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Mainz (ddp-rps). In Trier marschieren Rechte gegen den Imperialismus, im Westerwald werden vor Schulen CDs mit rechtem Liedgut verteilt, in Frankenthal und Worms glorifizieren rechte Gruppierungen am 1. Mai Führer und Vaterland.
In Rheinland-Pfalz war es um die rechtsextreme Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) lange still. Die Partei galt als zerstritten und nicht handlungsfähig, führende Köpfe waren nicht in Sicht. Seit Ende 2004 häufen sich ihre Aktivitäten. Zufall ist das nicht: Der am 13. Februar in Remagen zum neuen NPD-Landeschef gewählte Stratege des sächsischen NPD-Wahlkampfes, Peter Marx, ruft offen zum Sturm auf Rheinland-Pfalz auf. Im Frühjahr 2006 wollen die Rechten in den Landtag einziehen.Der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz charakterisiert die NPD in seinem Bericht 2004 als «die aktivste und zugleich aggressivste rechtsextremistische Partei Deutschlands» mit «deutlicher Nähe zum Nationalsozialismus». Rund 200 Mitglieder rechnet er der NPD im Land zu, bundesweit sollen es rund 5300 sein. «Wir beobachten und sind gut informiert», sagt der Chef des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes, Rainer Kuhn. Regionale Schwerpunkte sieht er um Zweibrücken-Pirmasens, im Westerwald sowie im Rhein-Neckar-Raum. Besonders beunruhigen ihn die rechten Aktivitäten bislang nicht: «Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehen wir die Handlungsfähigkeit der NPD noch als begrenzt an.»
Das könnte sich schnell ändern: In einer am 27. September 2004 veröffentlichten «Resolution von Remagen» rief der Landesverband der NPD zusammen mit der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) und einer Kameradschaft Westerwald zur «Bündelung aller Kräfte» für die Landtagswahl 2006 auf. Im Juli verkündete die NPD in Kaiserslautern die Zusammenarbeit mit der rechtsextremen DVU bei einer vorgezogenen Bundestagswahl - der angeblich ersten bundesweit.
Zudem rumort es im Land: Zwischen Oktober und Dezember kam es zu mehreren Aufmärschen, Feiern und Veranstaltungen rechter Gruppen, unter anderem in Nastätten (Rhein-Lahn-Kreis), Trier und Bretzenheim bei Bad Kreuznach. Vor Schulen in Trier und in Bad Marienberg verteilten JN-Vertreter Flugblätter und Kopien der im sächsischen Landtagswahlkampf verbreiteten NPD-CD «Schnauze voll?!» mit rechtem Liedgut.
«Rheinland-Pfalz war für uns eine organisatorische Lücke, die wollen wir jetzt schließen», sagt der Landesvorsitzende Marx unverblümt auf ddp-Anfrage. Die NPD werde auf die Unzufriedenheit mit der Agenda-Politik der Bevölkerung setzen und besonders Arbeiter und Erstwähler ansprechen. Ab der zweiten Augustwoche soll es Aktionen vor der BASF in Ludwigshafen geben, mit einer «Sommeruniversität» sollen Ende August im Dahner Felsenland Intellektuelle angesprochen werden. Zudem werde die NPD im neuen Schuljahr eine neue Schulhof-CD vor Berufsschulen und Gymnasien verteilen, kündigte Marx an. Mit «viel nationalem Liedgut» solle «die deutsche Jugend» mobilisiert werden, sich der NPD zuzuwenden.
Die Rechtsextremismus-Expertin der Grünen-Landtagsfraktion, Friedel Grützmacher, fordert einen «großen Widerstand von allen in der Gesellschaft» und eine intensivere Auseinandersetzung mit der Musik der Rechten, um diese nicht die Musiktrends bestimmen zu lassen. Die NPD versuche, mit «dumpfen Parolen» Kapital aus den Ängsten der Menschen zu schlagen, warnt auch CDU-Landeschef Christoph Böhr. Eines sei dabei fast schon beruhigend: Die Wirklichkeit zeige, dass sich die NPD überall dort, wo sie in Parlamente einziehe, als «vollkommen unfähig und unwillig» erweise, «wirkliche Verantwortung zu tragen und den Menschen zu helfen.»