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Das Bundesarchiv hat in den fünf Jahrzehnten seines Bestehens nach Auffassung von Bundespräsident Johannes Rau einen "wichtigen Beitrag" dazu geleistet, die "Vergangenheit aufzuarbeiten und zu verstehen".
Berlin (ddp-bln). Beim Festakt zum 50-jährigen Bestehen des Archivs am Dienstag in Berlin sagte Rau: "Das Bundesarchiv ist das Gedächtnis unseres Staates." Mit seinen Aktivitäten in elf Dienststellen an neun Orten in Deutschland leiste es "gute politische Bildungsarbeit", fügte Rau hinzu. Zugleich betonte der Bundespräsident, Quellen müssten erhalten bleiben, damit spätere Generationen den Gang der Geschichte überprüfen können. "Aus der Geschichte lernen gilt in Deutschland besonders für die Zeit des Nationalsozialismus", unterstrich Rau. Dies sei heute genau so wichtig wie vor 50 Jahren. "Es kann und darf keinen Schlussstrich geben", sagte Rau.Auch Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin (SPD), der rund 480 Gäste zu dem Festakt in die Berliner Staatsbibliothek eingeladen hatte, unterstrich die Bedeutung des Archivs für den Umgang mit der jüngeren Geschichte. Gerade die junge Generation wolle sich selbst ein Bild davon machen.
Das Bundesarchiv, heute das größte Archiv in Deutschland, hatte am 3. Juni 1952 in Koblenz seine Arbeit aufgenommen. 1990 kamen die Bestände des Zentralen Staatsarchivs der DDR hinzu. Das Bundesarchiv erschließt authentisches Archivgut und macht es der Forschung und interessierten Bürgern zugänglich.
In Koblenz wird am Freitag die Jubiläumsausstellung "Ein Jahrhundert wird besichtigt - Momentaufnahmen aus Deutschland" eröffnet. Die Fotoschau schickt den Besucher auf eine Zeitreise, Schwerpunkt ist die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die meisten Bilder stammen aus dem Bestand des Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienstes/Zentralbild (ADN/ZB) der DDR, einer der historisch wertvollsten Bildersammlungen zur deutschen Geschichte, die das Bundesarchiv 1992 übernommen hatte.
Rau erinnerte daran, dass die Wurzeln des Archivs bis zur Gründung des Reichsarchivs 1919 in Potsdam zurückreichen - des ersten zentralen Archivs in Deutschland. Heute verfügt das Bundesarchiv über mehr als 280 Kilometer Akten, eine Million Landkarten, eine Million Kinofilme, 8,5 Millionen Fotografien sowie Ton- und Datenträger und weiteres Bibliotheksmaterial. Nur etwa fünf bis zehn Prozent dessen, was Bundesbehörden dem Archiv überlassen, werde für eine dauerhafte Überlieferung ausgewählt. Ziel müsse "eine gesamtgesellschaftliche Dokumentation des öffentlichen Lebens" sein, fügte Rau hinzu.
Auf die Bedeutung der europäischen Zusammenarbeit wies die Direktorin der Archives de France hin. Martine de Boisdeffre sagte, gerade Archive hätten den Auftrag zu "fortdauerndem Dialog über alle Ideologien hinweg". Sie seien mit dafür verantwortlich, Frieden und Zusammenarbeit auf dem europäischen Kontinent zu sichern. So habe der Aufbau einer europäischen Ausbildungsbörse für Archivmitarbeiter bereits begonnen.
Cornelia Krüger