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Franco Zeffirelli in Moscow in Moskau im Jahr 2008. Foto: Alexey Yushenkov (Own work) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
Franco Zeffirelli in Moscow in Moskau im Jahr 2008. Foto: Alexey Yushenkov (Own work) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
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«Immer ungehorsam und nie linientreu» - Zeffirelli wird 95

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Florenz - Das Alter ist eine heikle Übung, sagt einer, der es wissen muss. Und die Vorstellung, plötzlich nicht mehr Teil dieser Erde zu sein, mache Angst. Seinen 95. Geburtstag am Montag (12. Feburar) scheint der italienische Film- und Theater-Regisseur Franco Zeffirelli mit gemischten Gefühlen zu begehen, wie aus einem Interview der Florentiner Zeitung «La Nazione» hervorgeht, das kürzlich veröffentlicht wurde.

Kaum ein anderer Regisseur hat die italienische Oper so opulent und glanzvoll in Szene gesetzt wie Zeffirelli. «Zu viel war ihm noch nie genug», wurde einst über ihn geschrieben. Er arbeitete mit den ganz Großen des Fachs, von Riccardo Muti über Joan Sutherland bis Luciano Pavarotti. Aber auch im Kino konnte der als Gianfranco Corsi geborene Florentiner Erfolge feiern und dafür Weltstars wie Liz Taylor und Richard Burton verpflichten.

Seine großen Erfolge liegen schon länger zurück - etwa der Kinofilm «Romeo und Julia» von 1968. Doch auch im Alter war Zeffirelli noch für Überraschungen gut: «Callas Forever» (2002) mit Fanny Ardant in der Hauptrolle war vor allem deshalb in aller Munde, weil Zeffirelli ihn nicht beim renommierten Festival von Venedig sehen wollte. Dort passe er nicht hin, «da werde ja nur iranische und indische Filme gezeigt», sagte er damals unverblümt.

Die Aussage passt ins Bild: Zeffirelli gilt als undiplomatisch und eigenwillig, manchmal radikal in seinen Ansichten und zornig auf alles, was ihm nicht ins Konzept passt. «Ich war immer schon ein zynischer, alter Wolf», bekannte Zeffirelli einmal. «Immer ungehorsam und nie linientreu», sagte er zuletzt über sich.

Für Zeffirellis Karriere gab Regisseur Luchino Visconti (1906-1976) den entscheidenden Anstoß. Er machte ihn gleich nach dem Zweiten Weltkrieg zu seinem Assistenten. Zunächst wurde Zeffirelli als Bühnenbildner bekannt, gemeinsam mit Salvador Dalí schuf er die Kulissen für eine Shakespeare-Inszenierung. 1953 führte er erstmals an der Mailänder Scala Regie. 1959 inszenierte er im Londoner Covent Garden, 1964 an der Met in New York.

1966 verfilmte Zeffirelli Shakespeares «Der Widerspenstigen Zähmung» mit Elizabeth Taylor und Richard Burdon, der Kritiker trotz Top-Besetzung nicht überzeugte: «Kein Film, von dem man lange sprechen wird, dazu fehlt es ihm an Originalität und Entdeckerfreude», hieß es. «Romeo und Julia» dagegen wurde ein Erfolg - vor allem bei der Jugend: gespielt von zwei 16- und 17-jährigen Unbekannten, ohne modischen Schnick-Schnack, mit «Mut zum Pathos, Mut zum Gefühl», wie ein deutscher Kritiker damals schrieb.

Erst im April 2016 bestätigten dann Experten eine Vermutung, die schon lange über Zeffirellis Abstammung kursierte: Der Maestro war tatsächlich ein Nachfahre des Universalgenies Leonardo da Vinci (1452 - 1519). In Zeffirellis Familie war dies schon länger bekannt, hatte der Regisseur doch bereits 2007 anlässlich der Verleihung des «Premio Leonardo» erklärt: «Meine Familie, die Corsi, stammt unter anderem von Leonardo da Vinci ab.» Das Publikum lächelte und dachte, Zeffirelli mache einen Scherz.

Der bekennende Schwule, Kettenraucher und Liebhaber von schnellen Wagen sagte einst über sich, er sei ein Pragmatiker, kein Mystiker. Ein schwerer Autounfall 1969, bei dem der italienische Filmstar Gina Lollobrigida am Steuer saß, markierte einen Wendepunkt in seinem Leben. Zeffirelli fand in der Frömmigkeit einen Sinn, zog gegen die «Sexwelle» im italienischen Kino zu Felde und verschmähte das dekadent-lebenslustige Rom der Dolce-Vita-Ära als «in Sachen Kultur ein schmutziges, unverschämtes, papistisches Dorf».

Das jüngste Comeback seines «lieben Freundes», des Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, verfolgte Zeffirelli mit Genugtuung. Zwei Legislaturperioden saß er für dessen konservative Partei Forza Italia im Senat in Rom, Aufsehen erregte er unter anderem mit Äußerungen zur Abtreibung, Todesstrafe und Ausländerpolitik.

Im hohen Alter sieht sich Zeffirelli nun im Zuge der #MeToo-Debatte mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Der US-amerikanische Schauspieler Johnathon Schaech sagte dem «People»-Magazin, bei Dreharbeiten 1993 von Zeffirelli sexuell belästigt worden zu sein. Diese Behauptungen seien nicht wahr, teilte Zeffirellis Sohn Giuseppe Corsi mit. Dass Zeffirelli sich selbst zu den Vorwürfen äußere, lasse seine Gesundheit nicht mehr zu.

 

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