Der achtsemestrige Studiengang „Elementare Musikpädagogik“ mit dem Abschluss „Bachelor of Music“ vermittelt den Studierenden eine Doppelqualifikation mit der Lehrbefähigung im Hauptfach Elementare Musikpädagogik (EMP) sowie in einem weiteren künstlerischen Hauptfach, also Instrument oder Gesang. Durch eine intensive Kooperation zwischen der Hochschule für Musik Mainz und dem Peter-Cornelius-Konservatorium der Stadt Mainz (PCK) wird ein besonders praxisnahes Studium gewährleistet. Die neuberufene Professorin für EMP, Prof. Dr. Anne Steinbach (geb. Weber-Krüger), und Bianca Dell, Leiterin des Fachbereichs EMP am PCK, im Gespräch über den neuen Studiengang.
Prof. Dr. Anne Steinbach: Das Besondere am neuen Bachelorstudiengang „Elementare Musikpädagogik“ in Mainz ist sicherlich die Tatsache, dass hier eine Hochschule für Musik und ein Konservatorium, nämlich das PCK mit seiner Musikschule und Studienabteilung, in intensiver Kooperation zusammenarbeiten. Durch die sehr enge institutionelle Vernetzung können wir in Mainz den praktischen Unterricht für den Studiengang direkt in der Musikschulpraxis ansiedeln – und gleichzeitig die künstlerische und wissenschaftliche Ausbildung an einer Musikhochschule anbieten. Das ist eine immense Bereicherung und bildet auf institutioneller Ebene die Verschmelzung von Kunst und Pädagogik ab, die auch inhaltlich so wichtig für die EMP ist. Viel zu oft wird ein gewisser Graben gezogen zwischen Kunst und Pädagogik, und das finde ich schade. EMP ist Kunst und Pädagogik, das lässt sich gar nicht trennen. Das meint auch die Kunst des Unterrichtens bzw. den Unterricht als Kunst.
Bianca Dell: Genau, und die Kunst im Unterricht! Jedenfalls an die Kunst des Unterrichtens können sich die Studierenden dann auch Schritt für Schritt herantasten. Vom ersten Semester an bilden Hospitation und Lehrversuche – die von anfänglich kleineren Praxiseinheiten auf ganze Unterrichtsstunden ausgedehnt werden – in realen Musikschulgruppen einen kontinuierlichen Studienbestandteil. Begleitet wird dieser Prozess von PCK-Dozentinnen, die hierfür aufgrund ihrer Tätigkeit im EMP-Studiengang am PCK, der mit der Staatlichen Musiklehrerprüfung abgeschlossen wird, eine breite Erfahrungsbasis mitbringen.
Steinbach: Die Hochschule für Musik Mainz ist wiederum eingebettet in die Johannes Gutenberg-Universität, dadurch hat sie zusätzlich eine intensive wissenschaftliche Anbindung. Im Fach EMP entsteht gerade erst in den letzten Jahren eine breitere Forschungsbasis und damit auch ein neues facheigenes Wissenschaftsverständnis – so wird es ein Fach, das stark in der Praxis, der Kunst und der Wissenschaft verankert ist. Diese drei Säulen können wir hier institutionell abdecken, jeweils auf sehr hohem Niveau und in enger Verknüpfung. Die intensive Behandlung all dieser Aspekte ist mir ein zentrales Anliegen in der Gestaltung des neuen Studiengangs. Das Forschen und Erforschen des eigenen Berufsfelds wird unter anderem in der Didaktik seinen Platz finden. Darum geht es doch: Wissenschaft ist nicht abgekoppelt von der Realität.
