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„Das Beste voneinander abschauen“

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Zur Zukunftskonferenz der Musikhochschulen Baden-Württemberg in Mannheim
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„Es wird kein Sonderopfer der Musikhochschulen geben.“ Diese Quintessenz destillierte im Nachhinein Mannheims Musikhochschulpräsident Rudolf Meister aus dem ersten, vom Wissenschaftsministerium im Rahmen der „Zukunftskonferenz Musikhochschulen Baden-Württemberg“ veranstalteten Symposium an der Universität Mannheim. Nach den, auch von den Hochschulen untereinander heftig geführten Diskussionen im Zusammenhang mit den von Ministerin Theresia Bauer angekündig­ten Sparplänen, sollen nun mehrere Symposien (weitere folgen im April, Juni und Juli) den wieder in Gang gekommenen Dialog inhaltlich weiterbringen. Die Ergebnisse der ersten Tagung fasst Maria Hörl zusammen: „Das Musikstudium im Kontext der beruflichen Perspektiven“ war das Thema dieses ersten Symposiums im Rahmen der „Zukunftskonferenz Musikhochschulen Baden-Württemberg“.

Dabei diskutieren die Rektoren der fünf baden-württembergischen Musikhochschulen gemeinsam mit Ministerin Theresia Bauer, Dozenten, Studierenden, Berufsmusikern und weiteren Interessenten aus dem ganzen Bundesland im Mannheimer Schloss, welche Inhalte und Fähigkeiten weiterhin oder verstärkt Bestandteil eines Musikstudiums sein sollen, um die Chancen auf eine erfüllende berufliche Tätigkeit zu verbessern. Ebenso ging es um die oft falschen Erwartungen von Studierenden an den Alltag als Berufsmusiker sowie um die geplante Kürzung des Etats für die Musikhochschulen.

Neben Grußworten und Vorträgen gab es Fachforen sowie Raum zum informellen Austausch. Im Abschlussplenum stellten Referenten die Ergebnisse der Foren vor: Prof. Heiner Gembris von der Universität Paderborn kam in seinem Forum, das sich mit dem Probespiel für eine Orchesterstelle befasste, zu dem Ergebnis, dass im Studium der Fokus eher auf Solokonzerten anstelle von Orchesterstellen liege, auf welche es jedoch beim Probespiel ankäme. Oftmals wüssten die Studierenden nicht, was es bedeutet, rund 40 Jahre in einem Orchester zu spielen. Daneben sei es oft schwierig, die Motivation im Beruf über einen solch langen Zeitraum aufrechtzuerhalten.

Friedrich-Koh Dolge, Direktor der Stuttgarter Musikschule, appellierte im Namen seines Forums, in dem es um die Instrumental- und Gesangspädagogik ging, daran, im Studium Zeit zum Träumen zu lassen, ebenso wie für eine Neuorientierung. Außerdem wünschte er sich eine Wertschätzung der Pädagogik, die oft nicht so ernst genommen werde. Er unterstrich die Bedeutung der Zusammenarbeit von Musikschulen mit Musikhochschulen.

Aus dem Forum über freiberufliche Tätigkeit berichtete Max Wagner. Er kritisierte, die Studierenden würden darauf nicht ausreichend vorbereitet. „Die Musikhochschulen sind immer noch eine abgeschottete Insel.“ Um die Freiberuflichkeit, in der laut Wager mehr als die Hälfte der Musiker landet, zu erleichtern, müssten die soziale Kompetenz, Ensemblefähigkeit und pädagogische Kompetenzen mehr gefördert werden. Er wünschte sich eine Aufwertung der Laienmusik und schlug vor, den Studierenden neue Berufsfelder zu eröffnen. Berufsmusiker müssten über den Tellerrand hinausschauen, unterstützt etwa durch Seminare zum Selbstmanagement, zu Rechtsthemen oder die Förderung des Bewusstseins, dass Netzwerke unglaublich wichtig sind.

Die Schwierigkeit: Oftmals werden solche Zusatzseminare von Studierenden schlecht angenommen; als Grund wurde vermutet, dass der Konkurrenzdruck offenbar in den Köpfen noch nicht angekommen sei. Julia Seitz vom AStA in Karlsruhe konnte sich die mangelnde Teilnahme von Studenten an solchen Zusatzseminaren nicht ganz erklären. Sie wünschte sich, dass die Musikhochschulen voneinander das Beste abschauen und die unterschiedliche Wertigkeit der verschiedenen musikalischen Studiengänge in den Köpfen abgeschafft werde. Derzeit schauten Studierende eines solistischen Studiums auf Studenten der Orchestermusik herab, diese auf die Schulmusiker, und dem Ansehen nach ganz am Schluss stehe die elementare Musikpädagogik.

Die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Theresia Bauer, sagte, es gebe Veränderungen am Arbeitsmarkt und Träume zerplatzten: Unter Umständen würde man an der Musikhochschule als Star gehandelt und komme dann nicht einmal durch ein Probespiel für eine Orchesterstelle. Da sei Realismus gefragt. Applaus erntete die Ministerin, als sie erklärte, das Fach Musik sei in den Grundschulen wieder eingeführt worden. „Diesen Weg müssen wir mutig weiter beschreiten.“ Bauer sprach sich auch dafür aus, Sprachbarrieren im Studium abzubauen. Der Hintergrund: Der Ausländeranteil an den Musikhochschulen beträgt bis zu über 40 Prozent, wovon etliche Studierende trotz Sprachkursen und Sprachtests nur unzureichende Deutschkenntnisse aufweisen, was sich auf die Qualität des Unterrichts – auch für Mitstudierende – auswirken kann.

Bauer sagte, es gehe darum, die Qualität an den Musikhochschulen zu erhalten und zu verbessern. Qualität jedoch gehe nicht unbedingt mit mehr Geld einher. Wie diese Qualitätssicherung aussehen soll, sagte sie nicht, ebenso wenig, wie genau die geplanten Einsparungen an den Musikhochschulen konkret erfolgen sollen. Dies löste eine gewisse Unzufriedenheit bei etlichen Symposiumsteilnehmern aus.

Zahlreiche gute Ideen zur Verbesserung des Musikstudiums, die von den Teilnehmern und Referenten vorgebracht wurden, müssen nun festgehalten werden; sie sollten keine Zukunftsmusik sein, sondern rasch umgesetzt werden. Jedoch: Ohne Geld geht vieles nicht und mit zu wenigen Studierenden auch nicht.

Eine Dokumentation der Tagung sowie Informationen zu den weiteren Symposien in Trossingen, Karlsruhe und Mannheim unter: http://zukunftskonferenz-musikhochschulen-bw.de

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