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Weniger Konzerte und mehr Pausen - Trompeter Ludwig Güttler wird 75

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Dresden - Er ist Mitinitiator des Wiederaufbaus der Dresdner Frauenkirche und spielte für dessen Finanzierung auf seiner Trompete. Die Musik gibt den Takt vor im Leben von Ludwig Güttler - einem der erfolgreichsten Virtuosen der Gegenwart.

«Die Aktivität ist unverändert, die äußeren Zwänge habe ich vermindert», sagt der Trompeter Ludwig Güttler lachend. Der renommierte Solist plant pro Jahr nur noch 75 statt früher 110 Auftritte. «In der Hoffnung, dass es nicht mehr als 80 werden», sagt der Künstler, unter einem Kirschbaum in seinem Garten im Dresdner Westen sitzend. Am kommenden Mittwoch (13. Juni) wird er 75 Jahre alt. Auch für sein Jubeljahr ist er mit 77 Auftritten längst ausgebucht. Von Aufhören oder gar Ruhestand keine Spur. «Ich kann ja Ruhe genießen, wann ich will, ohne das Gefühl zu haben, faul zu sein.»

Auch das Engagement für die Dresdner Frauenkirche, deren Wiederaufbau er mitinitiierte und mit zahlreichen Konzerten mitfinanzierte, hat er beschränkt. Eigentlich wollte der Witwer schon kürzertreten, als er 2008 nochmal heiratete. Die Ehe mit der über 30 Jahre jüngeren Frau ist gescheitert, der fast Zwei-Meter-Mann wieder Single. Auf Pausen zu achten, ist geblieben. «Ein Mal im Monat eine Woche und pro Woche ein Tag», erzählt Güttler, der als Solist auf Trompete und dem Blasinstrument Corno da caccia zu den erfolgreichsten Virtuosen der Gegenwart zählt.

Schon als Kind lernte der 1943 in Sosa (Erzgebirge) Geborene, der österreichische Lauten- und Geigenbauer unter seinen Vorfahren hat, neben Trompete auch Klavier, Orgel, Flöte und Cello. «Ein Trompeter spielt mit dem Atem, das hat mich begeistert», erklärt er seine Instrumentenwahl. Später studierte er an der Musikhochschule Leipzig und begann seine Konzertkarriere 1965 beim Händel-Festspielorchester in Halle. Von 1969 bis 1980 war Güttler Solotrompeter der Dresdner Philharmonie.

Seitdem widmet er sich verstärkt der Kammermusik, gründete drei eigene Ensembles: Leipziger Bach-Collegium, Blechbläserensemble und Kammerorchester Virtuosi Saxoniae. Freunde Alter Musik schätzen ihn wegen solistischer Qualitäten und seines Engagements für vergessene Barockkomponisten. Die Liste seiner Schallplatten- und CD-Aufnahmen ist lang, tägliches Proben auch mit fast 75 noch Pflicht. «Das Üben ist keine Frage des Müssens, sondern ein Ständig-sich-auf-den-Stand-der Anforderungen-bringen», betont er.

Entspannung findet der Leiter des Festivals «Sandstein & Musik», der sich auch für musikalische Bildung und die Künste engagiert, beim Wandern und der Gartenarbeit, mit den inzwischen neun Enkeln - und beim Reisen. «Aber mir fehlt die Zeit, ich komme selten dazu.» Im Herbst geht es erstmals nach Indien, aber vor allem in Deutschland lockt noch Unentdecktes. «Lebensinhalt und Arbeit ist Musik», bekennt Güttler. «Ich bin mit Herz und Leidenschaft Musiker.» Daneben gilt sein Interesse der Architektur - einst ein heimlicher Berufswunsch.

Untrennbar ist sein Name mit dem Wiederaufbau der 1945 zerstörten Dresdner Frauenkirche verbunden. «Wir waren glücklich, als zur Weihe 2005 klar war, dass der Bau bezahlt ist.» Güttler selbst sammelte bei mehr als 1500 Konzerten und Gastspielen Geld für das auch umstrittene Projekt. «Die Akzente haben sich verschoben», erzählt er. Aktiv ist er noch ehrenamtlich und konzertiert weniger in dem Gotteshaus. Auch am 75. Geburtstag hat er, anders als bei früheren Jubiläen, frei. «Es sind nur Überraschungen geplant.»

Güttler, einst Exportschlager der DDR, will noch mehr von seinem Fundus an Material auflegen und herausgeben, das in die zweite Reihe geschoben werden musste. «Ich muss aber 135 Jahre alt werden, um nur einen Teil aufführungsreif zu machen.» Aktuell arbeitet er da an acht bis zehn Projekten - und sorgt sich um die geistliche Musik. «Deren Anteil ist bei den Chören stark zurückgegangen.» Der Traum, dass die Frauenkirche eine Heimstadt für Kantoreien wird und «die automatisch geistliche Musik ins Repertoire aufnehmen», sei noch unerfüllt.

Für die Zukunft wünscht sich Güttler, dass die Deutschen sehen, wofür sie dankbar sein können: Frieden und wirtschaftlicher Erfolg. «Wenn ich früher als Kind in die Stuben kam, gab es da immer mindestens ein Bild in schwarzem Rahmen und mit schwarzer Schleife.»

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