Seit 1993 gibt es in Karlsruhe das Institut für Musiktheater. Die Institutionalisierung ist das Ergebnis vieljähriger Vorarbeit. Eine Opernschule existierte schon lange, aber man wollte wohl nicht länger bloß Rampenheroinnen produzieren, sondern fähige Sängerdarsteller. 1986 schuf man deshalb eine Professur für die „Szenische Leitung der Opernschule“, die die Regisseurin Renate Ackermann von Anfang an innehatte. Sie wurde auch Leiterin des neuen Instituts und ist inzwischen emeritiert. Zusammen mit ihrer designierten Nachfolgerin Andrea Raabe, die zurzeit noch am Theater in Nürnberg arbeitet, hat sie nun mit „ihren“ Studenten ein letztes Mal im Karlsruher Konzerthaus eine größere Musiktheaterproduktion aus der Taufe gehoben, Krönung und Abschluss einer langen Reihe auch ungewöhnlicher Produktionen mit Werken von Purcell über Poulenc, Milhaud, Ullmann bis hin zu Tom Johnson und Rihms „Jakob Lenz“. Das Institut für Musiktheater stemmt einmal im Jahr ein größeres Werk, diesmal war der Ehrgeiz besonders groß: Man hatte die Gelegenheit, dem Mitglied des Lehrkörpers Wolfgang Rihm zum Fünfzigsten zu gratulieren.
Seit 1993 gibt es in Karlsruhe das Institut für Musiktheater. Die Institutionalisierung ist das Ergebnis vieljähriger Vorarbeit. Eine Opernschule existierte schon lange, aber man wollte wohl nicht länger bloß Rampenheroinnen produzieren, sondern fähige Sängerdarsteller. 1986 schuf man deshalb eine Professur für die „Szenische Leitung der Opernschule“, die die Regisseurin Renate Ackermann von Anfang an innehatte. Sie wurde auch Leiterin des neuen Instituts und ist inzwischen emeritiert. Zusammen mit ihrer designierten Nachfolgerin Andrea Raabe, die zurzeit noch am Theater in Nürnberg arbeitet, hat sie nun mit „ihren“ Studenten ein letztes Mal im Karlsruher Konzerthaus eine größere Musiktheaterproduktion aus der Taufe gehoben, Krönung und Abschluss einer langen Reihe auch ungewöhnlicher Produktionen mit Werken von Purcell über Poulenc, Milhaud, Ullmann bis hin zu Tom Johnson und Rihms „Jakob Lenz“. Das Institut für Musiktheater stemmt einmal im Jahr ein größeres Werk, diesmal war der Ehrgeiz besonders groß: Man hatte die Gelegenheit, dem Mitglied des Lehrkörpers Wolfgang Rihm zum Fünfzigsten zu gratulieren.Was durch den Einsatz der Opernschule und des Hochschulorchesters unter der musikalischen Leitung von Alicja Mounk dabei herauskam, das war beschämend – nicht etwa für die Ausführenden, sondern für viele Musiktheater, denen die Studierenden mit Staunen machender Virtuosität vormachten, mit welch einfachen Mitteln und mit wie viel Idealismus man eine musikalisch und szenisch fulminante Interpretation zuwege bringen kann.Rihms Vier-in-Ein-Akter nach Antonin Artaud über die Begegnung von Cortez und Montezuma ist vor allem eine Studie über das Verhältnis von Täter und Opfer, männlich und weiblich, stark und schwach – der Widerstreit der Prinzipien ist in ein zweistündiges szenisches Ritual gegossen, mehr Mysterienspiel als Oper. Der Versuchung, das Werk dennoch von seiner handfesten Seite zu nehmen und eine „echte“, womöglich kostümüppige Handlung auf die Bühne zu bringen, hat das Regisseurinnenpaar glücklicherweise widerstanden. Vielmehr ist alles auf wenige Gesten reduziert, die deshalb nicht armselig wirken, weil sie sich innerhalb einer außerordentlich intelligenten Bühnenarchitektur ereignen: im Vordergrund ein schmaler Laufsteg, im Hintergrund ein schwarzes Gebilde, das mit seiner Terrassierung ebenso eine Aztekentempelruine wie einen Berg assoziert, Spielebenen zur Verfügung stellt und im Innern über Kammern verfügt, die beleuchtet als Kerker dienen können. Der Tempelberg lässt sich spalten, wird so schließlich gar zu einem Stück Ruinenarchitektur, über dem per Video verzerrte Projektionen vom New Yorker 11. September flackern. Eingerahmt wird er von zwei Gerüsten, auf denen links die beiden Sängerinnen, die Montezuma stimmlich ergänzen, rechts die Cortez zugeordneten männlichen Sprecher stehen. Dieses Einheitsbühnenbild ist vollkommen zwingend – ein quasi sakraler Ort, an dem die Rituale menschlicher Konflikte vollzogen werden.
Die androgyne Natur des Montezuma hat man in Karlsruhe sogar durch Doppelbesetzung thematisiert: Manche Aufführungen sang Larissa Krochina, andere (auch die hier besprochene) der Countertenor Daniel Gloger, dessen Stimmumfang und Farbenrepertoire ganz erstaunlich sind, auch wenn Erschöpfung am Ende unverkennbar war. Andreas Reibenspies beeindruckte als Cortez nicht weniger, war wie Gloger vor allem in den lyrischen Abschnitten gestalterisch restlos überzeugend, während Fortissimo-Ausbrüche ein bisschen Anstrengung erkennen ließen. Das Hochschulorchester erreichte unter Alicja Mounk einen ganz außerordentlichen Grad an Perfektion, bedenkt man die weit gestreute Aufstellung auf und unter der Bühne und auf den Emporen; die hypnotischen Stereo- und „Surround“-Effekte der Partitur waren fast immer optimal aufeinander abgestimmt.
Das Ganze hat wohl wenig gekostet, dafür viel gebracht: eine bewegende Demonstration dessen, was eine Musikhochschule, auch was jahrelange Aufbauarbeit leisten kann.