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Faksimile der 7. Symphonie. Foto: Hufner
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Nicht Mythos, sondern Mensch: Beethoven-Schau zum 250. Geburtstag

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Beethoven war selbstbewusst, nahm sich einiges raus gegenüber dem Adel und schätzte einen geordneten Tagesablauf. Mit einer biografischen Ausstellung informiert vor seinem 250. Geburtstag die Bundeskunsthalle über den Weltkünstler aus Bonn.

„Erhabenster!“, schreibt der zwölf Jahre alte Ludwig van Beethoven an den Kurfürsten in Bonn. Förmlich, aber durchaus selbstbewusst will der hochbegabte Junge dem Adligen drei Kompositionen widmen. Es dauerte nicht lange, da hatte der junge Musikus eine bezahlte Stelle: Im Mai 1784 wurde er mit erst 13 Jahren zweiter Organist am Hof. Acht Jahre später wird Ludwig zum Studium nach Wien geschickt. Daraus wird ein Aufenthalt für immer und Beethoven (1770-1827) wird ein Komponist von Weltruhm. Vor dem 250. Geburtstag startet in seiner Geburtsstadt eine Ausstellung über sein Leben. 

In der Bundeskunsthalle wird nicht der Mythos bejubelt. „Der Mensch Beethoven hatte Emotionen und Bedürfnisse, Fehler und Charakterschwächen, aber auch durchaus liebenswürdige Züge“, meinen die Ausstellungsmacherinnen Julia Ronge und Agnieszka Lulinska. „Beethoven – Welt.Bürger.Musik“ (17. Dezember bis 26. April 2020) ist die Ouvertüre zum Beethoven-Jahr. Es dauert bis zum 17. Dezember 2020, dem 250. Geburtstag.

Kostbare Handschriften liegen in den Vitrinen. In schummrigem Licht werden empfindlichen Leihgaben aus ganz Europa gezeigt: Skizzen zur „Ode an die Freude“ aus der berühmten 9. Sinfonie und die Kopistenabschrift der 3. Sinfonie „Eroica“. Einige Exponate hatten es allerdings nicht weit, denn das Bonner Beethoven-Haus mit seiner weltweit größten Sammlung ist fast Nachbar der Bundeskunsthalle.

Zwischen Ölbildern und Büsten, Musikinstrumenten und Blättern mit seiner schwungvollen Handschrift entsteht ein Bild von dem Tonkünstler, der schon zu Lebzeiten in Europa gefeiert wurde. Die Amouren des unverheiratet Gebliebenen sind aber kein Thema.

Vorgestellt werden unter anderem sein ziemlich geordneter Tagesablauf, seine Freunde, Widmungen seiner Werke, Einnahmen und Ausgaben und die vielen Ärzte. Und die Krankheiten. Die dramatische Schwerhörigkeit des Komponisten begann, noch ehe er 30 Jahre alt war. In seinem Heiligenstädter Testament von 1802 berichtet er seinen Brüdern verzweifelt davon.

Diese Handschrift wird ebenso gezeigt wie eines seiner großen Hörrohre. Dem Patienten wurden Tropfen aus Mandelöl oder Meerrettich für das Ohr verschrieben, wie die Kuratorinnen beschreiben. Außerdem hatte er Darmbeschwerden. „Ich bin ... beynahe immer krank“, wird Beethoven zitiert.

Wem diese Nachrichten über den Weltberühmten allzumenschlich erscheinen: Passend zu den Lebensabschnitten können die Besucher an Hörstationen nachvollziehen, warum Beethoven so berühmt ist, und seine Musik hören. Oder eine Aufzeichnung seiner einzigen Oper „Fidelio“ ansehen. Zwei nachgebaute Hammerklaviere vermitteln bei Konzerten mitten in der Ausstellung den Klang seiner Zeit.

Der Komponist hatte sein Leben lang Unterstützer. Er suchte trotz seiner republikanischen Überzeugungen die Nähe zum Hochadel. Nicht zuletzt, weil er dort seine Kasse aufbessern konnte, was der freischaffende Künstler dringend brauchte. Seine Meinung sagte er trotzdem. „Fürst, was Sie sind, sind Sie durch Zufall und Geburt, was ich bin, bin ich durch mich“, soll er seinem fürstlichen Gönner Karl von Lichnowsky zornig ins Gesicht geschleudert haben. Von drei anderen Mäzenen bekam er eine monatliche Leibrente. Die einzige Bedingung war, dass er in Wien bleibe.

Der politisch modern denkende Beethoven hatte Vertraute, mit denen er sich austauschen konnte, auch über die konservativen Verhältnisse in Wien. „So lange der Österreicher noch Braun‘s Bier und Würstel hat, revoltirt er nicht“, schrieb er 1794 ernüchtert an seinen Freund, den Bonner Musikverleger Nikolaus Simrock. Ein Glanzstück der Ausstellung ist ein erstmals gezeigter Mini-Brief an einen anderen Freund, den Diplomaten Heinrich von Struve. Es geht in dem 2012 entdeckten Schreiben um Politik. Das Format ist so klein, dass es an eine geheime Botschaft erinnert.

Als Geschäftsmann war Beethoven wohl mit allen Wassern gewaschen. Er spielte Verlage gegeneinander aus war, trieb die Honorare hoch, kassierte Vorschüsse für Stücke, die er zu spät lieferte. Seinem Personal gegenüber war er misstrauisch, davon zeugen Eintragungen im Haushaltsbuch mit den Preisen für Rindfleisch, Zucker oder Speck. 

Seine berühmteste Komposition, die 9. Sinfonie mit „Freude schöner Götterfunken“, vollendete er 1824, als er sein Gehör schon verloren hatte. Heute steht „die Neunte“ für Völkerverständigung und ist Europa-Hymne. Bei Zeitgenossen kam sie nicht so gut an. Der Geiger Louis Spohr etwa nörgelte, „daß es Beethoven an ästhetischer Bildung und an Schönheitssinn fehle“.

Kurz vor seinem Tod arbeitete Beethoven an einer 10. Sinfonie, doch davon existieren nur wenige Notizen. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz sollen das Stück im Jubiläumsjahr vollendet werden.

Angestoßen von der Deutschen Telekom arbeitet ein Team aus Musikwissenschaftlern, Komponisten und Computer-Experten daran. „Wir Musiker stehen dem etwas zwiegespalten gegenüber“, bekannte Dirk Kaftan, der Chef des Beethoven-Orchesters. Doch man dürfe sich als Künstler nicht verschließen vor Entwicklungen. „Es ist komplettes Neuland“, sagte der Dirigent. Die Musiker werden das 20 Minuten lange neue Musikstück aus der Vergangenheit am 28. April aufführen.

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