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Zwischen Nachwuchsmangel und Spielfreude: 50 Jahre Drehorgelfreunde
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Zwischen Nachwuchsmangel und Spielfreude: 50 Jahre Drehorgelfreunde

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Speyer - Zum 50-jährigen Bestehen beklagt der Club Deutscher Drehorgelfreunde (CDD) einen Mangel an Nachwuchs. «Das ist immens. Die manchmal gewonnenen Enkel halten meistens nicht durch», sagte der CDD-Vorsitzende Joachim Petschat der Deutschen Presse-Agentur. Immerhin habe der Verein mit Sitz in Hamburg aber aktuell 615 Mitglieder.

Am kommenden Wochenende feiert der Club mit einem großen Fest in Speyer sein Jubiläum. Höhepunkt ist am Samstag ein Konzert in der Gedächtniskirche. «In der Vergangenheit kamen mehr als 1000 Zuhörer», sagte Petschat. Das Konzert beginnt um 11.00 Uhr.

Dem 72-Jährigen zufolge bereitet dem Verein im Jubiläumsjahr auch die Digitalisierung Sorgen. «In eine Drehorgel werden mittlerweile MP3-Player mit Verstärker und Lautsprecher eingebaut, echt ist dann nur noch das Gehäuse. Das Drehen der Kurbel ist reine Attrappe», sagte Petschat verärgert. Der Club lehne dies ab und lade solche Spieler nicht zu Treffen ein. «Das ist natürlich ein Spaltpilz in unserer Gilde. Zumal diese Geräte billiger sind und mehr als 1000 Lieder im Repertoire haben», berichtete der Maschinenbauingenieur.

Der Leierkasten sei mitnichten etwas von vorgestern, betonte Petschat. «Klar, die Drehorgel ist ein historisches Instrument. Aber wenn wir heute moderne Schlager wie «Atemlos durch die Nacht» spielen, hören auch junge Leute zu.» Zum Jubiläum in Speyer (5. bis 7. April) erwartet er etwa 150 Orgler aus Deutschland, aber auch etwa aus Polen, Österreich, der Schweiz und Belgien.

Etwa ein Drittel der Mitglieder seien Frauen, erzählte Petschat. Internationaler Schwerpunkt sei Europa, aber auch in Asien werde georgelt. «In Deutschland wird vor allem in Berlin sowie im Gebiet um Köln und Düsseldorf, aber auch in Dortmund und Waldkirch an der Kurbel gedreht.» Waldkirch im Schwarzwald gilt als «Hauptstadt» für Mechanikinstrumente. Petschat selbst besitzt sechs Instrumente.

«Mein Opa hat manchmal aus einem Karton eine Drehorgel gemalt und Moritaten zum Besten gegeben. Das war der Grundstein für mein Interesse», sagte Petschat. Heute sei es nicht immer einfach mit Behörden. «Man muss sich überall nach der Stadtordnung richten und zum Teil ein Lärmschutzgutachten beibringen und den Standort nach 20 Minuten wechseln.» In Speyer spielen am Samstag etwa 20 Orgler im Zentrum, und auch im Technik-Museum sind die Musiker willkommen.

«Der Club ist seit den 1990er Jahren regelmäßiger Gast», erzählte Museumssprecherin Corinna Siegenthaler. Seit den Anfängen des Museums seien mechanische Instrumente Teil der Ausstellung. «Unser mittlerweile gestorbener Seniorchef besaß selbst mehrere Orgeln. Sein Sohn, der heute die Technik-Museen in Sinsheim und Speyer leitet, teilt die Leidenschaft und ist auch Club-Ehrenmitglied», sagte sie.

Dem Klischee zufolge gehöre auf jeden Leierkasten ein Äffchen, erzählte Petschat augenzwinkernd. «Aber als Ossi hatte ich die Ausrede, dass es bei uns keine Bananen gibt.» Auf vielen Drehorgeln säßen heute Stoffaffen. «Da gibt es viele Varianten. Bei Kindern kommt das an.»

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