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Kultusminister beraten über Rechtschreibregeln

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Die Kultusministerkonferenz (KMK) kommt am Donnerstag und Freitag zu ihrer 306. Plenarsitzung in Mainz zusammen. Unter dem Vorsitz der rheinland-pfälzischen Bildungsministerin und KMK-Präsidentin, Doris Ahnen (SPD), steht unter anderem das Thema Rechtschreibreform auf dem Programm.

Bonn (ddp). Ziel der Kultusminister ist es nach Angaben der KMK, in Mainz einen Beschluss zum 4. Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung zu fassen.

In dem Anfang des Jahres vorgelegten Bericht hatte die Kommission eine Reihe von Modifikationen der seit 1. August 1998 geltenden Neuregelung der Rechtschreibung vorgeschlagen.

Außerdem werden die Kultusminister in Mainz über einen gemeinsamen Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertagesstätten und über die Gründung des «Instituts zur Qualitätssicherung im Bildungswesen» beraten. Weitere Themen werden unter anderen die Studienstruktur in den Lehramtsstudiengängen und die Anerkennung der Studien- und Prüfungsleistungen von Frühstudierenden sein.



Ringen um die Regeln - Streit um Rechtschreibung deckt «überwindbare Gegensätze» auf - Kultusminister beraten über Kommissionsbericht

Berlin (ddp). Knapp sechs Jahre nach ihrer Einführung erhitzt die neue Rechtschreibung noch immer die Gemüter. Nur 13 Prozent der Deutschen sind einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach zufolge «eindeutig für die Reform». 49 Prozent der 2134 Befragten sprachen sich im Mai gegen die Neuregelungen aus. Auch auf Expertenseite wird noch immer Kritik laut. So bezeichnete Verleger Michael Klett die Reform Ende Mai in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» als «unnötig und unsinnig». Erst im April hatten unter anderen die Autoren Reiner Kunze und Siegfried Lenz die Rücknahme der Rechtschreibreform gefordert.

Die Kultusministerkonferenz will nun zur Entspannung der Situation beitragen. Auf ihrer 306. Plenarsitzung in Mainz wollen die Kultusminister am Donnerstag und Freitag einen Beschluss zum 4. Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung fassen. Der KMK ist es nach eigenen Angaben dabei «besonders wichtig, dass für die Zukunft ein von möglichst allen Beteiligten - auch unter Einbeziehung der Akademie für Sprache und Dichtung - akzeptiertes Verfahren zur Beobachtung der Entwicklung des Schriftgebrauchs etabliert wird».

In dem Anfang des Jahres vorgelegten Bericht hatte die Mannheimer Kommission die Zulassung von bisher nicht erlaubten Varianten in der seit 1. August 1998 geltenden Rechtschreibung vorgeschlagen. Demnach soll es unter anderem größere Freiheit bei der Getrennt- und Zusammenschreibung und der Groß- und Kleinschreibung geben.

Auch diese Vorschläge waren jedoch sofort nach Bekanntwerden ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Mehrere Medien werteten sie als Zeichen der Beliebigkeit. Die «Bild»-Zeitung schrieb, «erlaubt ist fast alles, was gefällt. Was einst ein Fehler war, wird jetzt eine \'Variante\'».

Auch die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt akzeptiert die neuen Regeln in ihre bisherigen Form nicht und legte ein Papier mit Verbesserungsvorschlägen vor. Gespräche von Rechtschreibkommission und Akademie zwischen März und Mai haben laut KMK aber gezeigt, «dass hinsichtlich des Verständnisses von Genese und Struktur orthographischer Normen derzeit nicht überwindbare Gegensätze bestehen». Gleichwohl hätten die Gespräche zu Umformulierungen im Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung des Regelwerks geführt, die die Kritik von Mitgliedern der Akademie berücksichtigten, teilte die KMK Ende Mai mit.

Mit Kritik hatte die Rechtschreibreform von Anfang an zu kämpfen. Die Bevölkerung Schleswig-Holsteins lehnte die Reform im September 1998 per Volksentscheid sogar ab. Ein Jahr später nahm der Kieler Landtag den Entscheid allerdings wieder zurück. Auch Zeitungen und Schriftsteller verweigern sich den neuen Regeln. Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» kehrte zu den herkömmlichen Schreibweisen zurück. Und Literaturnobelpreisträger Günter Grass verfügte, dass seine Werke nur nach den früheren Regeln gedruckt werden dürfen.

Trotz aller Diskussionen sind derzeit die 1998 eingeführten Regeln aber Grundlage für den Schulunterricht, und auch die öffentliche Verwaltung muss sich an das Regelwerk halten. Bis zum 31. Juli 2005 läuft eine Übergangsfrist. An den Schulen bedeutet dies, dass bis dahin herkömmliche Schreibweisen nicht als Fehler gezählt, sondern nur verbessert werden.

Ulrike Geist