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Unter dem Titel "Drei Begräbnisse und ein Todesfall. Beethovens Ende und die Erinnerungskultur seiner Zeit" werden in der Bonner Sonderausstellung zu Beethovens 175. Todestag 120 Exponate aus London, Berlin, Wien und Kassel vorgestellt.
orf - Am frühen Nachmittag des 26. März 1827 fiel Ludwig van Beethoven in einen Koma ähnlichen Dämmerschlaf. Drei Stunden lang kämpfte der Komponist röchelnd mit dem Tod. Sein Freund Anselm Hüttenbrenner machte einen Tagebuch-Eintrag: "Vor dem Fenster seines Wiener Hauses lag Schnee, im Zimmer waren nur Ludwigs Schwägerin Theresa und ich." Plötzlich habe ein Blitz das Sterbebett hell erleuchtet und Beethoven zum letzten Mal den Arm gehoben." Dieser Augenzeugenbericht ist in der Bonner Sonderausstellung zu Beethovens 175. Todestag nachzulesen, die am Dienstagabend eröffnet wurde.Unter dem Titel "Drei Begräbnisse und ein Todesfall. Beethovens Ende und die Erinnerungskultur seiner Zeit" werden 120 Exponate aus London, Berlin, Wien und Kassel vorgestellt. Den Titel entlehnten die Ausstellungsmacher dem englischen Spielfilm "Vier Hochzeiten und ein Todesfall". Hintergrund: Der gebürtige Bonner wurde am 29. März 1827 beerdigt und Jahrzehnte später zwei Mal exhumiert.
Bilder, Briefe und Alltagsgegenstände verdeutlichen, wie sehr der Tod des Musikgenies die damalige Gesellschaft erschüttert hat. Mehr als 20.000 Frauen und Männer kamen zu seinem Begräbnis, das auf mehreren Gemälden festgehalten wurde. Rund 200 Kutschen begleiteten den Trauerzug zum Währinger Ostfriedhof. "Beethovens Begräbnis war das eines Fürstens wie es Mozart und Haydn nicht hatten", erklärt Museumsleiter Michael Ladenburger. "Seine Überreste wurden verehrt wie die eines Heiligen."
Dokumente in Glasvitrinen machen Beethovens Tod gegenwärtig: Die Quittung für den Trauerwagen zur Domkirche, der Obduktionsbericht seiner Ärzte und die Kollekte für Beethovens Haushälterin, die der Komponist nicht in seinem Testament bedacht hatte.
"Brust und Bauch waren angeschwollen", schrieb Beethovens Zeitgenosse Franz von Hartmann nach seinem Besuch am Sterbebett. "Der Leichengeruch im Zimmer war schon sehr stark." Für ein Trinkgeld habe er damals vom Totenwächter eine Locke Beethovens erhalten. Sie liegt jetzt neben einem Gipsabdruck von Beethovens Schädel und dem Schlüssel zu seinem Sarg im Bonner Museum.
Ein Fragment seines Totenhemds erinnert an den Moment vor dem Begräbnis, das 350 Gulden gekostet hat. "Für damalige Verhältnisse unglaublich viel Geld, das aus England gespendet worden war", sagt Ladenburger. Der Reliquienkult um Beethovens Begräbnis sei außergewöhnlich gewesen zu einer Zeit, in der selbst berühmte Persönlichkeiten ohne große Zeremonie aus hygienischen Gründen auf kleinen Friedhöfen am Rande der Großstädte beigesetzt wurden.
In Zusammenarbeit mit dem Kasseler "Museum für Sepulkralkultur" (Begräbniskultur) zeigt die Ausstellung kuriose Beispiele für den Totenkult im 19. Jahrhundert. So ist der Bauplan eines "Rettungsweckers für Scheintote" zu sehen - ein abenteuerliches Konstrukt aus einer Alarmglocke und Seilen, die an den Armen und Beinen der Toten befestigt wurden. Falls die Toten wieder erwachen sollten, so die Idee der Erfinder, hätten sie damit Hilfe rufen können.