Musical als Wertung beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ über Pfingsten in Weimar: Da waren schon hohe Erwartungen im Spiel, sowohl von Seiten der Teilnehmer, der Organisation, aber auch der Juroren. Die „Ausbeute“ zeigte auf, dass der Start erfolgreich war. Auch wenn die Durchführung an alle Beteiligten völlig neue Ansprüche stellte.
Es ging schon los mit dem Wertungsprogramm, das als eine geschlossene Performance gefordert wurde, mit zwei Musical-Songs, einer Tanzimprovisation sowie dem Vortrag eines gesprochenen Monologs oder Dialogs aus einem Musical. Diese Anforderung entspricht zwar den Merkmalen eines Musicalsängers. Doch schon bei den Regionalwettbewerben in NRW sowie auf Landesebene und später beim Bundeswettbewerb zeigte sich, dass hier in den Ausbildungsmöglichkeiten der jungen Sängerinnen und Sänger noch große Lücken bestehen:
Einige der Sängerinnen und Sänger konnten auf diesem Gebiet bereits Hervorragendes leisten. Aber bei vielen fehlt es noch entweder an einer fachkundigen Ausbildung oder aber die Ausbildung selber war noch sehr kurz. Man darf allerdings nicht unterschätzen, dass gerade die jungen und noch entwicklungsbedürftigen Stimmen auch für den Bereich Musical eine sehr gute technische Basis benötigen. Hinzu kommt nach dieser Basisausbildung, die sich ja vom klassischen Gesangsunterricht zunächst kaum unterscheidet, erst in der späteren Phase eine spezielle Handhabung der Stimmregister, die die Stimme allerdings nach wie vor zum Singen und nicht zum Schreien führen soll. Aus diesem Gebiet wurde noch einiges verwechselt. Nur wenige Teilnehmer hatten schon wirkliche stimmliche Farben anzubieten, die die inhaltlichen Stimmungen der Texte wiederspiegelten. Aber gerade diese stimmlichen Farben und die Auseinandersetzung mit dem Text erweisen sich als überaus notwendig für den Musicalgesang.
Hier gab es eine Reihe von wirklich guten bis annehmbaren Leistungen, besonders bei den weiblichen Teilnehmern. Die Herren der Schöpfung hatten sich durch die Bank mit diesem Thema weitaus weniger beschäftigt. Nun wird ja in der Ausschreibung nicht eine ausgesprochen klassische Ballettausbildung von den Teilnehmern gefordert. Sie wäre allerdings sehr günstig und würde die weiterführenden Tanzformen wie Jazzdance, Step und auch den pantomimischen Ausdruckstanz, der sehr gerne vorgeführt wurde, unterstützen. Besonders hier fehlt es zum Teil noch an den entsprechenden Ausbildungsmöglichkeiten. Aber andererseits muss man sagen: Wer sucht, der findet.
Neben einigen Naturbegabungen auf diesem Sektor würde es den anderen sicherlich gut tun, hier eine fachliche Unterweisung zu bekommen, damit sie einerseits in ihrer Körper- und Gebärdensprache nicht zuviel machen und andererseits lernen, die Inhalte ihrer Texte und darzustellenden Situationen mehr von innen heraus zu erleben und darzustellen. Sehr wurde mit überflüssigen Gesten oder mit Bewegungen, die eher aus dem Showbusiness entlehnt waren, gearbeitet.
Die Gespräche der Teilnehmer mit der Jruy ergaben durchweg, dass alle hochmotiviert zu diesem Wettbewerb kamen und dass eine äußerst spontane Begeisterung für die Fachrichtung Musical bei den jungen Menschen vorhanden ist.
Das ist ein hocherfreulicher Tatbestand, der die Unterstützung von „Jugend musiziert“ verdient. Auch die Befürchtung, dass die Teilnehmer diesen Wettbewerb mit der Suche nach einem „Superstar“ verwechseln, trat nicht ein. Sie waren ihren gegenwärtigen Möglichkeiten entsprechend bestens vorbereitet. Die eben angesprochenen Punkte wurden auch in den Jurygesprächen erwähnt und als Tipp an die Teilnehmer weitergegeben. Überhaupt herrschte in diesen Gesprächen eine sehr große Offenheit. Die jungen Sängerinnen und Sänger waren zum größten Teil äußerst begierig zu erfahren, was sie noch unternehmen könnten, um ihre Leistungen zu verbessern. Der Gedanke Workshops zu besuchen, die sich mit den drei Sparten Gesang, Tanz und Schauspiel befassen, wurde sehr begierig aufgenommen. Es wäre in Zukunft auch eine Idee für „Jugend musiziert“, solche weiterführenden Workshops anzubieten. Auch die geplante Herausgabe einer Literaturliste für den Bereich Musical erscheint äußerst sinnvoll. Denn außer den gängigen Standardwerken sind viele Musicals den Teilnehmern anscheinend gar nicht bekannt. Zwar war es erfreulich, immer wieder Werke aus neueren Musicals wie beispielsweise „Mozart“ oder „Jekyll & Hyde“ zu hören. Das zeigt auf, dass diese Form der „zeitgenössischen Musik“ sehr intensiv angenommen ist. Aber der reiche Literaturschatz aus dem „klassischen Musical“ blieb weitgehend bei den Repertoireangaben außen vor, außer die unverwüstliche „My Fair Lady“. Dabei gäbe es noch viele interessante Werke wie „Annie get your gun“, „Kiss me Kate“ – um nur einige zu nennen. Hier würde die Literaturliste wirklich eine wichtige Lücke füllen und praxisgerechte Informationen geben.