Hauptrubrik
Banner Full-Size

Geniale Idee Bundeszentrale

Untertitel
Leserbrief zu den Enquete-Kommentaren nmz 5/08
Publikationsdatum
Body

Wir leben in einer Gesellschaft, die das Tauschmittel Geld zum höchsten Wert erhoben hat. Keine Nachrichtensendung, keine Talkshow, bei der nicht das Geld im Mittelpunkt der Betrachtung stünde. Umso erstaunlicher, dass der Deutsche Bundestag eine Enquete-Kommission ins Leben gerufen hat – was er nur in ganz besonderen Fällen tut –, um die Lage der Kultur in Deutschland einmal umfassend in den Blick zu nehmen.

Herausgekommen ist ein beachtliches Werk, das unter anderem sehr dezidierte Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung der kulturellen Bildung enthält. Dabei spielen die Veränderungen der Bildungslandschaft durch die PISA-Studien, die Annäherung von schulischer und außerschulischer Bildung und die demographischen Veränderungen eine erhebliche Rolle. Als Ergebnis entstand ein Konzept lebenslangen Lernens, das die bisherigen Fördermöglichkeiten des Kinder- und Jugendplans des Bundes schlicht sprengt. Das muss kein Schaden sein, lag doch die kulturelle Jugendbildung immer schon im Schnittpunkt von vier Politikbereichen: der Jugend-, der Kultur-, der Bildungs- und der Sozialpolitik. Gefördert wurde sie bisher im Bereich der Jugendpolitik, wobei das Förderungsziel mehr und mehr verfälscht wurde, weil die Jugendpolitik einem Fehler erlag, vor dem das Bundesjugendkuratorium schon vor dreißig Jahren gewarnt hatte: Sie entwickelte zur Zielgruppe ein Arzt-Patientenverhältnis, was dazu führte, dass die Zielvorgaben immer enger auf die Beseitigung von Mängeln ausgerichtet wurden, die Förderung also immer mehr auf Zwecke abzielte – während Bildung auf Sinn gerichtet ist.

Liegt es schon von daher nahe, die kulturelle Jugendbildung im Bereich der Bildungspolitik anzusiedeln (was die rotgrüne Koalition 1998 auch fast getan hätte), so gilt das umso mehr in einer Zeit, die die Zusammenarbeit mit der schulischen Bildung fordert (der Kinder- und Jugendplan des Bundes ist auf die außerschulische Bildung beschränkt) und die die Altersgrenzen bewusst überschreiten will. Der Kinder- und Jugendplan des Bundes, mit all seinen Verdiensten, die er um die kulturelle Jugendbildung hat, ist zu ihrem Prokrustes-Bett geworden, aus dem sie schleunigst herausgeholt werden muss, soll nicht eine Vielzahl der Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission ins Leere gehen.

Statt hier herzhaft zuzugreifen, verzetteln sich Träger der kulturellen Jugendbildung bei der Frage, ob eine Bundeszentrale für kulturelle Bildung sinnvoll und nützlich sei. Dabei zeigt schon ein Blick in den Bereich der politischen Bildung, wie segensreich die Bundeszentrale dort gewirkt hat. Die politische Bildung ist doch nicht trotz sondern wegen der Bundeszentrale finanziell erheblich besser ausgestattet als es die kulturelle Bildung je war. Und sie hat die Trägerlandschaft nicht verwüstet sondern bereichert.

Geradezu genial ist der Gedanke, eine Bundeszentrale für kulturelle Bildung mit der bestehenden Bundeszentrale für politische Bildung zu verbinden, nicht nur, weil es eine Menge inhaltlicher Berührungspunkte zwischen beiden Bereichen gibt. Präsident der Bundeszentrale ist Thomas Krüger, der Mann, der es als Berliner Jugendsenator einst fertigbrachte, die kulturelle Bildung im Berliner Haushalt zu etablieren, obgleich der Landesjugendplan nur die politische Bildung kannte. Damit fiel er in der kulturellen Szene so positiv auf, dass die Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung (BKJ) ihn seinerzeit zu ihrem Jubiläum als Festredner einlud. Wenn jetzt Vorbehalte an Runden Tischen bearbeitet werden müssen, ist das nur noch mit kleinkariertem Funktionärsdenken zu erklären.

Dafür ist jetzt wahrlich keine Zeit mehr, im Gegenteil, die Zeit drängt. Die Konjunktur lässt schon wieder nach, die Preise steigen, bald wird wieder nur noch vom Geld die Rede sein.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!