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Bühnenwerein fordert mehr Unterstützung durch Politik und Gewerkschaften

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Deutschlands Theater fühlen sich als Stiefkind der Politik. "Wir rutschen ein wenig aus der öffentlichen Beobachtung", beklagte der Präsident des Deutschen Bühnenvereins, Jürgen Flimm, zum Abschluss der dreitägigen Jahreshauptversammlung des Verbandes am Wochenende in Halle.

Halle (ddp). Der Dialog zwischen beiden Partnern funktioniere nicht mehr harmonisch, ergänzt der Vizepräsident des Bühnenvereins, Horst Johanning. Dabei steigt der Zuspruch des Publikums langsam aber stetig. 35 Millionen Zuschauer aller Altersgruppen besuchen Jahr für Jahr rund 120 000 Aufführungen und Konzerte.

Doch Flimm drücken noch andere Sorgen. Eine bevorstehende etwa dreiprozentige Tarifanhebung werde die ohnehin kritische finanzielle Situation der Theater weiter verschärfen. Die Bühnen könnten die Mehrausgaben für das Personal nicht selbst erwirtschaften. Letztlich werde das Publikum weniger Vorstellungen und eine sinkende Zahl von Inszenierungen erleben.

Der Deutsche Bühnenverein hat aus diesem Grund in Halle vernünftige tarifliche Regelungen für die Theater in der Bundesrepublik gefordert. Vor allem im nichtkünstlerischen Bereich müsse mehr auf die tatsächlichen Erfordernisse eingegangen werden. Rolf Bolwin, Geschäftsführender Direktor des Bühnenvereins, fordert die Gewerkschaft ver.di auf, in dringend notwendige Verhandlungen mit den öffentlichen Arbeitgebern von Kommunen und Ländern einzuwilligen.

Festlegungen zu flexibler Arbeitszeit und einer leistungsbezogenen Entlohnungen seien längst überfällig, sagt Bolwin. Nur so sei auf Dauer ein funktionierender Theaterbetrieb vorstellbar. Während Chorsänger, Solisten oder Tänzer in ihren Tarifverträgen keine Arbeitszeitregelung mehr hätten, sei das im nichtkünstlerischen Bereich anders. Die gegenwärtige Regelung gehe am Theaterbetrieb vorbei, kritisiert Bolwin. Es gebe tagtäglich unterschiedliche Anforderungen, auf die flexibel reagiert werden müsse.

In einer Resolution warnen die Mitglieder des Bühnenvereins zudem vor einer zunehmenden Bürokratisierung des öffentlichen Theaterbetriebes. Eine immer stärker werdende Regelungsflut mit neuen gesetzlichen und administrativen Vorschriften behindere den täglichen Spielbetrieb. Die europaweite geplante Veränderung der Lärmschutzwerte könne beispielsweise dazu führen, dass manche musikalischen Werke von den Künstlern nur noch mit Gehörschutz gespielt werden dürften.

Das Papier macht weiter die Probleme bei der grenzüberschreitenden Beschäftigung bei Regisseuren oder Bühnenbildnern aufmerksam, zum Beispiel die Doppelbesteuerung. Ein Spitzenfußballer, der nicht aus der Europäischen Union stamme, erhalte nach derzeit geltenden Recht einfacher eine Arbeitserlaubnis als ein Sänger, Tänzer oder Orchestermusiker aus der Schweiz, den USA oder einem asiatischen Land.

Der 1846 gegründete Deutsche Bühnenverein ist der Bundesverband Deutscher Theater. Ihm gehören rund 430 Mitglieder an. In Deutschland existieren rund 150 öffentliche Theater. Dazu kommen rund 280 Privattheater, 150 Bespieltheater, etwa 160 Opern-, Sinfonie- und Kammerorchester, etwa 60 Festspiele und über 200 Bühnen sowie Tourneetheater ohne festes Ensemble.

Klaus-Peter Voigt
(www.buehnenverein.de)