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1. Über die Einführung des Verfahrens PRO zur Ermittlung der Aufführungsziffern der Werke in Live-U-Musikveranstaltungen der GEMA wurden die GEMA-Mitglieder frühzeitig und rechtzeitig informiert. Die Beschwerden über eine angebliche Nicht-Information der Mitglieder sind unzutreffend.
Bereits im Bericht des Vorstands zur Mitgliederversammlung 1997 wurden Verbesserungsmaßnahmen betreffend die Erfassung und die Auswertung von Programmen von U-Musik angekündigt. Unter Tagesordnungspunkt 37 der rechtzeitig versandten Tagesordnung der GEMA-Generalversammlung 1998 wurden präzise und klar gefaßte Erläuterungen zum Verfahren PRO (inklusive der Prognose möglicher Auswirkungen) gegeben; das dem Verfahren PRO zugrundeliegende Gutachten von Prof. Dr. Arminger wurde ebenfalls der Mitgliederversammlung schon in der Tagesordnung vorgelegt; in der Versammlung wurde sodann ein weiteres Gutachten von Prof. Dr. Fahrmeir vom Institut für Statistik der Ludwig-Maximilian-Universität München vorgelegt. Alle diese Erläuterungen und Ausführungen sowie die Fachgutachten wurden zudem im GEMA-Jahrbuch 1998/99 nochmals veröffentlicht; sie sind auch jederzeit in den GEMA Informationen im Internet verfügbar (www.gema.de).
2. Das Bestreben der GEMA war und ist es, im Interesse aller Mitglieder die tatsächlichen Aufführungszahlen mit der höchstmöglichen Genauigkeit zu ermitteln. Es werden aber – und dies ist eine seit Jahrzehnten gemachte Erfahrung – nur für zirka 1/7 aller U-Musikveranstaltungen Programme eingereicht, für etwa 6/7 aller Veranstaltungen liegen der GEMA keine Programme vor. Bislang wurde nun dieses Siebtel der belegten Veranstaltungen repräsentativ behandelt, das bedeutet die Programme wurden alle und vollständig ausgewertet und so behandelt, als stünden sie stellvertretend für alle Musikveranstaltungen. Es handelte sich also um eine einfache Hochrechnung, die zu dem Ergebnis führte, daß jedes Werk, welches in einem Programm nachgewiesen war, so verrechnet wurde, als ob es siebenmal aufgeführt worden wäre.
3. Diese „siebenfache“ Aufführungszahl trifft allerdings in vielen Fällen nicht zu, besonders dann nicht, wenn bei U-Musik-Veranstaltungen die Interpreten auch gleichzeitig die Urheber (Komponisten, Textdichter) der aufgeführten Werke sind. Diese belegen im durchaus berechtigten Interesse minutiös jede ihrer Aufführungen, das heißt sie melden 100 Prozent ihrer Werkaufführungen per Programm an. Dann tritt aber der oben genannte Effekt ein (mit sieben multiplizierte Aufführungszahl), weil durch das alte (eher holzschnittartige) Hochrechnungsverfahren diese Einzelwerke überrepräsentiert, die tatsächlich aber häufig gespielten Standardwerke mangels Programmeinreichung jedoch unterrepräsentiert sind.
4. Dieses unzutreffende Hochrechnungsverfahren konnte nicht beibehalten werden. Demgemäß hat der Präsident des Deutschen Patent- und Markenamtes in seinem Schreiben vom 3. Juli 1998 erklärt: „Vor diesem Hintergrund sehe ich keine Veranlassung, die Einführung des neuen Hochrechnungsverfahrens zu beanstanden; einen Verstoß gegen das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz vermag ich nicht festzustellen. Eine Beanstandung müßte im Gegenteil gegebenenfalls dann erfolgen, wenn die GEMA in Kenntnis eines verfügbaren besseren Systems an dem alten Hochrechnungsverfahren festhalten sollte.“
Demgemäß kann also die GEMA nicht mehr bei dem alten Hochrechnungsverfahren bleiben, sondern hat das entscheidend verbesserte Hochrechnungsverfahren PRO eingeführt. Dieses verbesserte Hochrechnungsverfahren ermöglicht es, daß die Werke künftig entsprechend der Häufigkeit abgerechnet werden, in der sie tatsächlich gespielt worden sind.
