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In Dorf Mecklenburg hat sich an der «Tisa von der Schulenburg»-Schule eine Bläserklasse etabliert. Sie gehört zu einem Projekt der Firma Yamaha, die deutschlandweit bereits 1200 Bläserklassen an rund 650 Schulen unterstützt.
Dorf Mecklenburg (ddp-nrd). Wenn die Schüler der 5. Klasse der «Tisa von der Schulenburg»-Schule in Dorf Mecklenburg mittwochs den Unterricht beginnen, legen sie keine Schreibhefte, Taschenrechner oder Lesebücher auf die Bänke. Denn dann stehen für die Zehn- und Elfjährigen Klarinette, Waldhorn, Trompete, Posaune oder Euphonium auf dem Stundenplan. In kleinen Gruppen lernen die Schüler neben dem Instrumentenspiel auch Notenlesen und etwas Musikgeschichte. Die Bläserklasse an der kommunalen Schule ist eine von derzeit drei im Land. Deren Zahl soll weiter steigen.
«Derzeit gibt es bereits 30 Anmeldungen für das kommende Schuljahr», sagt Musiklehrerin Undine Wolff, daher rechne sie mit zwei weiteren Klassen allein an ihrer Schule. In der Zwischenzeit beginnen Lara, Jule, Denise, Ina, Anne und Annkatrin, ihre Querflöten zu stimmen. «Zum Warmwerden» lässt Wolff die Tonleiter intonieren. Doch sie muss die sechs stürmisch aufspielenden Damen bremsen. «Sonst verausgaben sie sich zu schnell und ihnen wird schlecht», erklärt die Lehrerin.
»Bundesweit unterstützen wir etwa 1200 Bläserklassen an rund 650 Schulen - zumeist in der Klassenstufe 5«, sagt Gernot Breitschuh, Referent für Schulmusik bei der Firma Yamaha. Begonnen habe das Projekt, als vor etwa 13 Jahren ein Lehrer das Unternehmen fragte, ob dieses sich eine praktische Zusammenarbeit mit Schulen vorstellen könne. Seitdem wurden Ausbildungskonzepte für Pädagogen entwickelt, Lehrhefte gedruckt und regelmäßig Seminare organisiert, erläutert Breitschuh. Bedingung für die Einrichtung der Klassen sei aber auch die Kooperation mit lokalen Musikschulen.
Sie habe durch einen Musikpädagogen von dem Projekt erfahren, sagt Wolff. Nach den Schulungen sei die Bläserklasse in Kooperation mit der Musikschule Wismar zu Beginn des aktuellen Schuljahres eingerichtet worden. Anfangs seien sie und ihre Kollegen skeptisch gewesen, erzählt sie. Doch die Kinder seien begeistert bei der Sache. «Sie sind zudem konzentrierter, ausgeglichener und lernen, einander zuzuhören», sagt Wolff. Die Schüler der Bläserklasse seien wie ausgewechselt, hätten such Kollegen bestätigt. Lediglich das Singen komme nun im Unterricht etwas zu kurz, sagte Wolff.
Für den Diplom-Trompeter Breitschuh ist der Instrumenteneinsatz im Unterricht selbstverständlich. «Schwimmen lernt man doch auch nur im Wasser», sagt er. Die »großen" Instrumente seien für die Kinder auch sehr viel spektakulärer, «gerade für Jungs ist die Blockflöte irgendwann einfach zu langweilig.» Andererseits sei ihr Lieblingslied nach wenigen Wochen Blasorchester plötzlich «Hänschen Klein».
Ganz uneigennützig agiere der weltweit größte Instrumentenhersteller natürlich nicht, räumt Breitschuh ein. Bläserklassen erhielten für Instrumente der Firma Sonderkonditionen bei den Händlern und eine zweijährige Versicherung. Zudem würden Lernhefte mit CDs und Notengutscheine gestellt. Nach zwei Jahren enden die Bläserklassen. Doch nahezu jeder zweite Schüler bleibt laut Breitschuh beim Musizieren. Böten die Lehrer darüber hinaus frühzeitig Perspektiven zum weiteren Musizieren, erhöhe sich die Quote mitunter auf über 80 Prozent. In beiden Fällen seien dann neue Instrumente nötig.
Wolff hofft, dass auch das örtliche Blasorchester einmal vom Nachwuchs profitiert. Dafür habe die Gemeinde den Instrumentensatz der Schule mit 20 000 Euro vorfinanziert, sagt sie. Die Eltern würden mit 30 Euro im Monat das Darlehen zurückzahlen. Die Instrumente könnten die Kinder zum Üben mit nach Hause nehmen.
Die sechs Mädchen üben weiter Tempowechsel, variieren Lautstärke und proben mit konzentriertem Blick auf das Notenblatt schwierige Griffe auf den Querflöten. Zwischendurch spielt Wolff selbst die zweite Stimme eines Kanons. Am Ende der Schulstunde packen die Mädchen sorgfältig ihre Instrumente ein. Aus einem anderen Raum wuchtet eine zierliche Klassenkameradin mit beiden Händen ihr Euphonium über den Schulflur. Wolff lächelt. «Sie lässt sich ungern beim Tragen helfen.»