Body
Während Rapper Coolio (Gangstas Paradise) im Rahmen seiner Deutschland-Tournee grade mal eine Boutique ausgeräumt und der Besitzerin in den Bauch gehauen hat (Freilassung und Tourneefortsetzung gegen 20.000 Mark Kaution) scheinen Tic Tac Toe doch in ernsteren Schwierigkeiten zu stecken. Ist Jackie nun krank, schwanger, drogenabhängig, heiser oder nur hysterisch? Wir wissen es nicht und eine Pressekonferenz brachte auch keine Erhellung: Tic, Tac und Toe stritten sich nur ausgiebig, ziehen sich wechselseitig der Lüge und tauchten ab. Keine Kaution, was wird aus der Tournee? Inzwischen lieh Jugend-, Familien-und-so-weiter-Ministerin Claudia Nolte angeblich Deutschlands Ober-Pop-Pavian Dieter Gorny über zwei Stunden mindestens ein ansonsten vielbeschäftigtes Ohr. Gorny soll mit ihr seine weltergründerische These diskutiert haben, unsere Politiker fänden nur noch auf dem Weg über die Pop-Musik zur Jugend. Alle anderen Wege führten nach Rom. Und während Gorny so laberte, soll die Ministerin richtig fuchtig geworden sein und ziemlich laut rumgescattet haben, während Dieter Gorny darüber nachdachte, ob er ihr nicht eine in den Bauch haut, weil das so eine prima Publicity gibt für sein Reklamefernsehen namens Viva. Dann hat er aber doch davon abgesehen, weil er keine 20.000 Flocken Kaution in der Tasche hatte und sich außerdem spontan seiner ehemals guten Manieren als Musiklehrer entsann. (Das mag wiederum an der Argumentation von Claudia Nolte gelegen haben: Gute Vorbilder schaffen eben gute Sitten). Dabei kann die These von Gorny schon deshalb gar nicht so falsch sein, weil die Ästhetik der politischen Kommunikation in diesem unserem Lande sich weder von der Ästhetik einer Tic-Tac-Toe-Pressekonferenz unterscheidet noch Waigelsche Finanzbeschaffungsmaßnahmen erheblich von Coolios Klamotten-Kauf-Style abweichen. Its only Rock´n Roll. Keep on running.
Pop-U-listen (II)
Dafür hat er Zeit: Bundespräsident Herzog empfing in Bonn drei prominente deutsche Rock- und Popstars. Peter Maffay, Nena und Jazzy von Tic Tac Toe diskutierten mit Herzog in der Villa Hammerschmidt über die Verbindung von Musik und Politik. Die Künstler aus drei Generationen und der Bundespräsident wollten darüber sprechen, ob die Popkultur zwischen Jugendlichen und Politik vermitteln kann. Auch Spitzenmanager der deutschen Musikindustrie waren eingeladen. Natürlich ist es toll, daß solche Gespräche überhaupt stattfinden.
Nur hat unser ansonsten doch so volkstümelnder Präsident die fatale Neigung, sich beim Umgang mit Künstlern in die Nähe einer gewissen halbseidenen Prominenz gezogen zu fühlen. Ob – aus dem E-Winkel – Justus Frantz, ob – wenig besser – Jazzy, Nena, Maffay: Man könnte fast meinen, Herzog wolle sich doch noch mal wählen lassen und stiefelt deshalb den ausgelatschen Stimmenfänger-Spuren seiner politischen Kollegen aus dem Bundestag hinterher. Unser aller Präsident sollte lieber seine Aufgabe als Schirmherr des Deutschen Musikrates mal richtig ernst nehmen...
Theo Geißler