Schnellschuss mit Dauerwirkung

Zur Einstellung von Quer- und Seiteneinsteigern für Musik an allgemein bildenden Schulen


(nmz) -
Nun hat auch die Kultusministerkonferenz den gravierenden Lehrermangel erkannt und eingeräumt. In der „Stralsunder Erklärung“ vom März vergangenen Jahres wurden einige Rahmenvorschläge gemacht, wie die Länder mit der Thematik umgehen können. Dazu gehören auch Überlegungen, Quer- und Seiteneinsteigern den Einstieg in den Schuldienst zu ermöglichen.
Ein Artikel von Hartmut Geiling

Die an den Musikhochschulen neben dem Schulmusikstudiengang bestehenden weiteren Studiengänge weisen recht divergierende und von einem Schulmusikstudium deutlich abweichende Inhalte auf. Dies bezieht sich etwa auf die Fachdidaktik Musik der allgemein bildenden Schulen, besonders der Oberstufe, ferner auf den Umgang mit Schulchören und Schulorchestern sowie anderen Ensembles. Dazu kommen die Planung von Unterrichtseinheiten sowie der Umgang mit großen Schulklassen mit vielfach über 30 Schülern. Die Verantwortlichen stehen vor einem Dilemma: Einerseits haben wir den eklatanten Lehrermangel, andererseits gibt es ein lediglich begrenztes Angebot geeigneter Bewerber, die den Weg als Quer- oder Seiteneinsteiger erfolgreich beschreiten können. Wegen der besonderen Bedeutung der Thematik sowie der nachhaltigen Konsequenzen sind explizite Mindestanforderungen an die Qualifikationen der möglichen Bewerber sowie an die Schulungsprogramme für Quer- und Seiteneinsteiger zu stellen. Ferner sind genaue Kriterien zu formulieren, nach denen im Anschluss an die Ausbildungsphase dauerhafte Einstellungen vorgenommen werden können.

1. Unabdingbare Einstellungsvoraussetzung für die Aufnahme in eine Schulungsmaßnahme für den gymnasialen Bereich ist ein Fachstudium Musik von mindestens acht Semestern an einer Hochschule mit folgenden oder gleichwertigen Abschlüssen: 1. Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien, Master oder Diplom. Bewerber, deren spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgesehen ist, weisen das Studium eines zweiten Faches nach, gegebenenfalls mit Abschluss im Rahmen einer „kleinen Fakultas“. Dabei muss das „zweite Fach“ deutlich einem Schulfach entsprechen. Die erforderlichen Bestimmungen werden im Ministerium formuliert. Die Feststellung über das Vorliegen der Einstellungsvoraussetzungen erfolgt vornehmlich durch das Ministerium, ggf. auch durch die Landeschulbehörde, keinesfalls jedoch durch die Schule bzw. einen Schulleiter.

2. Es ist oben dargelegt worden, dass ein Musikstudium einer anderen Fachrichtung deutlich von einem Schulmusikstudium abweicht, so dass in einer Weiterbildungsphase didaktische und methodische Defizite in nicht geringem Umfang aufzuarbeiten sind. Daher ist zu fordern, dass die Betreuung, Aus- und Weiterbildung der Bewerber durch ein Studienseminar in dem Umfang und der Qualität erfolgt, wie sie für Studienreferendare vorgesehen ist. Das bedeutet eine erhebliche Reduktion der Pflichtstundenzahl zugunsten einer Erhöhung der pädagogischen Ausbildung. – Die Abschlussprüfung entspricht in Art, Umfang und Anforderungen einem zweiten Staatsexamen. Sie wird durch ein Studienseminar in Verbindung mit der Landesschulbehörde abgenommen.

3. Über die Weiterbeschäftigung im Anschluss an die Abschlussprüfung –und das heißt Dauerbeschäftigung –entscheidet die Landesschulbehörde.

Unabhängig davon muss die KMK beim Wort genommen werden, Quer- und Seiteneinsteigerregelungen sind Notlösungen mit zeitlicher Begrenzung, sie ersetzen nicht das reguläre Lehrerstudium. Das wäre tatsächlich die Entprofessionalisierung des Lehrerberufes, und es würde darüber hinaus die Tätigkeit der Hochschulen, die mit hohem Engagement die Ausbildung künftiger Lehrer durchführen, diskriminieren.
Bleibt zu fragen, was die politisch Verantwortlichen tatsächlich dauerhaft für die Anwerbung neuer Lehramtsstudenten tun? Wirksame und Erfolg versprechende Maßnahmen sind derzeit weniger erkennbar. Wie soll man auch Beschäftigte beziehungsweise Personal für ein System anwerben, das permanent – und zwar zu Recht – in der öffentlichen Kritik steht? Wie soll man erfolgreich für ein System werben, das finanziell schlecht ausgestattet ist, in dem die Arbeitsbedingungen immer schwieriger werden und die hohe Fluktuation der inhaltlichen Konzeptionen schon fast das Maß der Aleatorik erreicht hat?

Dabei gäbe es ganz einfache Wege, für den Lehrerberuf zu werben: die grundlegende Verbesserung der Verhältnisse an den Schulen. Dann könnten die Schulen einfach für sich selbst werben. Welches andere Unternehmen hat schon eine derart hervorragende Möglichkeit, den eigenen Nachwuchs zu sichern: 12 beziehungsweise 13 Jahre lang fast täglich auf junge Menschen einzuwirken, später dort mit Spaß und Freude beruflich tätig zu werden?

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