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Vor 50 Jahren: Josef Tals „Ashmedai“ an der Hamburgischen Staatsoper

Untertitel
Rückblende: 1971/12
Publikationsdatum
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[…] Auch Josef Tal, in der Phalanx der Hamburger Auftragskomponisten unmittelbar nach Kagel an der Reihe, hat sich, anknüpfend an das „Staatstheater“, Gedanken über die Oper heute gemacht, die in einem lebhaften Bekenntnis zu ihr münden. […] Erst heute, meint er, sei man, was die Bühnentechnik und die musikalische Technik betrifft, im Besitz der nötigen Mittel, um sich so ausdrücken zu können, wie es die Oper fordert. […]

 

Zeittheater auf der Musikbühne, vielleicht nicht zufällig am 30. Jahrestag der Kristallnacht gespielt, eingekleidet in eine Parabel, die die Geschichte in ein fernes Land in ferner Zeit entrückt und sie entwickelt aus einer von Martin Buber nacherzählten talmudischen Legende. […]

Die Partitur ist ungleich differenzierter organisiert, reflektiert gleichsam auf höherer Bewußtseinsebene die Vorgänge, obwohl sie kaum je absoluten Anspruch erhebt und sich auf eine dienende Funktion eingrenzt – dienend dem Wort, den Geschehnissen, sie stützend oder entlarvend. Die Musik, in frei verwendeter Reihentechnik gebaut, wird nicht selten vom Rhythmus stark bestimmt, der sich bis zu synkopenfesten Jazz-Nachwehen versteigt. Aleatorische Streicherblöcke begleiten chaotische Zügellosigkeit, entfesselte Hysterien der Massen. Aus dem Parlando bauen sich Singstimmen auf, aus dem sie ausbrechen dürfen in bewegte oder exaltierte Intervalle des großen Tons, der großen Expressivität. Unaufdringlich, ohne aufgekleistert zu wirken, fügen sich die elektronischen Beigaben in den Gesamtprospekt des Werkes – nur dort eingesetzt, wo sie die Dramatik eines Vorgangs unterstützen, wo sie Außerordentliches zu verkünden haben. […]

  • Peter Dannenberg, Neue Musikzeitung, XX. Jg., Nr 6, Dez/Jan 1971/72

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