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Carolyn Holt, Susanne Blattert, Kristin E Mantyla, Alicia Grünwald, Nicole Wacker, Tinka Pypker. Foto: © Matthias Jung

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Ein Ereignis – die a capella-Oper Svadba (Hochzeit) von Ana Sokolović in Bonn

Vorspann / Teaser

Gut 50 Minuten dauert die a capella-Oper Svadba (Hochzeit) von Ana Sokolović nur. Geschildert wird in sieben Szenen der Abend vor einer Hochzeit, an dem sich sechs Frauen treffen, um den Wandel von der Junggesellin zur Braut zu feiern. Dabei wird natürlich das ein oder andere Schnäpschen gekippt, sich schön gemacht, aber natürlich auch über den Bräutigam gesprochen und Rückschau gehalten, der Tradition gehuldigt – zuweilen auch mit einer Prise Situationskomik und auf jeden Fall sehr kurzweilig. 

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Sokolović hat ihre Oper im Auftrag des „Queen of Puddings Theatre“ für sechs Frauenstimmen a capella geschrieben, die nebenbei auch diverse Schlaginstrumente oder Okarinas bedienen müssen. Entstanden ist ein knapp einstündiges Opus, das nun auf der Werkstattbühne der Bonner Oper Premiere feierte. 

Auf der kleinen Kellerbühne unterhalb des Opernhauses werden in Bonn gerne experimentelle, ungewöhnliche Musiktheaterprojekte präsentiert, Sciarrinos „Infinito Nero“ etwa oder spannende Projekte wie die vor vielen Jahren gelaufene Reihe „Vorhang auf: Musik“. Svadba fügt sich hier gut ein, denn das Format ist sicherlich speziell und spricht nicht unbedingt eine breite Masse an. Dabei ist das Stück schon musikalisch ein Ereignis, geboten wird schließlich a capella-Kunst auf allerhöchstem Niveau. Die sechs Sängerinnen Kristin E Mantyla, Nicole Wacker, Tinka Pypker, Alicia Grünwald, Susanne Blattert und Carolyn Holt singen nonstop 50 Minuten mehrstimmig oder in einer Art rhythmischem Sprechgesang, der außerordentlich komplex ist, wie überhaupt Sokolovićs Musik. Die bezieht die serbische Musiktradition mit ein, setzt sie aber in einen zeitgenössischen Kontext.

Die Leistung der sechs Solistinnen kann man nicht anders als brillant bezeichnen, auch wenn die sechs hohen Frauenstimmen den kleinen Raum der Werkstattbühne zuweilen klanglich fast zu sprengen scheinen. Doch werden die komplexen Rhythmen und Harmonien – inklusive der Herausforderungen der serbischen Sprache mit scheinbarer Leichtigkeit und großer Präzision wiedergegeben, was ungemein faszinierend ist. Dafür sorgt nicht zuletzt Igor Horvat, der die sechs Darstellerinnen mit seinem klaren und schnörkellosen Dirigat sehr präzise koordiniert. Oft überlagern sich Rhythmen oder Patterns, so dass aus scheinbar einfachen Phrasen komplexe Gebilde entstehen, mal entsteht aus Sprachrhythmus und -klang ein ebenso faszinierender wie komplexer Gesamtklang mit einem Spannungsfaden, der im minimalistischen Ambiente der Werkstattbühne nie abreißt. Alexandra Pape führt am diesem Abend Regie und formt aus den sieben locker aufeinanderfolgenden Szenen des musikalischen Kammerspiels einen schönen Spannungsbogen, der nicht zuletzt von der stets authentisch wirkenden Spielfreude aller Darstellerinnen getragen wird. Die überzeugen im Übrigen auch durch eine große Varianz an Stimmfarben, mal brillant, mal kehlig, mal natürlich, was auch zur Faszination dieses Stück beiträgt.

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