Das Bruckner Orchester Linz wird in der Saison 2002/2003 als erstes österreichisches Orchester und als eines der ersten Orchester im deutschsprachigen Raum ein eigenes „Education Department“ bekommen. Wie kam es dazu und worum geht es beim „Education Department“ eigentlich? Welche Voraussetzungen waren notwendig und was bedeutet das Education Department für das Orchester und seine Musiker? Im folgenden Artikel soll der bis heute beschrittene Weg nachgezeichnet werden.
Das Bruckner Orchester Linz wird in der Saison 2002/2003 als erstes österreichisches Orchester und als eines der ersten Orchester im deutschsprachigen Raum ein eigenes „Education Department“ bekommen. Wie kam es dazu und worum geht es beim „Education Department“ eigentlich? Welche Voraussetzungen waren notwendig und was bedeutet das Education Department für das Orchester und seine Musiker? Im folgenden Artikel soll der bis heute beschrittene Weg nachgezeichnet werden. Die anlaufende Saison 2002/2003 markiert im Bruckner Orchester Linz einen Neubeginn: Den Start von Dennis Russell Davies’ Zeit als neuem Chefdirigenten. Vom gesamten Orchester wird das naturgemäß mit erwartungsvoller Spannung aufgenommen, immerhin verbergen sich dahinter vielfach neue Chancen, die es zu nützen gilt. Genannt werden die Konzentration auf musikalische Qualität, das „Ernstgenommenwerden“ als Musiker/-in, die internationale Reputation und natürlich die spannenden Programme, die der neue Chef mitbringt.Mit einem Wort: es herrscht Aufbruchstimmung im Orchester. Und die spürt man auch beim Publikum, das gespannt auf die neue Saison und das neue Programm wartet.Das Bruckner Orchester Linz ist ein Berufsorchester mit 110 Vollzeit beschäftigten Musikern und Musikerinnen. Aufgrund seiner Doppelfunktion als Konzert- und Opernorchester ist das Bruckner Orchester mit rund 50 Konzerten und 200 Opernvorstellungen pro Saison durchaus vielbeschäftigt. Rein pragmatisch gesehen könnte man deshalb meinen, die Musiker/-innen wären mit diesem Arbeitsprogramm eigentlich ausgelastet und wohl nur schwer für neue Ideen zu begeistern.
Für Albert Landertinger, seit 18 Jahren als Musiker auf dem Podium und mit dem Orchester somit bestens vertraut, hat sich trotz allem über die Jahre hinweg immer mehr das Bewusstsein entwickelt, dass in der „klassischen“ Konzertpräsentation nicht mehr „alles von selbst läuft“. Abseits der Abonnementkonzerte bleiben Sitzplätze leer und die „klassische Musik“ – also ein Hauptbetätigungsfeld von Orchestermusikern und -musikerinnen – wird in der breiten Öffentlichkeit immer noch als elitäre und gewissermaßen auch unerschwingliche Angelegenheit angesehen. Und das obwohl die Programme, die gespielt werden, wirklich zu begeistern vermögen, berühren und einen wunderschönen Abend vermitteln könnten. Es scheint also, dass die direkte Kommunikation mit dem (zukünftigen) Publikum notwendig wird, um dadurch die eigene Arbeit besser verständlich zu machen. In der Zwischenzeit ist Albert Landertinger im neuen Education Department des Orchesters für die inhaltlichen Belange und die Methodenentwicklung zuständig. Wie kam er dazu?
