Man liegt wach und fragt sich: Muss ich über den ganzen Mist schreiben? Ich will ja damit dem AfD-Gedankenungut keine weitere Bühne geben. Man liest überall davon, dass die AfD-Wählenden sich nicht beirren lassen und der ganze Rummel nur den Hass gegen Demokratie, faktenbasierte und argumentierte Positionen stärke. Man befürchtet, dass ein Sympathisieren mit der AfD nicht heilbar und das Bekanntwerden dieses widerlichen Spendentreffens für rechtsradikales Gedankengut in Potsdam und die folgende große Demonstrationswelle gegen Rechts dem folglich auch nichts anhaben können. Nun geben die ersten Umfragen einen kleinen Hoffnungsschimmer:
Das bringt doch nichts?
Die AfD-Werte haben einen Knick bekommen. Nicht erheblich, aber der Effekt ist nicht zu leugnen. Das ist ja auch logisch. Wenn man davon ausginge, dass rechtes Gedankengut immer wieder neue Anhänger gewinnen würde, diese sich aber durch nichts davon lösen, dann hätten wir, je nach Zeitpunkt des ersten rechten Gedankens und der Zeit, die dieser zur Vermehrung braucht, schon vor längerem die Hundertprozent Marke geknackt.
Nach dieser Erkenntnis wollte ich doch darüber schreiben. Aber mehr noch möchte ich, dass darüber gesprochen wird. Dass miteinander gesprochen wird. Ich glaube nicht, dass die große Politik diesen Text lesen wird, aber ich weiß, dass diese Buchstaben gerade von musikaffinen Menschen und Kulturschaffenden wahrgenommen werden. Wenn die Umfragen in manchen Bundesländern bei über 30 Prozent liegen, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass „wir“ – die wir mit allen Arten von Publikum, Schüler*innen, Kolleg*innen und natürlich Mitmenschen zu tun haben – Kontakt zu mindestens nach rechts neigenden Menschen haben. Ihre Ängste, Sorgen oder einfach ihr Frust sind real. Und es muss darüber gesprochen werden, was die Lösung sein kann und was für Konsequenzen eine rechte Stimme haben wird – auch für die Perspektiven in der Kultur und all den willkürlich „undeutsch“ gestempelten Kolleg*innen.
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