Dell: Beim Stichwort Realität möchte ich noch einmal auf unsere „realen“ Musikschulgruppen bzw. unsere Musikschulrealität zurückkommen, denn sich das Berufsfeld Musikschule zu erschließen, beinhaltet ja noch viel mehr als das reine Unterrichten: Die Studierenden lernen einen möglichen Arbeitsalltag direkt am praktischen Beispiel kennen. Eine großartige Chance, um einen leichteren Einstieg in eine spätere Anstellung oder in freiberufliche Tätigkeiten zu bekommen. Realität aber auch in Bezug auf das Unterrichtsangebot in der PCK-Musikschule: Neben allgemein üblichen Kursangeboten, wie beispielsweise der Musikalischen Früherziehung, findet sich aufgrund der inzwischen vielseitigen Kooperationen mit anderen Mainzer Bildungs- und Betreuungseinrichtungen ein breites Projektangebot wie etwa Elementares Klassenmusizieren in der Grundschule, Elementares Musizieren mit Senioren oder Erzieherfortbildungen.
Steinbach: Gerade der Seniorenbereich kommt in der EMP derzeit in den Fokus. Es geht darum, mit Menschen im 3. bzw. 4. Lebensalter einen ressourcen- und kompetenzorientierten Ansatz zu vertreten. Es wäre doch schade – wie es leider bis vor wenigen Jahren noch sehr verbreitet war – nur zu schauen, was die Menschen altersbedingt schon nicht mehr so gut können, wo ihre körperlichen und geistigen Defizite liegen. Viel interessanter und auch schöner für alle Beteiligten ist es doch zu schauen, was einen weiterbringen kann, was es Neues zu entdecken gibt und was – trotz individueller Einschränkungen – alles noch geht. Wir arbeiten also mit ganz unterschiedlichen Menschen und mit vielen verschiedenen Alters- und Zielgruppen.
Da die Ansprüche an die Tätigkeit in der Elementaren Musikpädagogik so vielfältig sind, ist ein hohes künstlerisches Niveau unabdingbar. Die Studierenden werden dafür qualifiziert, zwei Hauptfächer unterrichten zu können: ihr instrumentales Hauptfach und EMP. Und das machen sie als vollausgebildete Musiker. Nur so können sie das gesamte Spektrum – Stimme, Rhythmus, Körper, Bewegung, Tanz, Improvisation und (Elementares) Instrumentalspiel – abdecken und eine Anregungsqualität und -tiefe mitbringen, die unbedingt nötig ist.
Dell: Sie müssen reagieren können auf die Vielfalt der Gruppen und die individuellen Ausdrucksmöglichkeiten der einzelnen Gruppenmitglieder. Das ist sicher eine Herausforderung – aber eben auch das Besondere an der EMP.
Steinbach: Zu den Herausforderungen gehört auch unsere Planung eines Langzeitprojekts mit der Kita der Universität. Das Besondere: Die musikalische Bildung kann in einer Kita in den Alltag eingebunden werden.
Dell: Spontanität, Kreativität und künstlerisch-pädagogische Kompetenzen sind außerdem bei Projekten gefragt, wie wir sie in den vergangenen Jahren bereits am PCK mit den EMP-Studierenden durchgeführt haben, etwa Workshops für Kinder oder im Bereich der Konzertpädagogik. Die Vielseitigkeit eines EMP-Studiums bedeutet eben einen hohen Anspruch, aber auch ein großes Glück – unsere Arbeit beinhaltet in großem Maß auch eine soziale und gesellschaftliche Funktion.
Steinbach: Absolut! Besondere Momente in meiner Arbeit erlebte ich immer in Situationen, in denen ich gemerkt habe, dass die Musik gerade zum Beispiel eine Eltern-Kind-Bindung unterstützt, dass ein demenzerkrankter Mensch aufblüht und strahlt, wenn man mit ihm musiziert, oder wenn beim gemeinsamen Musikmachen plötzlich kulturelle oder sprachliche Barrieren überwunden werden. Das sind sehr beglückende Erfahrungen und man weiß genau, wofür man diesen Beruf gewählt hat und so liebt!
Weitere Informationen über EMP an der HfM Mainz finden Sie unter www.emp.hfm-mainz.de