Europäer verbinden mit den Bahamas gewöhnlich eher Palmen, Strand und vielleicht den Nationalvogel Flamingo. Dass der Inselstaat darüber hinaus über eine vielfältige Chor-Kulturlandschaft verfügt, zeigte das zehntägige Festival America Cantat, das am 31. August in der Hauptstadt Nassau zu Ende ging. Mehr als 500 Chormitglieder aus 16 Ländern (von Kanada bis zur südlichsten Spitze Argentiniens) sowie einige Gäste aus anderen Kontinenten waren der Einladung gefolgt: Damit beherbergte zum ersten Mal ein englischsprachiges Land dieses bunte Chorfestival.
Die Teilnehmenden genossen die Veranstaltungen nicht nur wegen der landschaftlich reizvollen Umgebung. Einen ersten interkulturellen Austausch ermöglichte der Eröffnungsabend, an dem außer einheimischen Chören weitere Bahamer die temperamentvolle Straßenparade „Junkanoo“ darboten. In den täglichen Workshops studierten alle Gruppen unter Anleitung namhafter Chordozenteninnen und -dozenten spezielle Chorsätze ein. Manche beschäftigten sich mit ausgewählten Chorstilen des Gastgeberlandes, andere mit rhythmisch anspruchsvollen Arrangements zu Kuba. Der Workshop für fortgeschrittene Dirigenten/-innen widmete sich Detailthemen der professionellen Chorleitung. Mehrere Kurzworkshops zu weiteren Themen sowie Spontanauftritte verliehen dem Festival zusätzlich Würze.
Konzerteindrücke
Ebenfalls repräsentierten die täglichen Konzerte der teilnehmenden Chöre das Spektrum zwischen engagierter Amateurmusik und bereits professionell entwickeltem Chorklang. Einen besonderen Höhepunkt bildeten die Beiträge der Chöre aus den Bahamas. Manche Stücke wirkten fast wie anglikanische Kirchenmusik, andere evozierten eher afrikanische Stile. Experimentellere Chormusik folgte auf Arrrangements, die wohl eher unserer Vorstellung von Karibik und Folklore entsprechen. Der Bahamas National Youth Choir beeindruckte mit einem fein ausgeloteten Chorklang und mit farbenfrohen Choreographien – das Publikum freute sich auch über die humorvollen Anspielungen auf regionale Gebräuche der Inseln. Diese Stilvielfalt erinnerte somit an die historische Entwicklung der Bahamas.
Neue Kooperationen
Erstmalig kooporierte für dieses Festival America Cantat mit der American Choral Directors Association (ACDA) in den USA, deren Vorstand Dr. Tim Sharp auf künftige Kooperationen für die folgenden Festivals verwies. Als Glücksfall für alle Gäste erwies sich zudem, dass das Ministerium für Tourismus der Bahamas von sich aus wiederum Interesse an einer Kooperation signalisiert hatte. Dass die Chorsänger/-innen so gastfreundlich aufgenommen wurden, ist namentlich dem musikbegeisterten und während der Veranstaltungen oft anwesenden Repräsentanten des Tourismus-Minis-teriums, Cleveland Williams, zu verdanken. Mit großem Applaus dankten die Teilnehmenden nicht zuletzt der stets engagierten und ansprechbaren organisatorischen Leiterin des Festivals, Eden Badgett vom ACDA.
Wie Oscar Escalada (Argentinien)als langjähriger Präsident von America Cantat betonte, verfolgt das Festival seit seiner Gründung vor 24 Jahren das besondere Anliegen, Menschen verschiedenster Nationen, Ethnien und Altersgruppen, aber auch Chorbegeisterte mit unterschiedlichen Niveaustufen zusammenzubringen. Solche positiven Erfahrungen wären in Zukunft auch noch jenen südamerikanischen Chören zu wünschen, die auf besonders kostengünstige Unterkünfte angewiesen sind. Das nächste Gastgeberland heißt jedenfalls Panama: America Cantat 9 findet im April 2019 in Panama City statt.