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Pädagogen präsentieren Komponisten aus 350 Jahren

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Deutlich unterschiedene Musikkulturen im Matineekonzert
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Die „Lebensstürme“ op. 144, von Franz Schubert für ein Klavierduo komponiert, eröffneten temperamentvoll, melodisch und bewegt ein überaus gelungenes Matineekonzert von Künstlern aus der Region, veranstaltet von der Bezirksgruppe Nordwest des Deutschen Tonkünstlerverbandes.

In der historistischen Aula des Alten Gymnasiums in Oldenburg spielten Mitglieder des Verbandes sechs Werke sehr unterschiedlicher Komponisten aus einer Zeitspanne von etwa 350 Jahren und vier doch deutlich unterschiedenen Musikkulturen. Leider konnte der Cellist Norbert Körner nicht Bachs Präludium d-moll BWV 1007 und Christoph J. Kellers „Inparlando“ aufführen. Aber auch mit den verbleibenden sechs Werken ließ sich ein gehaltvolles, die Zuhörer erfreuendes, sehr abwechslungsreiches Programm bestreiten. Alla Silber und Claudia Siebecke überzeugten bei den „Lebensstürmen“ von Schubert am Klavier gerade bei den dramatischen, vorwärtsstürmenden Passagen. In ihren geübten Händen lag auch das effektvolle, exotisch-farbenfrohe Konzertende mit den drei letzten Einzelstücken aus den „Six épigraphes antiques“ von Claude Debussy. Klapperschlangen, ägyptisches Ambiente und der Dank für den Regen am Morgen werden nicht naturalistisch, sondern atmosphärisch-subtil, poetisch evoziert.

Zwischen diesen klangschönen, populären Eckpunkten des Programms wurden vier weitere hörenswerte, noch nicht in ähnlicher Weise bekannte Werke vorgestellt. Dirk Wieting und Dominik Zimmermann erfreuten mit einem Werk des heute unbekannten Johann Kaspar Mertz, 1806 in Preßburg geboren, dessen „Am Grabe der Geliebten“ für zwei Gitarren durch hohe instrumentale Kunst und gesättigte romantische Melancholie überzeugte.

Siegrun Schmidt-Rowold und Ulla Schmidt sangen, begleitet von Klaus Heidemann, vier hörenswerte Duette von Henry Purcell, bei denen der emotionale Ausdruck der jeweiligen Affekte im Zentrum der engagierten Interpretation stand. Besonders beim dritten Duett, „Lost is my quiet“, gefielen die Sängerinnen mit anrührenden, zu Herzen gehenden, langgezogenen Trauerund Verlustgebärden. Das Duo 21 (die Flötistin Irmgard Asimont und der Gitarrist Dominik Zimmermann) spielte mit viel Verve und Humor mehrere Sätze aus der „Sea Suite“ von Laurie Randolph, einer 1950 in North Carolina geborenen, jetzt in Deutschland lebenden Komponistin für die klassische Gitarre, in der betrunkene Seemänner von einer Sirene betört werden und sterben müssen und am Schluss Krabben am Strand die Tonerzählung mit einem Schuss Sarkasmus beschließen.

Christoph J. Kellers knapp 20-minütige sinfonische Dichtung „Atlantis“, 2005 komponiert, 2010 uraufgeführt, erklang erst zum zweiten Mal. Dorit Kohne und der Tonkünstler selbst hauchten diesem anspruchsvollen und schwierigen Werk am Klavier vibrierendes Leben ein, packten die Zuhörer mit einem vitalen Klangteppich auf verschiedenen tonalen Ebenen, komplexen Rhythmen und versteckten Motiven (u.a. B-A-CH). Im etwas beruhigteren Mittelteil breitet sich das Hauptmotiv wie eine pulsierende Klangfläche aus, hier mit eingewobenem „Christ ist erstanden“- Choral, während der letzte Teil geschichtete Tonleitern, wogend wie Wasser, mit „Dies irae“-Motiv, hören lässt. Platons Atlantis ist untergegangen. Diese Musik erzählt für uns und unser Schicksal den Mythos neu auf eine kompositorisch anspruchsvolle, emotional packende und intellektuell herausfordernde Art und Weise.

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