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27.4.: theater und literatur aktuell +++ theater und literatur

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Opium für Ovid - Japanische Autorin startet Lesereihe in Chemnitz +++ Der Kabarettist Werner Finck wäre am 2. Mai 100 Jahre alt geworden +++ Mehr Infos zum neuen PEN-Präsidenten Johano Strasser

Opium für Ovid - Japanische Autorin startet Lesereihe in Chemnitz
Chemnitz (ddp-lsc). "Döner in Walhalla" heißt eine neue internationale Lesereihe ab Montag in Chemnitz. Dabei kommen vier preisgekrönte Schriftsteller ausländischer Herkunft zu Wort, die in Deutschland leben und in deutscher Sprache publizieren, wie der Verein Literaturbüro Chemnitz mitteilte.
Den Auftakt bildet eine Lesung der in Hamburg lebenden gebürtigen Japanerin Yoko Tawada. Sie stellt in der Neuen Sächsischen Galerie Auszüge aus ihren Büchern "Opium für Ovid. Ein Kopfkissenbuch für 22 Frauen", "Übersetzungen" und "Der Talisman" vor. Tawada erhielt 1990 den Förderpreis der Stadt Hamburg und 1994 den Lessing-Förderpreis. Darüber hinaus wurde sie 1993 mit dem bedeutendsten Literaturpreis Japans, dem Akutagawa-Sho-Preis, ausgezeichnet.
In den nächsten Wochen werden noch der Italiener Franco Biondi (27. Mai), der Tscheche Jaromir Konecny (6. Juni) sowie der Russe Vladimir Vertlib (12. Juni) aus ihren Werken lesen. Alle Autoren wurden mit dem Adalbert-von-Chamisso-Preis geehrt. Die Robert Bosch Stiftung zeichnet damit seit 1985 das deutschsprachige literarische Werk von Autoren aus, die nichtdeutscher Sprachherkunft sind, aus einer Einwandererfamilie stammen oder Deutsch in einem anderen Sprach- und Kulturraum erlernt haben.

Der Kabarettist Werner Finck wäre am 2. Mai 100 Jahre alt geworden
München (ddp). Um seinen 100. Geburtstag wird nicht viel Aufhebens gemacht - nicht in Görlitz, seinem Geburtsort, nicht in Berlin, Stuttgart oder München, seinen wichtigsten Wirkungsstätten. Dabei war der Kabarettist, Schriftsteller und Schauspieler Werner Finck einer der scharfzüngigsten und mutigsten Kleinkünstler, die Deutschland bislang hervorbrachte. Der "Meister der halben Sätze" bot selbst den Nazis die Stirn, weswegen er zeitweise ins KZ wanderte. Meilenweit entfernt war dieses Satire-Genie von jenen flachbrüstigen Komödianten, die heute die "Comedy"-Shows bevölkern, und statt dem Geist, wenn überhaupt, nur noch die Bauchmuskeln in Bewegung bringen. "Wer andere zum Lachen bringen will, muss ernst genommen werden", sagte Finck einmal.
Als Sohn eines Apothekers erblickte Finck in Görlitz das Licht der Welt. Früh schon zog es das kreative Allround-Talent auf die Bühne. Fick besuchte Gymnasium und Pädagogium, betätigte sich als Zeitungsvolontär und verbrachte mehrere Jahre als wandernder Märchenerzähler und Mitglied verschiedener Laienspieltruppen. Nach einem ersten Engagement als Schauspieler im niederschlesischen Bunzlau kam Finck 1929 in die pulsierende Metropole Berlin, wo er sich als Mitbegründer und Leiter des neu gegründete Kabaretts "Katakombe" rasch einen Namen machte. Parallel dazu veröffentlichte er jeden Sonntag zeitkritische Artikel im "Berliner Tageblatt" unter der Rubrik "Von mir aus...", was seine Popularität weiter förderte.
Die Nazis bereiteten den Finckschen Eulenspiegeleien 1935 ein Ende, als sie seine "Katakombe" schlossen und ihn selbst für kurze Zeit im Konzentrationslager Esterwegen internierten. Finck wurde mit einem einjährigen Berufsverbot belegt. Nach dieser Frist trat er ins Berliner "Kabarett der Komiker" ein, das 1939 seinerseits geschlossen wurde. Finks Ausschluss aus der "Reichskulturkammer" kam einer Brandmarkung und einem Berufsverbot gleich. Einer zweiten Verhaftung entging er wohl nur, weil er sich freiwillig zum Kriegsdienst meldete. Er kämpfte an mehreren Fronten für das Regime, das er verachtete, zuletzt in Italien. Im Herbst 1945 wurde Finck aus der Kriegsgefangenschaft entlassen.
Nach dem Krieg gründete der nimmermüde Künstler erneut ein Kabarett, die Stuttgarter "Mausefalle", die später nach Hamburg umzog. Auch im Nachkriegsdeutschland hörte er nicht auf, anzuecken. Seine politisch-satirischen "Rundfinck-Kommentare" im früheren NWDR, dem Vorläufer des Norddeutschen Rundfunks, brachten ihn zeitweise in Konflikt mit der Intendanz. Großen Erfolg hatten auch seine Bühnen-Shows mit Titeln wie "Am Besten nichts Neues" oder "Der brave Soldat schweigt", die er häufig allein bestritt. Mit letztgenanntem Programm kam er Anfang der 60er Jahre in Berlin, Hamburg und als Star an der legendären Münchner Lach- und Schießgesellschaft groß heraus. Zusammen mit Helmut Qualtinger gab er 1963 ein Kabarett-Gastspiel in New York; eine weitere USA-Tournee folgte 1968.
Immer häufiger schlüpfte Finck auch in Bühnenrollen. Er wirkte in etwa 50 Kino- und TV-Filmen mit, unter anderem in Rainer Werner Faßbinders gesellschaftskritischer Familienserie "Acht Stunden sind kein Tag". Im Wiener "Theater in der Josefstadt" war er auch als Polonius in Shakespeares "Hamlet" zu sehen. 1972 veröffentlichte er unter dem Titel "Alter Narr - was nun?" seine Autobiografie. Finck starb 1978 im Alter von 76 Jahren in München. Sein Leben lang hatte er den Spaß ernst genommen und sich aus Todernstem einen Spaß gemacht. Einer seiner vielen Aphorismen könnte auch sein Lebensmotto gewesen sein: "Wer lachen kann, dort wo er hätte heulen können, bekommt wieder Lust zum Leben."
Georg Etscheit

