Hauptrubrik
Banner Full-Size

28.6.: theater und literatur +++ theater und literatur

Publikationsdatum
Body

Bleibt Peymann? Intendant des Berliner Ensembles lässt Entscheidung weiter offen +++ Kleist-Festtage eröffnet: Hessische Autorin mit Nachwuchspreis geehrt

Bleibt Peymann? Intendant des Berliner Ensembles lässt Entscheidung weiter offen
Berlin (ddp). Ob Claus Peymann Intendant des Berliner Ensembles bleibt, ist weiter unklar. «Ich habe derzeit keine ruhigen Tage», sagte Peymann am Freitag in Berlin. Bis zum 31. Juli haben sowohl Berlin als auch der Theatermann als Vertragspartner die Möglichkeit, Einspruch einzulegen. Geschieht dies nicht, wird Peymanns Vertrag automatisch um drei Jahre verlängert. Sein derzeitiger Fünfjahresvertrag liefe Ende Juli 2004 aus.
Der Theaterchef macht allerdings sein Bleiben von einer «soliden Finanzierung» des Hauses abhängig. Alle vom BE bis 2004 selbst erzielten Überschüsse und Einnahmen müssten beim Theater verbleiben, forderte Peymann. Ein nicht ausreichend ausgestattetes Theater müsse pokern, «und das geht mit mir nicht», betonte Peymann. So wären langfristige Projekte wie etwa eine geplante Arbeit mit Regisseur Peter Zadek bei finanzieller Unsicherheit gefährdet. «Es kann also durchaus sein, dass ich Einspruch erheben muss», sagte Peymann. Als «Notausgang» erlaube es ihm der derzeitige Vertrag sogar, schon ab 2003 ohne Angabe von Gründen auszusteigen. Peymann betonte, er wolle «dem Haus nicht den Kopf wegnehmen», aber er klebe auch nicht an seinem Sessel.
Den von ihm angekündigten Verzicht auf rund 770 000 Euro (1,5 Millionen Mark) Subventionen aus Lotto-Mitteln nannte Peymann einen «mutigen Schritt». Dieser werde möglich durch den Erfolg des BE und sparsames Wirtschaften. Der Intendant bezifferte die Einnahmen des Hauses in der zu Ende gehenden Spielzeit 2001/2002 auf rund 2,7 Millionen Euro. 470 Vorstellungen wurden von rund 208 000 Zuschauern gesehen, was einer Auslastung von 87 Prozent entspricht.
BE-Besucher dürfen sich auf eine Neuerung freuen. Das Haus bekommt einen gläsernen Anbau unter dem Theaterbalkon auf der Spreeseite, kündigte Peymann an. Das Szenelokal soll «Haupteingang» heißen und ab 18 Uhr geöffnet sein. Der Bau werde vom Theater selbst finanziert.
Die neue Spielzeit wird am 28. August mit der Uraufführungs-Inszenierung von Peter Turrinis «Da Ponte in Santa Fe» eröffnet. Die Saloon-Variante des «Don Giovanni» wird von Peymann inszeniert und zuvor bereits zur Eröffnung der Salzburger Festspiele gezeigt. Zu den Mitwirkenden gehört auch Heribert Sasse. Edith Clever spielt und inszeniert die Uraufführung von Einar Schleefs «Gertrud». Mit einem Georg-Kreisler-Abend werde sich das BE ins Kabarett-Theater vorwagen, sagte Peymann. Regisseur Achim Freyer bringt Thomas Bernhards erstes großes Frühwerk «Ein Fest für Boris» heraus, Thomas Langhoff inszeniert Ibsens «Wildente».
Als «Beitrag zur Diskussion über gesellschaftliche Organisationsformen» will Peymann verstanden wissen, dass er am 15. Januar 2003, dem 84. Jahrestag der Ermordung Rosa Luxemburgs, Brechts «Die Mutter» (mit Carmen-Maja Antoni) auf die Bühne bringt. Regisseur Robert Wilson beginnt seinen am BE geplanten Büchner-Zyklus mit «Leonce und Lena» (mit Nina Hoss und Markus Meyer). Leander Haussmann will «Frühlingserwachen» inszenieren. Regisseur Philip Tiedemann werde sich dagegen zunächst vom BE verabschieden, sagte Peymann.
Cornelia Krüger

Kleist-Festtage eröffnet: Hessische Autorin mit Nachwuchspreis geehrt
Frankfurt (Oder) (ddp-lbg). Die hessische Dramaturgin Ulrike Syha erhält den Kleist-Förderpreis für junge Dramatiker. Zum Auftakt der diesjährigen Kleist-Festtage in Frankfurt (Oder) wurde die 1976 geborene Wiesbadenerin am Freitagabend für ihr Stück «Autofahren in Deutschland» geehrt. Mit der Auszeichnung sind ein Preisgeld von 7670 Euro und eine Uraufführungsgarantie verbunden. Das von einer Jury unter 142 Arbeiten aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich ausgewählte Stück wird im November am Thalia Theater Hamburg erstmals gezeigt.
In seiner Laudatio bezeichnete der Theaterautor Tim Staffel das Schauspiel als «aufregendstes Stück der letzten Jahre». «Autofahren in Deutschland» sei «eine poetische Komposition für das Theater, die keine Grenzen akzeptiert». In dem Stück sitzen vier Darsteller im Wagen und sprechen mit der Welt, von der sie das Auto trennt. Der wichtigste deutsche Preis für Nachwuchs-Theaterautoren wird seit 1996 jährlich von der Stadt Frankfurt und der Deutschen Dramaturgischen Gesellschaft Berlin vergeben. Im vergangenen Jahr war Katharina Schlender für das Stück «Trutz» geehrt worden, das während der Kleist-Festtage am Samstag aufgeführt wird.
Das diesjährige Festival steht unter dem aus einem Kleist-Aufsatz entlehnten Motto «Das Paradies ist verriegelt». Bis zum 7. Juli sind in der Geburtsstadt Heinrich von Kleists (1777-1811) insgesamt 30 Theateraufführungen, Lesungen und Ausstellungen vorgesehen. Zu den Höhepunkten gehören Aufführungen von Kleists «Amphitryon» durch das Deutsche Schauspielhaus Hamburg (5. Juli), des Vereinigten Gummitier-Ensembles von Manfred Meihöfer mit «Zone/Kleist - Schlachtfeld der Lüste» (3. Juli) sowie von Systéme Castafiore aus dem südfranzösischen Grasse (ab 4. Juli).
Am Samstagabend ist in der Marienkirche zudem eine Klang-Tanz-Installation von Götz Lemberg aus Frankfurt am Main zu sehen. Der Etat der Festtage beläuft sich auf knapp 420 000 Euro, die hauptsächlich von Land, Stadt und Sponsoren kommen. Veranstalter sind die Stadt, das Frankfurter Kleist-Museum, das Theater- und Kongresszentrum Kleist-Forum sowie die Europa-Universität.
(www.kleist-festtage.de)