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«Uckermärkische Musikwerkstatt» - Aus Not eine Tugend gemacht

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Als Antwort auf die Entlassung sämtlicher Musikschullehrer der uckermärkischen Kreismusikschule bestreiten jetzt Studenten und Professoren der UdK Berlin an der Angermünder Musik- und Kunstschule die erste «Uckermärkische Musikwerkstatt».

Angermünde (ddp-lbg). Von Brahms bis Kodaly reicht die Palette der Komponisten, deren kammermusikalische Werke gegenwärtig von Studenten der Berliner Universität der Künste in Angermünde einstudiert werden. In den Räumen der Angermünder Musik- und Kunstschule sowie in einem der Pfarrhäuser am Kirchplatz herrscht ein nahezu babylonisches Gewirr aus Geigentönen, Bassbrummen und klagenden Oboen.

Drei Professoren der Universität der Künste und ihre Studenten haben ihren Unterricht für eine Woche nach Angermünde verlegt. Sie bestreiten hier die erste «Uckermärkische Musikwerkstatt» gemeinsam mit Lehrern und Schülern der Musik- und Kunstsschule. Neben gemeinsamen Proben stehen in dieser Woche drei Konzerte und Unterrichtsstunden für Musikschüler auf dem Programm.

"Der Grund für diese willkommene Hilfe ist eigentlich ein politischer», berichtet der Vereinsvorsitzende der Angermünder Musikfreunde e.V., Dietrich von Buch. Der Verein hatte im Sommer die Musik- und Kunstschule als Reaktion auf die Kündigung von Musiklehrern bei der Kreismusikschule Uckermark ins Leben gerufen.

«Wir waren der Meinung, dass eine qualitativ hochwertige Musikschulausbildung durch diese Kündigungen in Gefahr gerät. Die Lehrer sollten nur noch auf Honorarbasis arbeiten. Auf diese Weise kann man eine Musikschule mit all ihren fächerübergreifenden Projekten nicht führen. Wir gründeten ohne Hilfe des Kreises eine eigene Schule», berichtet von Buch.

Uwe Martin Haiberg, Professor an der Universität der Künste, erfuhr im Radio von diesen Vorgängen und beschloss spontan, den Angermünder Musikfreunden zu helfen. «Er rief noch während der Sendung, in der das Interview mit uns lief, beim Sender an und verabredete ein Treffen mit uns. Und so kam diese Werkstatt zustande», erinnert sich von Buch. «Haiberg sagte uns, dass er ohnehin schon lange mit dem Gedanken gespielt habe, etwas für die Musikschulen des Landes zu tun. Denn diese legen die Grundlage für die universitäre Ausbildung», sagt von Buch.

Von der Werkstatt, davon ist von Buch überzeugt, werden alle Teilnehmer profitieren. Für die Studenten und Professoren ist es zunächst ein besonderes Erlebnis, Unterricht außerhalb der Universitätsmauern zu haben. Die Studenten können zudem bei den Unterrichtsstunden mit Angermünder Musikschülern sehen, wie Musikschulalltag in der ländlichen Tiefe Brandenburgs funktioniert. «Und unsere Musikschüler lernen neue künstlerische Handschriften und Anforderungen kennen», sagt von Buch.

Möglich wurde diese Woche nicht zuletzt Dank des ehrenamtliches Engagements aller Beteiligten. Die Professoren verzichten auf Honorare und bezahlen ihre Übernachtungskosten selbst. Die Studenten wohnen kostenfrei bei Gastfamilien. «Und es gab natürlich jede Menge Sponsoren, die geholfen haben», fügt von Buch hinzu. Wenn die Studenten und Musikschüler am Freitagnachmittag auf dem Gut Kerkow bei Angermünde zum Abschlusskonzert zusammentreffen, werden es seiner Überzeugung nach mehr als nur Notensätze sein, die die Spielenden miteinander verbinden.

Juliane Sommer

Zusatz-Info:
Die Entlassung sämtlicher Musikschullehrer der uckermärkischen Kreismusikschule und ihre Herunterstufung auf billiger bezahlte Honorarkräfte hatte im vergangenen Jahr eine Reihe von Protesten hervorgerufen. Der Landesmusikschulverband kündigte an, dem Landkreis die Musikschul-Landesförderung zu streichen. Dagegen hat der Landkreis Klage erhoben.

In der Region Angermünde gründete sich mit der Musik- und Kunstschule eine auf Vereinsträgerschaft basierende freie Musikschule, die seit dem Sommer in direkter Konkurrenz gegen die Kreismusikschule antritt. Diese unterhält in Angermünde nach wie vor noch eine Außenstelle, in der Honorarkräfte ebenfalls Musikunterricht anbieten.