Gefährdet waren sie eigentlich immer. Bereits 1986, nach vierjährigem Bestehen, mussten sie aus Geldmangel eine Zwangspause einlegen; „Inventionen am Ende?“ unkte die Presse auch 1996, als mit der Akademie der Künste ein wichtiger Mitveranstalter ausstieg und plötzlich als Konkurrent einen großen Teil der Senatsfördermittel absahnte. Da hatte das Berliner Festival, nach Auskunft seines Gründers Folkmar Hein immerhin das größte für elektronische Musik in Deutschland, bereits eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Alternierend mit der von den Berliner Festspielen aus der DDR hinübergeretteten Musikbiennale mussten die „Inventionen“ im Zwei-Jahres-Turnus antreten; die an Stelle dieses vergleichsweise konservativen Festivals getretene MaerzMusik und die von den Berliner Rundfunksendern ausgerichtete Veranstaltungsreihe UltraSchall versuchten ihnen das Profil streitig zu machen.
Gefährdet waren sie eigentlich immer. Bereits 1986, nach vierjährigem Bestehen, mussten sie aus Geldmangel eine Zwangspause einlegen; „Inventionen am Ende?“ unkte die Presse auch 1996, als mit der Akademie der Künste ein wichtiger Mitveranstalter ausstieg und plötzlich als Konkurrent einen großen Teil der Senatsfördermittel absahnte. Da hatte das Berliner Festival, nach Auskunft seines Gründers Folkmar Hein immerhin das größte für elektronische Musik in Deutschland, bereits eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Alternierend mit der von den Berliner Festspielen aus der DDR hinübergeretteten Musikbiennale mussten die „Inventionen“ im Zwei-Jahres-Turnus antreten; die an Stelle dieses vergleichsweise konservativen Festivals getretene MaerzMusik und die von den Berliner Rundfunksendern ausgerichtete Veranstaltungsreihe UltraSchall versuchten ihnen das Profil streitig zu machen. Das jedoch lässt an Klarheit bis heute nichts zu wünschen übrig. Das Berliner Künstlerprogramm des DAAD mit seiner eher experimentellen, in der damaligen Konzertlandschaft recht exotischen Ausrichtung und das Elektronische Studio der Technischen Universität Berlin bildeten von Anfang an die tragenden Säulen. Was hier als Verbindung von Musik und Technik ebenso protegiert wie in der Konfrontation des Neuen mit historischen Entwicklungen kritisch hinterfragt wurde, griff das Jubiläum zum 20-jährigen Bestehen noch einmal auf. Folglich setzten auch diesmal die „Stammgäste“ Arditti-Quartett und Les Percussions de Strasbourg kräftige Akzente. Im Quartettabend der Ardittis behauptete sich allerdings neben Salvatore Sciarrinos leiser Aphoristik voll verborgenem Melodienreichtum lediglich Soo-Jung Shin mit den zarten, klangsensibel die „Reinheit“ von Mikrotönen, Temperierung und Geräuschen erforschenden Gebilden ihrer „Drei langsamen Sätze“. 2003 wird die junge Südkoreanerin Gast des DAAD in Berlin sein. Was sie zu eingängiger Kompression bringt, entfaltet Klaus Lang in seinem Streichquartett „sei-jaku“ (Fische, Sterne) in etwa einstündiger Dauer zum arg fordernden Minidrama, flüsternden, wispernden Aktionen, deren Wahrnehmungsanstrengung an der Grenze des Hörbaren geradezu in Meditation umschlägt. Die beste Art, Fisch zu kochen, ist nun mal, ihn nicht zu kochen, kommentiert der junge Grazer Komponist sein Werk.In diesem Konzert des Senders Freies Berlin, das sich an der Verbindung der heterogenen Charaktere der beiden Instrumentengruppen versuchte, gelang Georg Friedrich Haas die überzeugendste, über das bloße subtile Klangfarbenspiel hinausweisende Lösung. Seine „Zerstäubungsgewächse“ für acht Schlagzeuger und Streichquartett von 1989 reflektieren mit sich hartnäckig durchsetzendem tonalem Material die „Unveränderungen“ überwunden geglaubter Verhältnisse, wagen mit der Umfärbung eines pendelnden Sekundschritts von Streicherflageolett zu bogengestrichenem Becken auch die Zumutung eines langen, verunsichernden Spannungszustandes. Die Klang- und Rhythmusverschiebungen der „Cognate Canons“ von James Tenney dagegen – ein „Inventionen“-Auftragswerk von 1994 – wurden hier in starren Mustern befangen nicht recht deutlich. Ein Highlight setzten die berühmten Straßburger Perkussionisten dafür mit „Le Noir de l’Etoile“ von Gérard Grisey, verdienstvolle Deutsche Erstaufführung dieses bisher nur vier Mal zu hörenden Ausnahmewerkes von 1989/90. Überwältigende Schlagzeugattacken stoppt der zu den „Spektralisten“ zählende Komponist mit dem trockenen Knacken und tiefen Brummen von „Pulsaren“ – längst erloschene Sterne, deren Signale mit Radioteleskopen aus dem Weltall aufgefangen wurden.
An ihre große West-Berliner Zeit können die Inventionen sicherlich nicht mehr anknüpfen Doch viel junges, offensichtlich nicht unbedingt der E-Musik-Szene zugehöriges Publikum besuchte diesmal die 17 Konzerte und Performances. Nach der Wende eroberte man auch neue Orte: So konnten 14 Klanginstallationen entlang der von West nach Ost führenden U-Bahnlinie 2 gezeigt werden, von der Klanggalerie im Haus des Rundfunks bis zum stillgelegten Stadtbad in der Oderberger Straße. Dort ließ der kanadische Klangkünstler Robin Minard 576 Minilautsprecher an dünnen Strippen aus dem großen abgeblätterten Schwimmbecken pflanzenhaft hervorwuchern, deren leises Plätschern ein intaktes Biotop suggerierte – als scheinbar tröstliches Bild einer den Menschen und seine verderblichen Künste ewig überdauernden Natur.