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Musikbetont

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Berlin ist der Knoten-, Brenn- und G-Punkt musikalischer Innovationen in Deutschland. Dazu bedarf es eigentlich keines Beweises. Obwohl: Man sollte die Love-Parade schon erwähnen. Hier tickt die Musik presto, staccato und mit einer Wucht, die man auf dem restlichen platten Land oder den hohen Hinterwäldern nicht kennt. Die neuesten Erkenntnisse musikpädagogischer und -managender Forschung finden sofort, das heißt umgehend, Anwendung. So hat man Projekte zur Fortführung musikbetonter Schulen erstmal in den schulsenatischen Antragskreislauf umgeleitet. Eine Planungssicherheit will man solchen Schulen nicht geben, zunächst müsse erst einmal ordentlich evaluiert werden. Das alte Spiel mit Bürokratie im Namen der Qualitätssicherung; so wird schön geschrieben, was fehlende kosmetische Kompetenz im Amt ist.

Da sagt man sich, man müsse nämlich die Profile der Schulen auf eine andere formale Basis stellen. Ist doch klar, oder? Aber die schlechte Nachricht ist in Wirklichkeit eine gute. Berlin wäre nicht Berlin, wenn es nicht sofort eine Kompensation anbieten würde. Die Lösung ist so simpel wie einfach, oder umgekehrt. Man führt einfach musikbetonte U-Bahn-Stationen ein. Bespielt werden diese mit Opernmusik, schließlich hat man in Berlin auch vier Opernhäuser. Da fährt sozusagen der Besucher von morgen durch. Eine eigentlich ganz kluge Idee. Man erledigt drei Fliegen mit einer Klappe: „Drogenhändler, Wohnungslose und andere“ werden auf diese Weise „angeblich“ vertrieben, die Restbevölkerung kommt in den Genuss echt italienischen Bildungsgutes und die Opernhäuser bekommen Werbung.

Aber so was geht natürlich nur von Amts wegen. Die Hiphop-Crew K.I.Z. wollte ihrerseits nun eine U-Bahn bespielen, wurde jedoch mit Polizeiaufgebot daran gehindert. „Augenzeugen berichten von Hundertschaften in voller Kampfausrüstung, Gewaltanwendung, Straßensperrungen und folgendem Verkehrschaos“, schreibt Sophie Guggenberger im Tagesspiegel.

Berlin, eine wirklich total musikbetonte Stadt, wozu da also noch extra Schulen – und außerdem sitzt der Generalsekretär des Deutschen Musikrates ebenfalls in Berlin. Wenn das nicht genug ist, dann weiß ich auch nicht.

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