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Die aktuelle Wirtschaftsflaute trifft die freischaffenden Künstler ungebremst. Der Deutsche Kulturrat schätzt die Situation der Künstler als alarmierend ein. Der Bundesverband der Freiberufler wertet die Lage als teilweise bedrohlich.
Berlin (ddp). Beide Verbände forderten am Freitag, die Situation als «Alarmsignal» zu verstehen und günstigere politische Rahmenbedingungen für Künstler zu schaffen. Vor allem die Regelungen zur Scheinselbständigkeit müssten geändert werden.Der Geschäftsführer des Kulturrats, Olaf Zimmermann, sagte, die allgemeine Wirtschaftsflaute und besonders die Krise im Musik-, Medien- und Buchmarkt treffe die Künstler «unmittelbar und deutlich». Ein freischaffender Künstler habe im Schnitt nur 11 000 bis 13 000 Euro im Jahr zur Verfügung. Falle auch nur ein Teil dieses Einkommens weg, sei seine Existenzsicherung nicht mehr gegeben.
Vor dem Hintergrund der Krise wirke sich vor allem das Gesetz zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit negativ aus. Ein Filmemacher, der einen großen Auftrag von einem Fernsehsender erhalte und nur für diesen arbeite, gelte heute als scheinselbständig. Dies sei «ein Hemmer» für die Auftragsvergabe, sagte Zimmermann. Auch der Bundesverband der freien Berufe hält die Regelungen für untragbar. Wenn einem Freiberufler in der Wirtschaftskrise Auftraggeber wegbrechen, gerate er zu schnell in den Verdacht der Scheinselbständigkeit, sagte Hauptgeschäftsführer Arno Metzler.
Metzler verwies darauf, dass in vielen künstlerischen Sparten bedingt durch Entlassungen die Zahl der Freiberufler steige, während gleichzeitig die Zahl der Auftraggeber zurückgehe. So stehen sich beispielsweise bei den Architekten 10 Prozent mehr Freiberufler und 40 Prozent weniger Aufträge gegenüber und verschärften den Wettbewerb von gleich zwei Seiten.
Zugleich mehren sich laut Metzler die Hinweise auf Probleme in der Altersvorsorge der Künstler. Versicherer, Künstlersozialkasse und Presseversorgungswerk meldeten derzeit sinkende Einzahlungen. Die Künstler sparten an der Vorsorge, weil sie ihre aktuellen Lebenshaltungskosten nicht mehr reduzieren könnten, sagte der Geschäftsführer. Dies sei ein «sehr unglückliches Zeichen».
Der Deutsche Tonkünstlerverband, der größte Berufsverband der Musiker schätzt die Lage seiner Mitglieder als «sehr schlecht» ein. Viele Musiker lebten am «Existenzminimum», sagte der Geschäftsführende Sekretär Achim Kirste. Betroffen seien auch die Musiker, die ihren Unterhalt ganz oder teilweise durch Unterricht verdienen. Bei allgemein schlechter Wirtschaftslage blieben den Musikschulen die Schüler weg. Weniger Lehraufträge für Musiker und Musikpädagogen seien die Folge.
Berit Uhlmann