Wuppertal - Als die geplante Schließung des Wuppertaler Stadttheaters im November 2009 erstmals bekannt wurde, gab es in der Bürgerschaft massive Proteste, landauf, landab wurde die Bergische Metropole für ihre Kürzungspläne kritisiert. Kulturschaffende und Bürger veranstalteten im März 2010 eine große Solidaritätskundgebung vor dem Schauspielhaus. In der Aufregung wurde allerdings bisweilen auch übersehen, dass es in der Diskussion nicht um ein Ende der Theatersparte in Wuppertal als solche, sondern «lediglich» um eine Schließung des Stadttheaters an seinem jetzigen Ort geht.
«In einer Stadt mit rund 350.000 Einwohnern ist es nicht möglich, ein Theater in dieser Form zu betreiben», sagt der Wuppertaler Kulturdezernent Matthias Nocke. Bei den geplanten Einsparungen gehe es um eine Änderung des Spielortes - eine solche Entscheidung müsse «möglich sein».
Studenten befassen sich mit künftiger Nutzung des Geländes
Mehr als ein Jahr nach den großen Protesten ist denn auch die Diskussion um die Zukunft des Stadttheaters deutlich sachlicher geworden. In einem Online-Forum werden Vorschläge für die künftige Nutzung des Stadttheater-Geländes gesucht, auch Studenten der Wuppertaler Universität beschäftigen sich mit dem Thema. Ein Lenkungsausschuss hat sich des Themas angenommen. Anfang Juli sollen nun die ersten Vorschläge vorgestellt und diskutiert werden, im Herbst könnte der Stadtrat ein Nutzungskonzept für das Stadttheater-Gelände an der Wupperschleife verabschieden.
Mit den Schließungsplänen reagiert die Kommune auf ihre finanzielle Schieflage. Laut dem Haushaltssicherungskonzept soll der Betriebskostenzuschuss für die Wuppertaler Bühnen bis zum Jahr 2014 um rund 2 Millionen auf 8,6 Millionen Euro gesenkt werden. Für eine Sanierung des 1966 eröffneten Schauspielhauses sind keine Mittel mehr vorhanden. Derzeit werden in dem Haus nur noch Stücke für ein kleineres Publikum gezeigt, ansonsten ist die Schauspielsparte in das in Wuppertal-Barmen gelegene Opernhaus umgezogen.
Nach der Spielzeit 2011/12 soll auch die kleine Spielstätte im jetzigen Theater ihren Betrieb einstellen. Wie immer die Zukunft des Theaters aussieht, Kulturdezernent Nocke will neben der Nutzung des Opernhauses auch eine kleinere Spielstätte für das Theater erhalten. «Wir brauchen für zeitgenössisches Theater eine kleinere Spielstätte», betont er. Nur müsse diese nicht notwendigerweise im jetzigen Wupperbogen liegen.
Auch der Geschäftsführer der Wuppertaler Bühnen GmbH, Enno Schaarwächter verweist darauf, dass die Stadt zwei Theatergebäude in ihrer jetzigen Form nicht mehr finanzieren könne. Um beide Standorte finanziell betreiben zu können, müssten jeden Abend 1.500 Plätze gefüllt werden - das sei nicht machbar. «Wir können nicht festhalten an etwas, was keinen Markt hat», sagt er. Am Erhalt der Schauspielsparte will er aber keinen Zweifel aufkommen lassen. Da das Opernhaus für moderne Stücke nicht den nötigen Rahmen bietet, favorisiert auch er eine kleine Spielstätte. Eine Einschätzung, die auch der Intendant des Schauspiels, Christian von Treskow, teilt.
Kleine Spielstätten spielen auch in den Entwürfen zur Nutzung des Schauspielhauses eine Rolle, die von Wuppertaler Studenten vor Kurzem vorgestellt wurden. Die Studenten des Fachgebiets der Ökonomie des Planens und Bauens präsentierten unter anderem Konzepte, die einen Umbau des Areals zu einem Gründerzentrum oder zu einem Freizeit- und Entertainmentbereich vorsehen. Auch die Erweiterung um ein Pina-Bausch-Museum und -Archiv wird vorgeschlagen.
Studenten zeigen ökonomische Perspektiven auf
«Wir wollen mit unseren Vorschlägen die ökonomische Perspektive des Standorts aufzeigen», sagt Professor Guido Spars. Zugleich betont der Wissenschaftler aber auch, dass die Stadt finanziell in der Pflicht ist. Um die städtische Fläche zu entwickeln, sei ein «proaktives Umgehen» der Kommune mit dem Areal nötig. Das bedeute auch, dass die Stadt bereit sei, Betriebskosten von rund mehr als
500.000 Euro pro Jahr zu übernehmen.
Auch Kulturdezernent Nocke sieht vor allem Betriebskosten als größtes Problem für einen möglichen Betrieb einer kleinen Spielstätte. Sollte der Betriebskostenzuschuss - gemäß einem drohenden Szenario - um zwei Millionen Euro gekürzt werden, bedeute dies eine strukturelle Unterfinanzierung der Einrichtungen. Das wäre ein «Kopfschuss» für die gegenwärtigen Überlegungen, warnt er.