tag = 1 Werk‘ gefunden. Einen ganzen Tag Zeit will man sich nehmen für eines der zentralen Werke der klassisch-romantischen Orchesterliteratur. Nur eines wird nicht auf eine Formel gebracht: die Musik selber. Hier wird keine Lösung oder Substanz vorgegeben, nicht die eine Weise, wie das Werk zu verstehen sei. Was die Musik bedeutet, wie sie erlebt werden kann, das muss jeder für sich allein herausfinden. Aber genau diese Freiheit für ganz eigene Zugänge wird hier im großen Maßstab zugelassen und ermöglicht.“

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