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Mit Eis, Wasser und Visuals

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Das Münchener Werksviertel bekommt ein neues interdisziplinäres Festival
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Im Mai 2016 öffnete das Atelierprojekt und Kulturzentrum whiteBOX im Münchener Werksviertel-Mitte. Dort, ganz in der Nähe des Ostbahnhofs, soll in einigen Jahren auch einmal der neue Konzertsaal Münchens stehen. whiteBOX-Geschäftsführerin Martina Taubenberger präsentierte kürzlich ihr Jahresprogramm 2019, das mit einem 14-tägigen Festival „Out Of The Box“ eröffnet wird. Andreas Kolb von der nmz traf sich mit der Kuratorin und Geschäftsführerin zum Gespräch.

neue musikzeitung: Im Januar 2019 wird München eine Festivalpremiere erleben: „Out Of The Box“ in der whiteBOX im Werksviertel-Mitte am Ostbahnhof. Warum ein neues Festival in der Landeshauptstadt?

Martina Taubenberger: Weil ich die eingeladenen Künstler schätze und nach München holen will. Und weil ich hier in der whiteBOX einen Gestaltungspielraum sehe, wie sonst nirgends in München. Dieses Stadtviertel steht für Vielfalt, Offenheit, für „in Transition“, ständigen Übergang und ständiges Wachsen. Wir wollen neue Räume mitgestalten und mit künstlerischen Inhalten füllen. Wir wollen den Stadtteil zum Leben erwecken und uns in die DNA mit Klang und Visuals einschreiben.

nmz: Was ist das Besondere am „Out Of The Box“-Festival?

Taubenberger: Es ist der Ansatz, „out of the box“ zu denken. Das Festival legt sich bewusst nicht auf ein Genre fest. Da kann alles Mögliche seinen Platz finden. Das wird es auch, denn es soll nicht nur einmalig stattfinden. Wir zeigen Experimentelles und Aufwändiges, das in vorstrukturierten Kulturproduktionskontexten keinen Platz findet.

nmz: Dazu braucht es auch einen besonderen Typ Künstler?

Taubenberger: Bei uns kann kein Künstler seine Produktion mit Tech Rider abwickeln und nur zum Konzert auf die Bühne kommen. Jedes Konzert ist genau auf die Räume zugeschnitten, deshalb hat jeder Künstler bei uns eine mehr oder weniger lange Residenz. Beim Festival im Festival - „Digitale Poesie“ - sind alle Künstler aus vier verschiedenen Konzerten vor Ort. Deshalb initiieren wir am Freitagabend ein Artist Lab mit allen diesen Künstlern im Spielfeld „Digitale/Analoge Künste“. Es geht uns um den Austausch der Künstler untereinander und um den Austausch mit dem Raum.

nmz: Was sind die zentralen Projekte des Festivals „Out Of The Box“?

Taubenberger: Terje Isungset’s Ice Music wird erstmals in München auftreten. Terje Isungset und sein Ensemble musizieren mit Eis und auf Eis. Er hat das Konzept in Norwegen in der Gletscherregion um Geilo perfektioniert und tourfähig gemacht. Etliche der Instrumente werden erst in München zugeschnitten und dann open air auf dem Rooftop von WERK3 gespielt. Isungset lädt dazu auch Künstler ein, die normalerweise nicht mit Eisinstrumenten auftreten.

Das Unterwasserkonzert „Aquasonic“ des dänischen Ensembles „Between Music“ ist keine Deutschland-, aber ein Münchenpremiere. Bevor wir „Between Music“ engagierten, holten wir erst ein statisches Gutachten für unsere whiteBOX-Räume ein. Im Konzertsaal sind nun genau die Plätze für die insgesamt 9.000 Liter Wasser fassenden Behälter markiert. Unsere alten Industrieräume eignen sich durch ihre massive Bauweise ideal für ein Projekt wie dieses. Das Besondere ist: Das Publikum kann um die Bassins mit den unter Wasser agierenden Künstlern herumwandeln.

nmz: Sie sind eine Kuratorin mit ausgefallenen künstlerischen Ideen. Das ist das eine. Das andere ist, Sie müssen als Geschäftsführerin dieses Mammutprojekt auch rechnen. Wie finanziert man „Out Of The Box“?

Taubenberger: Das 1. Festival wird maßgeblich vom Bauträger des Werksviertel-Mitte, der OTEC GmbH, vorfinanziert. Der Firmeninhaber, Werner Eckart, ist Erbe des Pfannigeländes, und hat bereits das "Werk 1" umgebaut, in dem er heute schon gemeinsam mit der Stadt München Start-up-Unternehmen günstige Büroflächen anbietet.  Es ist geplant, dass andere Sponsoren die OTEC in den nächsten Jahren in Teilen ablösen. Den Startschuss fürs Festival haben wir gegeben, als wir im Frühsommer eine Zusage von der Beisheim Stiftung bekommen haben, die insbesondere die ganzen Vermittlungsprojekte fördert und auch die innovativen Schwerpunkte des Festivals . Dann gibt es spannende Medienpartner: Das Veranstaltungsmagazin „in-München“ mit dem Blick aufs Münchener Publikum, die nmz mit ihrer bundesweiten Präsenz und Ausstrahlung in die Branche hinein sowie als weiteres Qualitätssignet BR Klassik.

nmz: Welche Zielgruppe sprechen Sie an?

Taubenberger: Die junge urbane Stadtgesellschaft: Menschen die voll im Leben stehen, die Digitalisierung leben und vorantreiben, die neugierig sind auf Neues. Menschen, die vielleicht nicht zwingend in die Philharmonie oder in die Pinakothek der Moderne gehen. Thematisch bewegt sich bei uns alles sehr am Zahn der Zeit. Das Entwickelnde, das Brodelnde gehört da rein. Alle die Kreativen, die hier im Werksviertel gerade Neues aufbauen, sind Zielgruppe. Über diese Locals hinaus, werden wir auch überregionales Publikum ansprechen.

nmz: Könnte man sagen, ein „Crossover-Publikum“?

Taubenberger: Zielsetzung des Festivals ist es, Leute dazu zu animieren, in andere Formate zu gehen als das, was sie gewohnt sind. Für uns ist das Interdisziplinäre ein zentrales Movens. Wir scheren uns nicht um Genres, Strukturen und Disziplinen. Bei uns kann genauso gut ein Musikfestival stattfinden wie ein großes Kunstevent.

nmz: Auch Jugendliche werden angesprochen. Hier verdient die Kooperation mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (BRSO) im Rahmen des Festivals besondere Erwähnung…

Taubenberger: Die Kooperation mit dem BRSO ist auch deshalb sehr spannend, weil hier vor unseren Fenstern das neue Konzerthaus entsteht. Wir möchten uns hier als ein kultureller Partner aufstellen, der dieses Konzerthaus mit offenen Armen empfängt. Da legen wir heute schon erste Pfade aus.

Bei der Kooperation handelt es sich um ein partizipatives Jugendkompositionsprojekt mit dem BRSO und dem Haus der Berge Nationalparkzentrum Berchtesgaden. Zugänge für junge Menschen zu legen wird bei jedem Festival eine Rolle spielen. Nicht ‚Erklären‘ ist der Zugang, sondern ‚das selber Gestalten‘. Dann stellt sich Frage nicht mehr: Ist das Klassik, neue Musik, Improvisation oder Jazz? Weil die Jugendlichen an einem Thema arbeiten, an dem sie etwas persönlich interessiert. In unserem Fall jetzt am Projekt „Pastorale re/visited – Klimawandel hören“, das musikalische Inhalte mit ökologischen Themen verbindet.

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