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Hamburger Modellprojekt: Neue Wege im Musik- und Deutschunterricht

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An drei Schulen testet die Hamburger Kulturbehörde mit einem HipHop-Modellprojekt neue Wege des Musik- und Deutschunterrichts. «Mit Hilfe des aktuellen Musikstils soll die Kreativität der Schüler in Sachen Musik und Sprache geweckt werden», erläutert Andreas Ernst, Sprecher der Kulturbehörde.

Hamburg (ddp-nrd). Die Umgebung scheint wie geschaffen. Ein Hauch von Ghetto weht durch das Hamburger Stadtviertel Steilshoop: gewaltige Betonklötze, graue Plattenbauten, dazwischen ein heruntergekommenes Basketball-Feld, Graffitis und Schmierereien auf Wänden und Türen. Mitten in einem von Hamburgs sozial schwächsten Vierteln üben sich 13 Jugendliche im Rappen - der Musik der Minderheiten, der Benachteiligten, der Ghettokinder. Doch die 16- bis 18-Jährigen sitzen nicht auf der Straße, sondern im Unterricht: In der Gesamtschule Steilshoop steht HipHop auf dem Stundenplan.
An drei Schulen testet die Hamburger Kulturbehörde mit einem HipHop-Modellprojekt neue Wege des Musik- und Deutschunterrichts. «Mit Hilfe des aktuellen Musikstils soll die Kreativität der Schüler in Sachen Musik und Sprache geweckt werden», erläutert Andreas Ernst, Sprecher der Kulturbehörde, am Freitag. Das Besondere an dem Versuch sei, «dass Profis die Schüler unterrichten und ihnen Tricks verraten».
In der Gesamtschule Steilshoop weihen die Rapper Reimagent und Tetze Tänzer die Jugendlichen in die Geheimnisse des HipHop ein, erläutern Techniken, Themenwahl und Ausdruck. Gebannt hängen die 13 Schüler aus den Klassen neun bis elf ihren Rap-Dozenten an den Lippen. Schon das Outfit der meisten Teilnehmer verrät die Leidenschaft für Rap und HipHop. Fast die Hälfte der Jungen trägt auch im Unterricht eine Mütze, tief in die Stirn gezogen, dazu weite Hosen und wuchtige Turnschuhe.
Jeder Teilnehmer hat als Hausaufgabe einen eigenen Rap getextet. Der Beat kommt stilecht aus einem riesigen Ghettoblaster. Abwechselnd tragen die Schüler ihre selbstgereimten Verse vor. Die Texte kreisen meist um die eigene Realität, um eigene Stärken, Schwächen, Ängste. «Wichtig ist, keine Klischees zu bedienen», gibt Rapper Reimagent den Schülern mit auf den Weg. «Ihr müsst Euch selber in den Texten wiederfinden», betont er.
Die Schüler zeigen sich von dem Projekt sehr angetan. «Super», schwärmt der 18-jährige Hui, «das macht Schule interessant.» Den HipHop-Unterricht wertet er als ein Zeichen dafür, dass die Schule auch «etwas für die Schüler tut», ihre Interessen fördert. «Man verliert die Angst, etwas vorzutragen», fügt ein anderer Junge hinzu. Zwar kommen so manchem die Reime nur sehr zaghaft und leise über die Lippen. Am Ende sind aber alle Schüler glücklich, ihren ersten Auftritt vor der Gruppe gemeistert zu haben.
Ob und wie das Projekt fortgesetzt wird, steht nach Angaben der Kulturbehörde noch nicht fest. «Wir werten den Modellversuch nun erst einmal aus, um zu sehen, ob der richtige Weg eingeschlagen wurde», kündigt Ernst an.

Petr Jerabek