5. Das von den Mitgliedern der GEMA beschlossene System rechnet Aufführungen in der Sparte U nach einem für alle gleich geltenden Punktwert ab – ohne Berücksichtigung des jeweils erzielten Inkassos. Der Gesamtbetrag aller Einnahmen aus Veranstaltungen von Unterhaltungs- und Tanzmusik wird in Relation gesetzt zur Gesamtaufführungszahl aller Werke, das heißt die Einnahmen werden durch die Gesamtaufführungszahl aller aufgeführten Werke dividiert. Dies hat die wichtige Folge: alle Werke werden vom Punktwert her gleich behandelt.
6. Das Verfahren PRO bedeutet keine Änderung des von den Mitgliedern beschlossenen GEMA-Verteilungsplans. Die Aufsichtsbehörde hat wiederholt darauf hingewiesen, daß es zur Verbesserung der Erfassung von Aufführungszahlen keines Beschlusses der Mitgliederversammlung bedarf: „Die (...) Vorschrift der Ausführungsbestimmungen zum Verteilungsplan A der GEMA fordert die Ermittlung der tatsächlichen Aufführungszahlen; ein bestimmtes Hochrechnungsverfahren wird dort nicht vorgeschrieben. Vielmehr bleibt es danach der GEMA-Verwaltung überlassen, das am besten geeignete Verfahren auszuwählen und danach vorzugehen. Zur Einführung des neuen Hochrechnungsverfahrens halte ich deshalb eine Änderung des Verteilungsplan A nicht für erforderlich. (...)“ (Schreiben des Präsidenten des Deutschen Patentamtes vom 3. Juli 1998).
Eine Änderung des GEMA-Verteilungsplans wurde, den Ausführungen des Präsidenten des Deutschen Patentamtes folgend, daher auch nicht vorgenommen.
7. Eine richtige Abrechnung kann nicht unsozial sein. Zu den Auswirkungen des verbesserten Hochrechnungsverfahrens (siehe auch Punkt 1) führt der Präsident des Deutschen Patentamtes in seinem Schreiben vom 3. Juli 1998 aus: „Bei Einführung des neuen Verfahrens dürfte es nicht zu vermeiden sein, daß diejenigen der GEMA-Mitglieder, die von den Verzerrungen durch das bisherige Verfahren in der Weise profitiert haben, daß hinsichtlich ihrer Werke eine höhere als die tatsächliche Aufführungszahl errechnet wurde, gewisse Einbußen werden hinnehmen müssen. Dies kann jedoch aus der Sicht der Aufsichtsbehörde kein Grund dafür sein, ein teilweise verzerrendes System beizubehalten.“
8. Das neue Hochrechnungsverfahren PRO wendet sich keinesfalls gegen eine bestimmte Gruppe von Urhebern, wie so mancher beziehungsweise manche glauben machen will oder wollen. Es wendet sich überhaupt gegen niemand, weder gegen Rockmusiker noch gegen Karnevalisten, weder gegen kulturell Schaffende noch gegen im Chanson- oder Kabarett-Bereich Tätige. Das Verfahren PRO dient ausschließlich einer gerechteren Verteilung. Das interne Erfassungssystem der GEMA wurde insofern verbessert, als man anstelle des allzu einfachen Hochrechnungsverfahrens von früher nunmehr ein verbessertes gesetzt hat, das a) dem heutigen Stand der Statistik-Wissenschaft sowie b) damit der tatsächlichen Aufführungswirklichkeit entspricht.
Noch ein Wort zu den immer wieder geäußerten Beschwerden, daß die Abgabe und Weiterleitung von Musikaufstellungen an die GEMA von Musikveranstaltern häufig behindert oder gar verboten wird: Die GEMA kann nur Werke abrechnen, deren Aufführungen ihr auch gemeldet werden. Das (unter Umständen gerichtliche) Erzwingen der Abgabe von Musikprogrammen scheint in den allermeisten Fällen keine angemessene Maßnahme zu sein.
Selbstverständlich kann nach wie vor jedes GEMA-Mitglied seine eigenen Werke aufführen (wohlgemerkt aufführen, nicht nur aufschreiben). Das Verfahren PRO bewirkt aber, daß jetzt nicht mehr die einmalige Aufführung eines Werkes so abgerechnet wird, als wäre es mehrfach aufgeführt worden.
Von den Auswirkungen des neuen Hochrechnungsverfahrens PRO sind die Mitglieder der GEMA, auch die von der Mitgliederversammlung in den Aufsichtsrat gewählten Mitglieder, in gleicher Weise – positiv und negativ – betroffen.
Vorstand und Aufsichtsrat der GEMA