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Von der Anstrengung, sich dem Unvertrauten auszusetzen

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„Apropos Korea“ – eine Veranstaltungsreihe an der Hochschule für Musik Karlsruhe blickt auf das „Land der Morgenstille“
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„Iri oneora eobgo nolja“, singt der Koreaner Wang Kiseok mit kehliger Stimme und deutet auf die Workshopteilnehmer. „Iri oneora eobgo nolja“, wiederholen sie, zunächst zaghaft, den Blick fest auf die Textblätter geheftet. Doch schon nach wenigen Versen packt sie der Rhythmus der Fasstrommel und sie werden mutiger: „Sarang sarang sarangiya nae sarangiya!“ Bald erfüllt fernöstliches Flair den Velte-Saal der Karlsruher Musikhochschule. Dieses Wochenende steht ganz unter dem Motto: „Apropos Korea“. Der Workshop, zwei Konzerte und eine Pansori-Aufführung laden ein, die koreanische Musik, die koreanische Kultur allgemein näher kennenzulernen.

„Uns dem Unvertrauten aussetzen, uns einer anderen Sicht von Welt öffnen ist ein Abenteuer, das uns allen sicher einen großen Gewinn bringt“, wirbt Rektor Hartmut Höll in seinem Video-Podcast für diesen zweitägigen „Kultursprung“ an der Hochschule. Studierende aus 50 Nationen arbeiten hier täglich miteinander, spielen Kammermusik, treffen sich in der Caféteria, tauschen sich aus, wohnen zusammen. Es kommt eben im Musikstudium nicht nur darauf an, die Fingersätze und Phrasierungen zu beherrschen. Das internationale Miteinander greift die Hochschule nun in der „Apropos ...“-Reihe auf. Jedes Jahr soll ein anderes Land im Fokus stehen. Dass das „Land der Morgenstille“ den Anfang macht, ist aufgrund der hohen Anzahl koreanischer Studenten nicht verwunderlich. Das Wochenende bietet die großartige Chance, mehr über die fremde Musikkultur zu lernen: Wie heißt der Fünfte Wichtige Unberührbare Kulturschatz in Korea? Wie klingen „Jangdans“, die koreanischen Rhythmen der Volkskunst? Und warum nannte der Komponist Isang Yun seinen Liederzyklus „Talmuri“, also „Mondhof“?

Fragen zur Kulturgeschichte Ost und West und zu politischen Einflüssen auf koreanische Musik werden auch in der Gesprächsrunde während des ersten Kammerkonzerts aufgeworfen, moderiert von nmz-Chefredakteur Andreas Kolb. Zu Gast sind die Pianistin und Professorin Kaya Han, Eduard Brunner, Professor für Klarinette in Saarbrücken, und der Komponist Il-Ryun Chung. Dessen Werk „KwangYa“ für Changgu und Streichquartett ist im ersten Konzertteil zu hören, wobei Il-Ryun Chung selbst die Changgu-Trommel spielt. Daneben stellen die Studenten und Dozenten der Hochschule Stücke der drei jungen Komponistinnen Sun Young Pagh, Unsuk Chin und Heera Kim sowie von Isang Yun vor.

Letzterem widmet die Musikhochschule am nächsten Nachmittag unter der Überschrift „Der verwundete Drache“ gleich ein ganzes Konzert. Die Verbindung zwischen europäischen und asiatischen Klangelementen in Isang Yuns Musik deutlich zu machen fordert die mitwirkenden Musikstudenten heraus. „Wir haben eine Woche lang jeden Tag drei Stunden geprobt, um uns richtig in die Stücke reinzuhören“, erzählt die Harfenistin Karin Schnur. „Es hat am Ende viel Spaß gemacht, sich auf die fremden Klänge einzulassen, war aber genauso anstrengend.“

Zum Durchatmen und Entspannen bleibt auch nach dem zweistündigen Konzert kaum Zeit, denn gleich beginnt im Marstall nebenan eine original koreanische Pansori-Aufführung. Die Volkskunst Pansori kann als gesungener Roman beschrieben werden. Wang Kiseok und Lee Wonwang vom National Theatre of Korea, die im Workshop bereits die affektvolle Gesangstechnik des Pansori vermittelt haben, erzählen mit Stimme, Trommel und Flöte die heitere Geschichte „Suggunga“, in der sich eine Sumpfschildkröte aus dem Unterwasserreich aufmacht, einen Hasen zu fangen, um den schwerkranken Drachenkönig zu retten. Ausdrückliche Anweisung an das Publikum: „Das hier ist kein Klavierabend. Sie dürfen jederzeit Ihre Begeisterung lautstark zeigen.“ Zu diesem Zweck werden vorher noch schnell koreanische Lobesausrufe gelernt.

Der mitreißende Pansori-Vortrag beschließt die aufregende Reise nach Korea. Im nächsten Jahr soll Frankreich folgen. Und 2010 wird es heißen: „Apropos China“.

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