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Der Rat für deutsche Rechtschreibung tritt heute in Mannheim zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Die Gründung des Rates war im Oktober endgültig beschlossen worden. Das Gremium soll zunächst mögliche Änderungen der derzeit gültigen Rechtschreibregeln vorschlagen, sodass sie zum 1. August 2005 umgesetzt werden können. Dann tritt die Rechtschreibreform endgültig in Kraft.
Mannheim (ddp-bwb). Künftig soll der Rat nach Angaben der Kultusministerkonferenz (KMK) «die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum bewahren». Er soll «die Entwicklung der Schreibpraxis beobachten und die Rechtschreibung im notwendigen Umfang weiterentwickeln». Zum Vorsitzenden wird auf Vorschlag der KMK voraussichtlich der ehemalige bayerische Kultusminister Zehetmair(CSU) gewählt. In seinem Amt als Vorsitzender des neuen Rates für deutsche Rechtschreibung will er «die deutschsprachigen Menschen mit der Rechtschreibung versöhnen». Er hoffe, dass man sich dazu bis zum In-Kraft-Treten der Reform auf einen vernünftigen Mittelweg einigen werde, sagte Zehetmaier der Nachrichtenagentur ddp in München.Zehetmaier erteilte im Vorfeld seiner Wahl den «Extremisten» unter den Rechtschreib-Experten eine Absage. Seine Partner seien weder diejenigen, die sich für eine totale Rückkehr zur alten Rechtschreibung einsetzten, noch diejenigen, die auf das bisherige Ergebnis beharrten.
«Ganz offensichtliche Unebenheiten sind zu glätten», betonte der ehemalige Kultusminister. So müssten unter anderem die Groß- und Klein- sowie die Auseinander- und Zusammenschreibung logisch geregelt werden. Auch die Interpunktion müsse so gesetzt werden, dass Texte gut lesbar seien. Die vorgesehene Eindeutschung bezeichnete er als übertrieben.
Zehetmair zufolge wurde von den Rechtschreibreformern bisher der Fehler gemacht, sich zu sehr auf die Schreibenden zu konzentrieren. Man müsse sich jetzt mehr den Lesern zuwenden, betonte der designierte Ratschef. Als erstes will er verschiedene kleinere Arbeitsgruppen bilden, in denen strittige Punkte diskutiert und geklärt werden.
Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat bereits Kritiker gefunden. So sieht der Vorsitzende des Verbandes deutscher Schriftsteller, Fred Breinersdorfer, den Rat mit großer Skepsis. Er habe keine Erwartungen an das Gremium, sagte der Autor der Nachrichtenagentur ddp am Freitag. «Ich hätte die Sitzung lieber auf Rosenmontag gelegt, da passt sie besser hin als vor Weihnachten. Jetzt bekommt das Ganze etwas Feierliches. Das ist nach diesen Pleiten, Pech und Pannen nicht angemessen», sagte der Schriftsteller.
Der Rat sei viel zu groß, kritisierte Breinersdorfer. Bei solch großen Gremien komme nichts raus. Zudem glaubt er, dass die Rechtschreibreform auch weiterhin Flickwerk bleibe. Dem Rat fehle der Reformmut. Er hätte eine Kommission mit fünf oder sechs «mutigen Experten» und «vielleicht noch zwei Schülern» bevorzugt. Außerdem hätten Politiker in der Rechtschreibung «nichts zu suchen», sagte der Vorsitzende des Schriftstellerverbandes.
Es müsse eine radikale Reform geben, «die auch weh tut», forderte Breinersdorfer zugleich. Er plädiert für eine «gemäßigte Kleinschreibung», die groß geschriebene Wörter nur am Satzanfang oder bei Eigennamen zulässt.