Seit 2008 veranstaltet die Körber-Stiftung gemeinsam mit der Elbphilharmonie GmbH Hamburg nunmehr zum dritten Mal das Symposium „The Art of Music Education“ unter der Überschrift „Creating mindsets for Concert Halls“. In Sichtweite zur Baustelle der Elbphilharmonie stellten sich Ende Januar in den Räumlichkeiten der Körber-Stiftung Intendanten von Konzerthäusern gemeinsam mit Musikvermittlern den Zukunftsfragen der internationalen Kulturlandschaft.
Man darf wohl sagen, dass es nicht zuletzt dieser Veranstaltungsreihe zu verdanken ist, dass Musikvermittlung in Konzerthäusern mehr und mehr zur Chefsache wird und nicht nur ein hübsches Beiwerk bleibt. Erfreulicherweise wachsen die Ideen und Gedanken anscheinend schneller als die Gebäude.
Für die dritte Auflage des Symposiums hatten die Veranstalter mit der ECHO (European Concert Hall Organisation) einen guten Verbündeten gefunden, um die Zukunftsfähigkeit und das Wirken von Konzerthäusern auf europäischer Ebene kritisch zu hinterfragen. Dies zeigten nicht zuletzt das hohe internationale Interesse und die über 150 Teilnehmer aus 17 Nationen. Unter dem Leitspruch „Energy through Synergy“ stellte das Symposium das Zusammenwirken von verschiedenen Akteuren in den Mittelpunkt der Überlegungen. Ausgehend von einer Bestandsaufnahme ging es über die Präsentation von best-practice-Beispielen aus ganz Europa und gemeinsamen Diskussionen bis zu Überlegungen, welche Arten von Partnerschaften, Patenschaften und Lobbyismus sowohl auf politischer Ebene als auch in der Beziehung zum Publikum zukünftig verstärkt geknüpft werden könnten und müssten.
Die von der ECHO initiierte Bestandsaufnahme von Vermittlungsaktivitäten europäischer Konzerthäuser bildete den thematischen Kern des Auftakttages. 20 große europäische Konzerthäuser wurden im Rahmen der Studie zu Inhalten, Organisation und Qualität ihrer Vermittlungsaktivitäten befragt. Die Vielzahl unterschiedlicher Vermittlungsangebote zeigte, wie different die Ziele der einzelnen Häuser gesteckt sind. Sie eint, dass die meisten von ihnen in den letzten Jahren vermehrt Anknüpfungspunkte mit anderen lokalen öffentlichen Institutionen etablieren konnten. Neben der Studie zeigte Otto Schily in seinem Vortrag (siehe auch unten stehende Meldung) die hohe Bedeutung der Teilhabe an Musik für die Persönlichkeitsentwicklung der Menschen in Europa. Erfolgreich war dieser Auftakttag ob des prominenten Redners in besonderem Maße, weil neben dem Fachpublikum auch zahlreiche überregionale Medien den Weg ins Körber Forum gefunden hatten.
Die dreizehn am zweiten Tag vorgestellten internationalen best-practice-Beispiele gewährten einen Einblick in die unterschiedlichen Vorgehensweisen und Zielsetzungen europäischer Akteure. Vielen Referenten gelang es dabei nicht, über die Projektbeschreibung hinaus, vertiefende Strukturen der Projekte und potenzielle Synergieeffekte zu verdeutlichen. Genau dies scheint aber zunehmend notwendig zu werden, denn schließlich werden best-practice-Beispiele in dem Moment bedeutsam, in dem eine Übertragbarkeit möglich wird. Für die interessierten Tagungsbesucher wäre es umso beispielhafter gewesen, die Strukturen der einzelnen Projekte zumindest in Ansätzen noch deutlicher erkennbar werden zu lassen. Schließlich sind Ausgangsbedingungen, Schwierigkeiten, Erfolge und eben auch Partnerschaften, Kooperationen und politische Verbündete für das Gelingen eines Projektes häufig von größerer Bedeutung als die gute Ausgangsidee. Um dies zu veröffentlichen, bedarf es allerdings Mut und das gegenseitige Vertrauen, das zum gemeinsamen Lernen und Wachsen notwendig ist. Ein Indikator hierfür wäre das gemeinsame Suchen nach Lösungen von Problemen und das gegenseitige Eingestehen von Fehlern gewesen. Diese Offenheit und Transparenz war in den vielen persönlichen Begegnungen während des Symposiums durchaus zu spüren, und es bleibt zu hoffen, dass eine solch kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Tun in den nächsten Jahren auch den Weg auf das „offizielle“ Podium findet.
