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Wowereit mahnt Einhaltung der Beschlüsse zur Rechtschreibreform an +++ Bulmahn fordert Machtwort von Merkel im Rechtschreibstreit +++ Österreich kritisiert deutsches Gezerre um die Rechtschreibreform
Wowereit mahnt Einhaltung der Beschlüsse zur Rechtschreibreform an
Berlin (ddp). Der derzeitige Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Klaus Wowereit (SPD), hat Bayern und Nordrhein-Westfalen zur Einhaltung der Beschlüsse des Gremiums zur Rechtschreibreform aufgefordert. Er appelliere im Interesse der Schüler an Kollegen, die «möglicherweise von der Beschlusslage abweichen wollen, bei der für die Rechtschreibreform beschlossenen Vorgehensweise zu bleiben», schrieb Berlins Regierender Bürgermeister in einem Brief an die Regierungschefs der Länder, wie die Senatskanzlei am Dienstag in Berlin mitteilte.
Der MPK-Vorsitzende hob hervor, dass die Ministerpräsidentenkonferenz das Thema Rechtschreibreform am 23. Juni ohne erneute Beschlussfassung beraten hat. Damit bleibe es bei dem In-Kraft-Treten der Rechtschreibreform am 1. August entsprechend der bisherigen Beschlusslage.
Wowereit betonte in dem Schreiben, dass es auch bei «unterschiedlicher politischer Betrachtungsweise des Themas ein gemeinsames Interesse geben müsse, einheitlich vorzugehen». Er gedenke darüber hinaus für das Land Berlin nicht, die politische und fachliche staatliche Verantwortung für die schulische Bildung in Sachen Rechtschreibung «zur Disposition» zu stellen.
Bayern und Nordrhein-Westfalen hatten am Wochenende angekündigt, die Einführung von Teilen der Reform am 1. August nicht mitzumachen. Bis der Rat für deutsche Rechtschreibung Änderungsvorschläge vorlege, sollen alte und neue Schreibweisen in beiden Ländern weiter parallel gelten. Diesem Vorstoß folgten bislang keine weiteren Bundesländer.
Bulmahn fordert Machtwort von Merkel im Rechtschreibstreit
Berlin (ddp). Im Streit um die Rechtschreibreform fordert Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) ein Machtwort von CDU-Chefin Angela Merkel. Das Verhalten der Ministerpräsidenten von Bayern und Nordrhein-Westfalen, Edmund Stoiber (CSU) und Jürgen Rüttgers (CDU), sei «unerträglich», sagte Bulmahn der «Berliner Zeitung» (Mittwochausgabe). Das Gerangel um die Reform sei «ein Stück aus dem Tollhaus». Merkel müsse die Unions-Länder auf Linie bringen.
«Die CSU- und CDU-Ministerpräsidenten begehen Wortbruch und desavouieren ihre Kultusminister», betonte die SPD-Politikerin. Schülern, Eltern und Lehrern seien unterschiedliche Länderregelungen nicht zuzumuten. Dies schade zudem dem internationalen Ansehen Deutschlands.
Österreich kritisiert deutsches Gezerre um die Rechtschreibreform
Wien/Bern (ddp). Österreich kritisiert den Vorstoß der deutschen Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen, die Rechtschreibreform nicht wie geplant in Teilen am 1. August in Kraft treten zu lassen. «Wir sind verwundert», sagte der Generalsekretär im österreichischen Bildungsministerium, Hermann Helm, der Nachrichtenagentur ddp am Dienstag in Wien. «Eine gemeinsame Vorgehensweise, die vereinbart wurde, sollte auch eingehalten werden», betonte er. Österreich sei dies zumindest so «gewohnt».
Erst im Juni habe die deutsche Kultusministerkonferenz (KMK) sich darauf verständigt, die neuen Regeln in Teilen verbindlich einzuführen. Nun solle dies zwei Wochen vor Inkrafttreten plötzlich rückgängig gemacht werden. «Wir brauchen eine gewisse Kontinuität und Verlässlichkeit», forderte Helm.
Nach Angaben des Generalsekretärs werden die unstrittigen Teile der Rechtschreibreform in Österreich, wie mit Deutschland, Südtirol, Lichtenstein und der Schweiz abgesprochen, ab 1. August gelten. Österreich sei «gut vorbereitet», betonte er. 78 Prozent der Lehrer und 64 Prozent der Bevölkerung begrüßten die Reform deutlich.
In der Schweiz wird der Vorstoß der deutschen Bundesländer nach einer Verschiebung zwar mit Verständnis aufgenommen. «Ich finde diese Reaktion sehr vernünftig», sagte der Leiter der Deutschen Sektion der Zentralen Sprachdienste in der Bundeskanzlei, Werner Hauck, der Nachrichtenagentur ddp in Bern. «Es ist nicht gut, wenn man mit Regeln, die allgemein gelten sollen, allzu schnell wechselt», mahnte er.
In der Schweiz werde die Reform in Schulen aber trotzdem wie geplant ab 1. August gelten. In der Verwaltung gebe es dagegen keine Teilinkraftsetzung des neuen Regelwerks. Dort sollten erst die Vorschläge des Rechtschreibrates abgewartet werden.