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Glücksfall für Kontrabassspieler

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Seit 20 Jahren fördert das „Forum Kontrabass“ auf vielen Ebenen die Musikbegeisterung
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Von einem „Glücksfall“ spricht Kirill Petrenko, Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, wenn er die Arbeit des „Forums Kontrabass“ beschreibt. Andreas Ehelebe, Solobassist der Staatskapelle Dresden, berichtet gar, dass sein Leben dadurch „in die entscheidende Richtung gelenkt wurde, wofür ich unendlich dankbar bin“. Seit nunmehr 20 Jahren gelingt es einem eigenartigen Verein, der ursprünglich den langweiligen Namen „Pädagogische Arbeitsgemeinschaft Kontrabass Baden-Würt­temberg“, kurz pak-bw, trug, Menschen zu begeistern.

Vor 20 Jahren hat sich ein gewisser Song Choi in Leutkirch im Allgäu aufgemacht, Patrick Süskind und sein humoriges Theaterstück „Der Kontrabass“ Lügen zu strafen. Seine These: Kontrabass ist nicht langweilig, Kontrabass ist nichts für Einzelgänger in den hinteren Reihen des Orchesters, Kontrabass ist für Mädchen und Jungs genauso spannend wie für Späteinsteiger. Man braucht für das Instrument keine Pranken und darf gerne auch hochmusikalisch sein. Seither treffen sich 50, 60, 70, 80 Bassisten jeden Alters und Geschlechts regelmäßig zu „Kontrabass-Workshops“ in Ochsenhausen und bringen das massive Klostergebäude der „Landesakademie für die musizierende Jugend Baden-Württemberg“ zum Beben.
Das Ungewöhnliche daran ist nicht nur, dass es so viele begeisterte Instrumentalisten gibt (Song Choi unterrichtet an seinen Musikschulen im Allgäu und in Vorarlberg seit über 20 Jahren zwischen 30 und 35 Schülerinnen und Schüler). Wirklich außergewöhnlich ist, dass dort hochrangige Professoren ihres Fachs mit Kindern zusammenspielen, die gerade mal leere Saiten streichen können. International renommierte Jazz-Bassisten jammen mit Anfängern. Alles, was Spaß macht, ist erlaubt. Und dann macht dem einen und der anderen auch Hochleistung Spaß: Das Flageolett-Spiel auf der G-Saite, die umgeschriebene Violinstimme.
Und so trifft Kirill Petrenko dann eben immer wieder auf Bassisten, die beim „Forum Kontrabass“ die Liebe zu ihrem Instrument entdeckt haben. Weil diese Initiative „das Niveau des Kontrabassspiels deutlich angehoben hat“. Weil dieses Forum „Wegbereiter der Nachwuchsförderung“ in Deutschland ist. So der Chef der Berliner Philharmoniker.

Konkret heißt das: Beim „Forum Kontrabass“ ist niemand zu jung. Wenn Erstklässler zu klein für das große Instrument scheinen, dann baut man sich eben eine Miniaturausgabe: eine Entwicklung von Song Choi gemeinsam mit dem Kontrabassbauer Dominik Hufnagl, unterstützt von der Firma Pirastro, die eigens 1/16-Saiten dafür entwickelt hat. Es funktioniert! Und dann entsteht eine Gruppendynamik: Die gemeinsamen Veranstaltungen mit den Großen und Guten spornen an, wie zahlreiche Gratulanten zum 20-jährigen Bestehen des Forums Kontrabass rückblickend berichten.

Das Forum Kontrabass ist ursprünglich ein Zusammenschluss von 16 begeisterten Kontrabasslehrerinnen und -lehrern im Landesverband der Musikschulen Baden-Württembergs. Wenn immer wieder der Name Song Choi fällt, liegt das unbestritten daran, dass der heute 53-Jährige vor 20 Jahren ein wesentlicher Motor der Initiative war – und bis heute ist.

Seine Begabung liegt unter anderem darin, in jungen Menschen Talente zum Leben zu erwecken, von denen diese selber kaum etwas ahnten. Weil Musik für ihn nicht nur angestrengte Hochkultur ist, sondern auf jedem Niveau zur Bereicherung des Lebens dienen kann, lassen sich viele auf seinen Unterricht ein. Und siehe da: Wer offen ist für jede Begabung, der entdeckt am Ende auch reichlich Spitzenbegabungen. Die Musikhochschule Stuttgart hat ihn für sein pädagogisches Wirken zum Honorarprofessor ernannt, Lehraufträge für Musikpädagogik und Kontrabassspiel wurden ihm auch vom Mozarteum Salzburg oder der Frankfurter Musikhochschule erteilt.

Song Choi spielt regelmäßig im Symphonieorchester Vorarlberg in Bregenz, er schreibt Kinderbücher, die für den Kontrabass werben, er improvisiert zu experimentellen Passionsaufführungen, er unterrichtet Didaktik – und führt den ganz normalen Unterrichtsbetrieb für Anfänger und Fortgeschrittene im Württembergischen Allgäu fort. Das ist das ganz Besondere am Forum Kontrabass: Es geht dem Gründer und seinen Mitstreitern nicht um Karrieren, sondern um Freude am Spiel, und wie man die am besten weitergeben kann. Das steckt an. Seit 20 Jahren.

 

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