Banner Full-Size

Musik-Professor beklagt Zustand der Musikschule

Autor
Publikationsdatum
Body

Kuntze zieht positive Meisterkurs-Bilanz
Der Musik-Professor beklagt aber den Zustand der Musikschule Weinheim - Ausblick auf das kommende Jahr
Von Reginald Dehoff

Weinheim. Im Gespräch stellte Professor Roland Kuntze noch einmal seine persönlichen Eindrücke wie auch sein Fazit zu dem gerade abgelaufenen vierten Internationalen Meisterkurs vor. In summa zeigte er sich hochzufrieden, dass es ihm auch in diesem Jahr gelungen ist, für Studenten, Lehrer und die gesamte Region einen höchst erfolgreichen Meisterkurs durchzuführen.

Hier dankte er vor allem den treuen wie den neuen Zuschauern in Weinheim und Hirschberg, die ihm durch die herzliche Annahme seiner Konzerte überhaupt erst die Möglichkeit geboten hätten, einen so kosten- und organisationsintensiven Aufwand betreiben zu können.

Denn es gibt für die finanzielle Durchführung des Meisterkurses keinerlei finanzielle Zuschüsse, weder offiziell noch durch Sponsoring. Insoweit trägt Professor Kuntze das gesamte Geschäftsrisiko allein. Was nicht heißen soll, dass er keinerlei Unterstützung erfahre, meinte er. Die Unterbringung der Studenten (hier gilt sein dringlichster Aufruf an die Weinheimer, für das kommende Jahr mit Unterbringungsangeboten nur ja nicht zögerlich zu sein), die Bereitstellung von Unterrichtsräumen oder das Angebot von Catering wäre ohne Fremdunterstützung gar nicht zu bewältigen (und in diesen Bereichen hofft Kuntze auch im kommenden Jahr auf unvermindert rege Hilfestellung).

Trotzdem trifft es hart, wenn wie im Falle des zweiten Hirschberger Konzerts wegen des schlecht gewählten Termins gleich zu Wochenbeginn sich nur zwei Dutzend Zuschauer einfinden würden: "Die Einnahmen reichten gerade mal für den Klavierstimmer!"

Daraus resultiere, dass im kommenden Jahr zwar die Gemeinde Hirschberg unbedingt wieder in die Konzerttermine eingebunden werden solle, aber die Terminplanung geschickter eingefädelt werden müsse - vermutlich durch Verschiebung des Beginns der Kurse um wenige Tage. Dann würde sich der Meisterkurs über drei Wochen erstrecken mit entsprechenden Wochenendterminen.

Im kommenden Jahr wieder als Dozenten dabei sind, so viel steht schon jetzt fest, Katharina Dau (Gesang) und die Herren Liebermann, Rinderspacher und Wetz (Bläser) sowie Menninghaus, Nodel, Schulz (Streicher). Aber es wird sicher auch wieder eine zweite Gesangsklasse entstehen, und Rainer Hucke vom Leipziger Gewandhaus, in diesem Jahr nur konzertierend dabei, wird eine Kontrabass-Klasse unterrichten.

Darüber hinaus steht Kuntze mit weiteren hochkarätigen Namen in Verhandlung - Expansion also in allen Bereichen. Denn natürlich rechnet er fest mit einer verstärkten Nachfrage seitens der Studenten (der Meisterkurs beginnt sich sogar weltweit zu etablieren) und hofft auch auf mehr Konzerttermine.

Denn dass es wieder solche "Mammutveranstaltungen" geben wird, wie in diesem Jahr, diese Möglichkeit möchte er künftig schon im Vorfeld ausräumen. In diesem Jahr habe man nicht einkalkuliert, dass so viele vorzeigbare Begabungen anreisen würden (sogar die nunmehr sieben Veranstaltungen hätten nicht ausgereicht).

Was nun diese Ausnahmebegabungen anbetrifft, sind ihm in besonderer Erinnerung die beiden jungen Streicher aus Thailand und Japan, der Cellist Ilya Ryabokon und die beiden Sänger Eva-Maria Haas und Hyong-Su Kim. Besonders des Letzteren prächtige und sonore Klangfülle habe ihn tief beeindruckt.

Natürlich geht ein "Macher" wie Roland Kuntze, dem man nicht ansieht, dass er in Kürze einen runden Geburtstag, nämlich den 60., feiert, gleich mit neuen Ideen und Plänen schwanger. So denkt er darüber nach, wie er den jungen Bass hier in der Region auch einmal solistisch präsentieren kann.

Und den schönen Saal auf der Wachenburg bezieht er gleichfalls in seine Überlegungen mit ein. An Aufführungsorten sei die Region ja nicht arm. Ein Trauerspiel aber, so klagte Professor Kuntze heftig, sei der derzeitige Zustand der Weinheimer Musikschule. Nicht nur, dass dieses Institut im Vergleich mit allen (!) Musikschulen der Region das Schlusslicht darstelle: In puncto baulichem Zustand wie Bestand und Wartung der Instrumente stünde es schlimm um sie, meinte der Musiker. Hier möchte er dringendst an die Stadtverwaltung appellieren, damit Abhilfe geschaffen werde - Umbau oder besser noch Aussiedlung in ein intaktes Gebäude täte dringend Not; als Unterrichtsort sei der Bau nicht mehr tragbar.

Leider musste er aber auch von unschönen Übergriffen berichten: In der Begegnungsstätte St. Michael in der Waid, wo viele junge Leute untergebracht waren, wurde der vorerwähnte junge Thai drastisch bestohlen, und eine noch minderjährige Musikstudentin wurde in ihrer Unterkunft von einem Unbekannten überfallen. Nur ihr Geschrei und die heftige Gegenwehr verhinderten das Schlimmste.

Des ungeachtet blickt Roland Kuntze mit viel Zuversicht auf den kommenden Meisterkurs. Und man darf schon jetzt gespannt sein, was ihm bis dahin alles an neuen Projekten beziehungsweise zur Ausgestaltung der bestehenden eingefallen ist.

Rhein-Neckar-Zeitung
http://www.rnz.de/15_regional/bergstrasse/06_bergstrasse.htm
Autor