„Im Rahmen meines Soziologiestudiums, das ich neben meiner Orchestertätigkeit betreibe, beschäftige ich mich mit dem Bruch, der durch die Bevölkerung geht, wenn das Wort „klassische Musik“ erwähnt wird. Im Zuge einer Recherche bin ich auch auf neue Methoden der Musikvermittlung gestoßen, wo es nicht mehr nur um Wissensvermittlung bezüglich eines bestimmten Musikstückes ging, sondern wo das Selbsterleben von Musik, das eigene Tun und Probieren im Vordergrund stand. Diese Ansätze haben wunderbar an meine eigenen Erfahrungen angeknüpft, wonach es tatsächlich möglich ist, Menschen aus einem musikalisch nicht vorgeprägten sozialen Hintergrund für Klassik zu begeistern. Eben durch persönliche Kontakte mit Musikern und Musikerinnen und durch die Möglichkeit das Musikmachen auch selber zu erfahren.“
Der Wunsch, als Musiker/-in etwas für das Publikum zu tun und die (musikalische) Kommunikation abseits des üblichen Austauschs zwischen Podium und Publikum zu verbessern, war also im Orchester durchaus vorhanden. Die Ernennung von Dennis Russell Davies zum neuen Orchesterchef kam da gerade recht. Herr Davies ist als Amerikaner nicht nur längst mit den vorbildhaften Vermittlungsprogrammen der angloamerikanischen Orchester vertraut. Er war selber im Rahmen von „LinkUp“, einem Musikervermittlungsprogramm der Carnegie Hall in New York, aktiv als Musikvermittler tätig.
Neben Dennis Russell Davies ist außerdem Dr. Heribert Schröder, langjähriges Vorstandsmitglied der Jeunesses Musicales Deutschland, zum Bruckner Orchester Linz gestoßen. Für Herrn Schröder ist Musikvermittlung im Orchester nach britischem Vorbild ebenfalls ein wesentliches Anliegen. Aus dieser Konstellation heraus und dem Willen der Verantwortlichen in Oberösterreich ist es nun gelungen, die anfängliche Idee eines eigenen Education Departments für das Bruckner Orchester bereits in der angelaufenen Saison zu verwirklichen.
Auf welches Know-how stützt sich das Department? Mit der wertvollen Unterstützung durch Dennis Russell Davies und Heribert Schröder im Hintergrund kam es noch im Dezember 2001 zum Kontakt zwischen Albert Landertinger und DI Johanna Möslinger vom Österreichischen Kultur-Service. Frau Möslinger war dort unter anderem für den Bereich Musikvermittlung in österreichischen Schulen zuständig und leitete darüber hinaus „ÖKS. Moment! Musik“, ein umfassendes Projekt für zeitgenössische Musikvermittlung. Ihr deklarierter Schwerpunkt lag aber im Bereich Musikvermittlung im Orchester. Aus diesem Kontakt ergab sich bald eine Zusammenarbeit zwischen Johanna Möslinger und dem Bruckner Orchester Linz in Bezug auf die Konzeption und die Organisationserfordernisse eines möglichen Education Departments. Im neugegründeten Education Department wird sie für die Organisation und den öffentlichen Auftritt zuständig sein.
Im Zuge der Planungsphase testete Albert Landertinger gemeinsam mit anderen Orchestermusikern und -musikerinnen unterschiedliche Workshop-Settings zur Konzertvorbereitung an Schulen. Zusätzliche Impulse erhielt er dabei bei der Fachtagung der Jeunesses Musicales Deutschland in Heek, wo auch der Kontakt zu Paul Rissmann und zu Ursula Heidegger vom Royal Scottish National Orchestra geknüpft wurde. Die in der Zwischenzeit gewonnenen Erfahrungen ließen bei allen Beteiligten den Glauben und die Überzeugung an das Projekt sprunghaft steigen. Und das mit gutem Grund: Mittlerweile ist die Planungsphase abgeschlossen. Am 15. Oktober wird das Department und alle damit verbundenen Maßnahmen in Linz der Presse vorgestellt.
Zum Abschluss nochmals ein Zitat von Albert Landertinger, das auf den Punkt bringt, welcher entscheidende Einfluss dem neuen Chefdirigenten des Orchesters in der Sache „Education Department“ zukommt:
„Als Orchestermusiker erlebt man nicht oft diese Aufbruchstimmung, die im Bruckner Orchester zur Zeit durch die Bestellung von Dennis Russell Davies herrscht. Viele meiner Kollegen empfinden das ganz ähnlich wie ich. Das ist auch der Grund, weshalb das Projekt ,Education Department’ den größten Zuspruch von meinen Kollegen und Kolleginnen erfährt.
Und getragen werden muss ein ,Education Department’ von den einzelnen Orchestermusikern, die ja selbst als Vermittler ihrer Musik auftreten werden.“