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Präsidium des Deutschen Musikrates zurückgetreten (aktualisiert 12. 1. 03)

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(nmz) Bei seiner Sitzung in Fulda beschloss das Präsidium des Deutschen Musikrates heute, Samstag, 11. 1. 03 geschlossen seinen Rücktritt. Bereits gestern hatten im Musikmagazin "taktlos" des Bayerischen Rundfunks und der Neuen Musikzeitung ( http://www.nmz.de/taktlos/) die Präsidiumsmitglieder Christian Hoeppner und Stefan Piendl ihren Rücktritt zum heutigen Tag erklärt und mit einem Protest gegen das eigenmächtige Handeln des Insolvenzverwalters Ludger Westrick, speziell auch im Zusammenhang mit der Kündigung des Generalsekretäres Thomas Rietschel begründet.

Dieser - uns vorliegenden Erklärung hatten sich die Präsidiumsmitglieder Rüdiger Grambow, Axel Linstaedt und Michael Russ ebenfalls angeschlossen. Mit einer in der Argumentation ähnlichen, eigenständigen Erklärung hatte auch das Präsidiumsmitglied Prof. Wilfried Krätzschmar seinen Rücktritt ausgesprochen.
Die offizielle Rücktrittserklärung des Präsidiums erwarten wir in wenigen Stunden. Wir stellen sie hier im KIZ dann sofort zur Verfügung. In der - mit Sperrfrist heute 18.00 Uhr versehenen Erklärung der unterzeichnenden Präsidiumsmitglieder wurde wie folgt - argumentiert:

"Mit unserem Rücktritt protestieren wir als Präsidiumsmitglieder des Deutschen Musikrates gegen die unvertretbare Kündigung des Generalsekretärs des Deutschen Musikrates, Thomas Rietschel, durch den vorläufigen Insolvenzverwalter Ludger Westrick. Damit ist eine der tragenden Säulen für eine erfolgversprechende Sanierung des Musikrates weggebrochen. Gleichzeitig distanzieren wir uns von der passiven Haltung, mit der andere Präsidiumsmitglieder diese Fehlentscheidung hingenommen und so faktisch die eigene Entmachtung durch den Insolvenzverwalter akzeptiert haben.

Thomas Rietschel hat zehn Jahre erfolgreich als Geschäftsführer die deutsche Sektion der Jeunesses Musicales, des größten Jugendmusikverbandes der Welt, geleitet. Erst im Sommer des vergangenen Jahres hat das Präsidium ihn als Wunschkandidaten mit überwältigender Mehrheit zum neuen Generalsekretär berufen. Es war ihm in kurzer Zeit gelungen, erste wesentliche Schritte für die Restrukturierung des Dachverbandes umzusetzen und das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen. Thomas Rietschel genießt hohes Ansehen bei den rund hundert Mitgliedsverbänden des Deutschen Musikrates, und auch die Präsidenten der Landesmusikräte haben auf ihrer letzten Versammlung am 20. Dezember in Weimar dem Generalsekretär Rietschel einstimmig ihr Vertrauen ausgesprochen.

Völlig überraschend wurde er in der Nacht von Samstag auf Sonntag, den 22. Dezember, per E-mail mit einer nicht haltbaren Begründung vom Insolvenzverwalter Ludger Westrick gekündigt.

Bei allem Respekt vor der schwierigen Aufgabe eines Insolvenzverwalters, stellt das Vorgehen von Herrn Westrick dennoch ein gleich in mehrfacher Hinsicht nicht hinnehmbares Fehlverhalten dar:

1. Das Präsidium als demokratisch legitimiertes Gremium bestellt laut Satzung den General-sekretär. Das Präsidium wurde aber von Herrn Westrick über die Kündigung des General-sekretärs nicht einmal informiert, geschweige denn dazu befragt. Mag ein Insolvenzver-walter auch über besondere Vollmachten verfügen, ein derartiges Vorgehen ist nicht gerechtfertigt und der Sache nicht dienlich.
2. Bis heute fehlt die Begründung für diese einsame Entscheidung.
3. Mit dem Verlust von Thomas Rietschel als einem der Hoffnungsträger für die Zukunft des Deutschen Musikrates haben sich die Chancen für eine auch langfristig erfolgversprechende Neuausrichtung des Deutschen Musikrates spürbar verschlechtert. Dies gilt insbesondere auch gegenüber den Zuschussgebern.
4. Unabhängig von der Person halten wir die Position eines starken, auch kulturpolitisch aktiven Geschäftsführers auch in Zukunft für unverzichtbar.
5. Es macht keinen Sinn, sich in einem Gremium zu engagieren, das einerseits von der Generalversammlung im Oktober beauftragt wurde, den Musikrat durch diese schwierigen Zeiten zu führen, andererseits aber vom Insolvenzverwalter trotzdem faktisch ignoriert wird.

Unter diesen Umständen können wir weder das Vorgehen von Herrn Westrick akzeptieren noch die unentschlossene Haltung des Präsidiums weiter mittragen und erklären deshalb unseren Rücktritt mit sofortiger Wirkung. Durch den Rücktritt von mindestens vier Präsidiumsmitgliedern wird laut Satzung eine Neuwahl des Präsidiums zwingend erforderlich."

Rüdiger Grambow Christian Höppner Axel Linstaedt Stefan Piendl Michael Russ
-Mitglieder des Präsidiums des Deutschen Musikrates-

Zu den Persönlichkeiten:
Rüdiger Grambow,
Präsident des Bundes deutscher Zupfmusiker
Leiter Stabsbereich interne Revision, Techniker Krankenkasse

Christian Höppner
Präsident des Landesmusikrates Berlin
Leiter der Musikschule Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin

Axel Linstaedt
Leiter der Hauptabteilung Musik im Bayerischen Rundfunk

Stefan Piendl
Mitglied des Vorstandes der Jeunesses Musicales Deutschland
Geschäftsführer der BMG Ariola Classics GmbH

Michael Russ
Präsident des Verbandes Deutscher Konzertdirektionen
Geschäftsführer der SKS Erwin Russ GmbH

Man darf gespannt sein, inwieweit sich der Text mit der Begründung für den Rücktritt des kompletten Präsidiums von diesem teilpräsidialen Text unterscheidet.
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