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ieles ist geschrieben, noch mehr ist gesagt worden. Daß im Rahmen der Klassik Komm. dieses Thema auf der Tagesordnung steht, haben die Musikpädagogen dankbar zur Kenntnis genommen. Bietet sich ihnen hier doch die Gelegenheit einer Bekräftigung des eigenen Standpunktes und die Bestätigung ihrer missionarischen Arbeit. Aber auch Streit wird es geben: Forderung nach mehr Förderung, Anerkennung und Stabilität. Jedoch steht vor der Anerkennung die Selbsterkennung. Wie ist es um die musikalische Bildung in Deutschland bestellt? Viele haben etwas geschrieben, noch mehr haben etwas dazu gesagt. Indes: Konsens besteht nicht.
Dabei könnte, zumindest an der gedanklichen Basis, alles so einfach sein. Es dürfte doch unbestritten sein, daß zwei Musiker dasselbe Werk niemals in allen Details identisch spielen werden. Lebenserfahrung, musikalische wie technische Fähigkeiten und die gedankliche Auseinandersetzung mit Werk, Komponist und Umfeld lassen so etwas nicht zu. Es scheint also unbestritten, daß die Musik bei Komponisten, Interpreten und Rezipienten eine in höchstem Maße individuelle Angelegenheit ist. Selbst der Rezensent läßt sich nicht beeinflussen und vertritt sein eigenes Empfinden.
Diese grundlegende Einsicht im Bereich der musikalischen Allgemeinbildung wiederzufinden, fällt dagegen schwer. Wie soll die Lehrkraft in der Schule einer Klasse die Werte, die die Musik per se mitbringt, vermitteln, wenn es nicht möglich ist, individuell mit den Schülern zu arbeiten? Warum muß in immer mehr Musikschulen ausschließlich in Gruppen unterrichtet werden, obwohl dieses die optimale musikalische Entwicklung der Kinder behindern kann? Zugegeben, es gibt Ansätze, die Individualität auch in der allgemeinbildenden Schule zu fördern. Musikschulen erarbeiten Unterrichtsmodelle, die die notwendigen Komponenten des Einzel- und Gruppenunterrichtes berücksichtigen.
So weit, so gut, nur - jeder kocht sein eigenes Süppchen, eine konzertierte Aktion gibt es noch nicht. So viel Individualität ist, weil falsch plaziert, nun wieder auch nicht wünschenswert. Um beim Bild zu bleiben: Viele Suppen bilden noch lange kein Menü und viele Köche verderben den Brei! Daß Musik die Gesellschaft bildet, ist unbestritten. Daß sich die Gesellschaft aber aus Individuen zusammenfügt, scheint in der täglichen Arbeit vernachlässigt zu sein. In den nächsten Tagen bietet das Forum der Klassik Komm. eine hervorragende Gelegenheit, zur Individualität zurückzukommen und von dort aus gemeinsam zu streiten. Vieles wird geschrieben, vieles gesagt werden. Hoffen wir um unserer Zukunft und der unserer Kinder willen, daß auch vieles getan werden wird!
Dossier · Klassik Komm. und die „Aktion Musik“
Klassik Komm.
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