Mehr Infos zum neuen PEN-Prädidenten Johano Strasser
Darmstadt (ddp). Der Publizist Johano Strasser ist neuer Präsident des PEN-Zentrums Deutschland. Der 63-Jährige wurde am Freitag auf der Mitgliederversammlung der Schriftstellervereinigung in Darmstadt in das Amt gewählt. Strasser, bisher PEN-Generalsekretär, tritt die Nachfolge des im deutschen Exil lebenden iranischen Autors SAID an. Dieser kandidierte aus persönlichen Gründen nicht mehr für eine weitere Amtszeit.
Neuer Generalsekretär ist ist Wilfried F. Schoeller, der nicht nur als Autor, sondern vor allem durch seine Arbeit für das Fernsehen bekannt geworden ist. In das Präsidium wurden als Vizepräsidenten die in Köln lebende Autorin und Übersetzerin Karin Clark und der Berliner Autor Detlef Michel gewählt. Schatzmeister ist der in Mainz lebende Lyriker Sigfrid Gauch. Ferner gehören dem Präsidium sieben Beisitzer an.
Überschattet wurde die Tagung vom Tod der Vizepräsidentin des PEN-Zentrums Deutschland, Elsbeth Wolffheim. Die Publizistin starb in der Nacht zum Freitag, wie die Autorenvereinigung in Darmstadt mitteilte. Wolffheim, die zugleich Writers in Exile-Beauftragte des PEN war, wäre am selben Tag 68 Jahre alt geworden.
Bei der Wahl Strassers stimmten 67 Mitglieder mit Ja, 20 mit Nein, es gab 7 Enthaltungen, wie eine Sprecherin nach der Wahl mitteilte. Der Publizist und Politologe war seit der Vereinigung der beiden deutschen PEN-Clubs 1998 Generalsekretär des Zentrums.
Die Jahrestagung des PEN-Zentrums, zu der 150 Teilnehmer aus dem In- und Ausland angereist waren, startete am Mittwochabend unter dem Titel "Macht der Medien - Freiheit der Sprache" mit einer Lesung. Zum Abschluss am Samstag stehen unter anderem noch ein Übersetzer-Symposion und ein Writers in Prison-Abend "Für die Freiheit des Wortes" auf dem Programm, an dem unter anderen die Schriftsteller SAID und Johannes Mario Simmel teilnehmen.
PEN steht für Poets, Essayists, Novelists. Die internationale Schriftstellervereinigung, in den 1920er Jahren als literarischer Freundeskreis in England gegründet, ist heute weltweit in 134 Zentren organisiert.
Cornelia Krüger und Nathalie Waehlisch
(www.pen-deutschland.de)