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Vincent Dubois. Foto: Klara Beck
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Im Gespräch mit Vincent Dubois

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Vincent Dubois, einer der führenden Organisten seiner Generation weltweit und Titularorganist der Kathedrale Notre-Dame de Paris ist seit Dezember 2022 Professor für Orgelliteratur und Orgelimprovisation an der Hochschule für Musik Saar in Saarbrücken.

Was ist das Besondere an dem Masterstudiengang „Improvisation für Tasteninstrumente“ an der Hochschule für Musik (HfM) Saar?

Meines Wissens ist die HfM Saar eine der wenigen deutschen Musikhochschulen, die einen Improvisationsstudiengang für „Tasteninstrumente“ und somit nicht nur für Klavier, sondern auch für Orgel anbieten. Zudem sind wir in Saarbrücken stilistisch sehr offen. Die Studierenden lernen bei uns ein breites ästhetisches Spektrum – vom 16. Jahrhundert über Romantik und Klassik bis zu Jazz und Rock – kennen und improvisieren in vielfältigen Stilen und Formen.Was außerdem wirklich besonders ist: An der HfM Saar werden keine Improvisationen vorbereitet, denn das ist nicht das Ziel von Improvisation! Das Ziel ist es vielmehr, auf der Grundlage der Verinnerlichung zahlreicher Stile und des Vokabulars vieler Komponisten spontan eine eigene Klangrede halten zu können. Was wir daher im Studium gemeinsam üben, ist die Freistil-Improvisation. Die Studierenden bekommen bei uns Zeit zum Suchen und Forschen, um ihr eigenes Vokabular zu entwickeln und ihre Musik im Augenblick frei zu erfinden. Mir ist es sehr wichtig, sie dabei nicht zu beeinflussen, sondern nur da zu korrigieren, wo es nötig ist.

Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um „Improvisation für Tasteninstrumente“ studieren zu können?

Zunächst einmal muss man sein Instrument technisch so souverän beherrschen, dass man die gesamte Konzentration für die Musik, die man im Augenblick schafft, frei hat. Außerdem braucht man ein sehr gutes Gedächtnis, einen Speicher für das musikalische „Vokabular“ der verschiedenen Epochen, Stile und Komponisten. Denn dies ist der Fundus, aus dem man beim freien Improvisieren schöpfen kann.

Was lernt man in dem neuen Masterstudiengang?

Wir üben die verschiedenen Formen, das Vokabular, das man braucht, um eine eigene musikalische Rede aufzubauen. Was das Improvisieren an sich betrifft: Zum Improvisieren bedarf es einer Art von Kühnheit. Man darf nicht zu viel hinterfragen, sondern muss bereit sein, sich beim Spielen auf das Abenteuer des Moments einzulassen. Diese grundsätzliche Haltung oder Veranlagung kann man weder lehren noch lernen. Aber man kann sie fördern und zur Reife bringen. Organistinnen und Organisten unterstütze ich beispielsweise darin, die Kunst der Registrierung zu vertiefen und berate sie bei der Ausdifferenzierung ihres persönlichen Klangausdrucks.

Wie haben Sie selbst den Weg zur Improvisation gefunden?

Als ich zwölf Jahre alt war, wurde ich gebeten, eine Messe zu begleiten. Ich hatte zwar seit meinem fünften Lebensjahr Klavierunterricht, hatte mit dem Orgelspiel aber gerade erst begonnen und kannte daher nur sehr wenig Literatur. Also improvisierte ich. Für mich war das eine Relevation, eine Offenbarung, die mich seitdem nicht mehr losließ. Mehrere Jahre habe ich mich selbst im Improvisieren geübt, bis ich dann später am Conservatoire de Paris mein Studium begann.

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