Aus dem großen Fundus vermeintlicher Vorbilder ragte die Präsentation von Katherine Zeserson, Leiterin der Abteilung Learning and Participation bei „The Sage Gateshead“, heraus, die neben den von ihr vorgestellten Projekten eine tiefe Begeisterung und fachliche Reflexion mit den Zuhörern teilte. Sie zeigte, wie integratives Denken und Handeln ein Konzerthaus weit über die Konzertveranstaltungen hinaus zum kulturellen Mittelpunkt einer Region machen, Menschen zusammenbringen und Musik feiern können.
Während der methodisch für Abwechslung sorgenden Kultur-Cafés am Nachmittag und deren Auswertung am kommenden Morgen zeigten sich dann hier und da auch einige Ansätze, die projektübergreifend gedacht waren und in die Zukunft weisen könnten. Die allgemein gehaltenen Fragen waren dabei thematisch allein auf das Interesse von Konzerthäusern zugeschnitten. Neben der Frage der Vermittlung von musikalischer Qualität und der Notwendigkeit von Konzerthäusern für alle, wurde über die Frage der Möglichkeiten und Grenzen der vermittelnden Arbeit außerhalb des Konzerthauses und Lobbying angeregt diskutiert.
Wirklich innovative Gedanken und Impulse zeigten sich am letzten Vormittag von Referenten, die nur am Rande mit dem Kerngeschäft der Musikvermittlung zu tun haben. Wie spannend und abwechslungsreich interdisziplinäres Forschen rund um die Musik sein kann, zeigte Tod Machover, Professor am Media Lab des MIT, mit beeindruckenden Technologien zur Publikumsbeteiligung. An der Schnittstelle zwischen Technik und Kunst präsentierte er einige seiner Forschungsprojekte, die das Zuhören verändern können. Die Schnittstelle zwischen Politik und Kultur beleuchtete im Anschluss Béla Anda, ehemaliger Chef des Bundespresseamtes, indem er einen Einblick in das „Agenda Setting im Politikbetrieb“ gab. In diesem Vortrag wurde deutlich, in welch hohem Maße eine Professionalisierung der Lobbyarbeit und Kommunikation bereits in naher Zukunft notwendig sein wird, um weiterhin relevante Themenfelder im Kulturbetrieb besetzen zu können. In der Zusammenschau machten die Vorträge deutlich, wie vielschichtig die Themengebiete sind, in denen Antworten auf die aktuellen Fragen der Musikvermittlung gesucht werden können. Sie machen Lust auf mehr und gebieten allen Akteuren, sich zukünftig noch weiter zu öffnen.
Während des Symposiums wurde vielfach deutlich, dass die meisten strukturellen Überlegungen, die notwendige Voraussetzung für das Sprechen und Nachdenken über Synergieeffekte sind, gerade erst im Anfang begriffen sind. Es gehört zum Wesen eines guten Symposiums, Fragen aufzuzeigen und Felder zu erschließen, die nun im Nachklang beackert werden müssen. Die Suche nach Antworten wird nach dem dritten Symposium beflügelt durch das gute Gefühl, in einer starken Community zu arbeiten und gemeinsam auf dem Weg zu sein. Viele persönliche Begegnungen und die interdisziplinären Impulse des dritten Tages schüren die Vorfreude auf Vol. IV, V & VI in den kommenden sechs Jahren.