Banner Full-Size

Von Schnarchnasen, härterer Gangart und Stoiber-Kompromissen

Autor
Publikationsdatum
Body

Im Streit um die Rechtschreibreform werden die Töne zunehmend schärfer. FDP-Chef Guido Westerwelle und CDU-Vize Christoph Böhr forderten am Wochenende die Abschaffung der Kultusministerkonferenz. Peer Steinbrück (NRW) will die Reform halten. Bayerns Stoiber dagegen sucht nach "Kompromissen". Es herrscht eine babylonische Sicht der Dinge - die Föderalen im destruktiven Dialog.

Böhr appellierte an die Ministerpräsidenten der Bundesländer, zu einer einheitlichen Haltung zu gelangen. Die Ministerpräsidentenkonferenz wird sich vom 6. bis 8. Oktober mit dem Thema befassen.
Westerwelle nannte die Kultusministerkonferenz ein «Bremser-Gremium», das aufgelöst gehöre, «lieber heute als morgen». Das «schnarchnasige» Gremium habe sich mit Hunderten von Beamten zehn Jahre lang «mit der intellektuell erhebenden Frage beschäftigen, ob man Flanelllappen mit zwei oder drei l schreiben soll; aber gleichzeitig bekommt sie weder die Verkürzung der Ausbildungszeiten noch den gravierenden Unterrichtsausfall in den Griff», bemängelte Westerwelle.
Böhr unterstrich, die großen Zukunftsaufgaben der Bildungspolitik seien «mit diesem Gremium nicht zu lösen». Das habe die Rechtschreibreform überdeutlich gezeigt. «Wenn es der Kultusministerkonferenz nicht gelingt, Struktur und Arbeitsstil von Grund auf zu verändern, muss sie aufgelöst werden», warnte er. Von den Ministerpräsidenten verlangte Böhr, einer Rückkehr zu den alten Regeln im Zweifelsfall zuzustimmen. «Wenn klar ist, dass eine Mehrheit der Ministerpräsidenten die Rechtschreibreform nicht aufrecht erhalten will, dann müssen auch die anderen mitziehen und den Weg frei machen», sagte Böhr. Er erkennen keinen Sinn darin, dass Kinder Rechtschreibregeln lernen müssen, die sich in einem täglich größer werdenden Teil der Zeitungen und Zeitschriften nicht wiederfänden.
Dagegen sprach sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) klar gegen eine Aufhebung der Rechtschreibreform aus. Auf der Ministerpräsidentenkonferenz werde er sich «mit Nachdruck» gegen eine Rückkehr zur alten Orthographie einsetzen. Dies würde die Verwirrung «nur noch steigern». Die Kritiker der Reform interessierten sich auch «erschreckend wenig» für das Wohl der Kinder, die bereits seit Jahren «problemlos» die neuen Regeln lernten.
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hatte die Rechtschreibreform nach eigenen Angaben auf die Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz gesetzt. Er unterstrich, spätestens seit der Entscheidung der großen Verlagshäuser seien die bisherigen Beschlüsse zur Rechtschreibreform gescheitert. Die Politik müsse jetzt einen Kompromiss bis Mitte 2005 finden. Dabei sollte geprüft werden, welche Elemente der neuen Rechtschreibung sich bewährt hätten und wie weit zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt werden solle, schlug Stoiber vor.
Autor