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Musik, die sich an die Menschen anpasst

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Eindrücke vom diesjährigen JeKits-Praxistag in Bielefeld
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Fast 150 Teilnehmer fanden sich zur Begrüßung im Hörsaal 13 der Universität Bielefeld ein. Die JeKits-Stiftung hatte zum jährlichen Praxistag JeKits, diesmal unter dem Motto „Vom Lauern auf den Moment – Praxistag zu ästhetisch-künstlerischen Erfahrungs- und Gestaltungsräumen im JeKits-Unterricht“, geladen.

JeKits (Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen) geht nun ins dritte Jahr und ist seit Beginn des Schuljahres 2017/18 an 840 Grundschulen in 150 Kommunen vertreten. 61.179 Kinder waren insgesamt im vergangenen Schuljahr in NRW am Programm JeKits beteiligt. JeKits soll später an einem Drittel aller Grundschulen in NRW stattfinden.

Vorausgegangen war seit dem Schuljahr 2007/08 das Programm JeKi (Jedem Kind ein Instrument), das mit dem Schuljahr 2014/15 (mit 576 beteiligten Grundschulen sowie 25 Förderschulen (in 40 Kommunen) endete.

Thomas Grosse, Rektor der Musikhochschule in Det­mold und einer der Kuratoren der Stiftung JeKits, näherte sich in seinem Impulsreferat dem Thema des Praxistags: „Vom Lauern auf den Moment – Pädagogische Haltungen im JeKits Unterricht“. In der Schnittmenge von Instrumentalpädagogik und Sozialpädagogik müsse sich JeKits positionieren, die Erwartungen an die Schüler müssen herabgesetzt werden. Die Musikpädagogik habe bisher immer den Menschen an die Musik angepasst, nun müsse sich die Musik eben, sozialpädagogisch gesehen, an den Menschen anpassen. Dabei soll jedoch „der ästhetische Moment“ gleich bleiben. Aus der Musikalischen Früherziehung (MFE) und der Allgemeinen Musiklehre (AME) sollten weiterhin Anregungen für den JeKits-Unterricht erfolgen, „Flexibilität“ sei gefragt. Der Tandemunterricht im ersten JeKits-Jahr könne noch otimiert werden durch das „Lauern des Partners auf den Moment der Interaktion“. Deshalb dürfe der Tandempartner aus der Grundschule nicht darauf beschränkt werden, für die Grunddisziplin in der Gruppe zu sorgen. Und: „Wir müssen nicht immer darauf bestehen, dass wir die Ziele erreichen!“, schmunzelte Grosse. Praktische Handlungsanweisungen für den Unterricht, die in jeder Situation garantiert zum Erfolg führen, hatte er in seinem Referat jedoch nicht zur Hand. Wie denn auch? JeKits ist ein spannendes, sich stetig im Fluss befindliches Projekt, das aus Interaktionen innerhalb heterogener Gruppen gespeist wird und durch Musik oder Tanz fächerübergreifendes Lernen und Fördern sowie eine Sensibilisierung für Musik oder Tanz erzeugen kann. Selbstverständlich sind mittlerweile auch viele, recht beachtliche, Instrumentalschüler aus dem Vorgänger JeKi erwachsen, wie jeder JeKits- oder JeKi- Lehrer bestätigen kann. JeKits und JeKi bieten eben viele, manchmal überraschende Möglichkeiten und Momente.

Dann verteilten sich die Teilnehmer auf die vielen, bereits im Vorfeld gewählten Workshops.

JeKits-Orchesterleitung bei Michael Ressel, Leiter der Conrad-Hansen-Musikschule Lippstadt, gehörte zu den stark frequentierten Workshops. Schüler, die gerade die ersten Unterrichtsstunden auf ihrem Instrument erlebt haben, musizieren im Programm JeKits von Beginn an gemeinsam im Ensemble. „Es wird keine Patentrezepte geben!“, meinte Ressel. „Es gibt viele unterschiedliche Ansätze, die alle funktionieren. Wesentliche Inhalte sind im JeKits-Materialpool zu finden.“ Wichtig erscheinen ihm jedoch als Rahmenbedingungen vereinbarte Signale, so ein Signal für Ruhe, dass die Schüler nach Instrumenten geordnet sitzen und am Ende von JeKits eine Abschlusspräsentation stattfinde. Er arbeitet gern ohne Noten, da das Holen und der Aufbau der Pulte häufig viel Zeit beanspruchen. Akkordabläufe schreibt er an eine Tafel, Melodiestimmen lässt er möglichst auswendig spielen. Er erwartet, dass die Instrumentallehrer die JeKits Orchester- stimmen im Unterricht vorbereiten. Regelmäßig greift er auf Percussion­instrumente zurück, wenn beispielsweise die Schar der jungen Pianisten nicht an den vorhandenen Tastenins­trumenten Platz findet. Die Musik, die das JeKits-Orchester spielt, müsse Schülern, Zuhörern und Lehrern gefallen, egal, wie simpel die technischen Anforderungen auch sein mögen. Er bringe „einfache Stücke auf möglichst gutes Niveau“ und lasse gerne singen.

Viele Teilnehmer des Workshops gaben sich als erfahrene Leiter ei­nes JeKi- oder JeKits-Ensembles zu erkennen und fragten gezielt.

Birgit Walter, JeKits-Vorstand, diskutierte in ihrem Workshop „Ästhetisches Handeln“ in der Gruppe. Das gemeinsame Musizieren dominiere bei JeKits, anders als beim Vorgänger JeKi, über die Instrumentalpädagogik. Eine Teilnehmerin des Workshops, nach Jahrzehnten des Einzelunterrichts nun das erste Mal mit einer JeKits-Instrumentalgruppe konfrontiert, fragte zweifelnd: „Wie soll das denn gehen?“ Auch hier kein Patentrezept als Antwort, doch einmütiges Nicken: „Ja, es geht!“.

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