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Hardcore-Klezmer mit internationalem Flair

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Seit zehn Jahren gibt es den „Leuchtturm“ im jüdischen Gemeindezentrum in Odessa
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Ein „Turm“ ist „Migdal“ nicht, eher ein ehemaliges Schulgebäude in einem der vielen Hinterhöfe von Odessas pulsierender Altstadt. Hat man den Zugang zur Ulitza Malaya Arnautskaya 46a gefunden, stößt man zuerst auf eine große Tafel, die auf Hebräisch und Englisch verdeutlicht, dass hier das Ukrainische Zentrum der Opfer des Naziterrors ist.

Doch das Jüdische Gemeindezentrum ist einiges mehr, ein Mittelding zwischen Jugend- und Kulturzentrum und Volkshochschule. Hier gibt es Computerkurse, Kindergruppen, eine Bibliothek und anderes, von der Leiterin Kira Verkhovskaya und ihren Mitarbeiterinnen nicht zuletzt mit Unterstützung aus den USA zusammengetragen. Der deutsche Besucher (blond) wird freundlich begrüßt und so lange weiter gereicht, bis eine Englisch Sprechende gefunden ist und Tee anbietet. Ja, morgen Mittag ist die erste Musikprobe nach den Ferien, natürlich kann man zuhören. „Migdalor“ nämlich, der Leuchtturm, ist das halbprofessionelle Musiktheater der Jüdischen Gemeinde von Odessa, wiederum unter der Leitung der Kira Verkhovskaya. Kira ist sauer. Der Klarinettist ist noch im Urlaub, und der zweite Keyboarder kommt zu spät. Doch dann geht für eine gute Stunde ziemlich die Post ab, Kira probt mit vier weiteren Sängerinnen offenbar quer durchs Repertoire auf Jiddisch, Hebräisch, Englisch, Russisch und Ukrainisch (was manche russisch Aufgewachsene nur für einen albernen Dialekt halten).

Ein „Turm“ ist „Migdal“ nicht, eher ein ehemaliges Schulgebäude in einem der vielen Hinterhöfe von Odessas pulsierender Altstadt. Hat man den Zugang zur Ulitza Malaya Arnautskaya 46a gefunden, stößt man zuerst auf eine große Tafel, die auf Hebräisch und Englisch verdeutlicht, dass hier das Ukrainische Zentrum der Opfer des Naziterrors ist. Doch das Jüdische Gemeindezentrum ist einiges mehr, ein Mittelding zwischen Jugend- und Kulturzentrum und Volkshochschule. Hier gibt es Computerkurse, Kindergruppen, eine Bibliothek und anderes, von der Leiterin Kira Verkhovskaya und ihren Mitarbeiterinnen nicht zuletzt mit Unterstützung aus den USA zusammengetragen. Der deutsche Besucher (blond) wird freundlich begrüßt und so lange weiter gereicht, bis eine Englisch Sprechende gefunden ist und Tee anbietet. Ja, morgen Mittag ist die erste Musikprobe nach den Ferien, natürlich kann man zuhören. „Migdalor“ nämlich, der Leuchtturm, ist das halbprofessionelle Musiktheater der Jüdischen Gemeinde von Odessa, wiederum unter der Leitung der Kira Verkhovskaya. Kira ist sauer. Der Klarinettist ist noch im Urlaub, und der zweite Keyboarder kommt zu spät. Doch dann geht für eine gute Stunde ziemlich die Post ab, Kira probt mit vier weiteren Sängerinnen offenbar quer durchs Repertoire auf Jiddisch, Hebräisch, Englisch, Russisch und Ukrainisch (was manche russisch Aufgewachsene nur für einen albernen Dialekt halten). Nochmal! Der fantastische Schlagzeuger hat das Tempo zu schnell angezogen. Der hochvirtuose Geiger ist ein Star für sich, und nachdem man sich zwischendurch über leicht gefühlsduselige Popklänge gewundert hat, greifen die Keyboarder zum Blech. Während einer Rauchpause (!) für die Sängerinnen schmettern sie Hardcore-Klezmermusik, die kurzfristig weitere Neugierige hereinlockt.

Zusammen mit Tänzern und Schauspielern zählt Migdalor siebzehn Mitwirkende. Seit 1991 hat man rund 500 Vorstellungen mit unterschiedlichen Programmen gegeben: Jiddische Folklore, Hochzeitsriten und vieles andere. Migdalor war auch schon in Berlin und Leverkusen: „Do you know Manfred Lemm?“ Natürlich, das ist der mit der Mordechai-Gebirtig-Gesamtausgabe. Und Isaak Loberan, den jüdischen Wiener Musiker? Von dem habe ich den Tipp.

Wenn die Welt auch klein scheint und im schönen Odessa überall amerikanische Brause serviert wird: ein ukrainisches Visum gibt es nur auf Einladung (der Unterzeichnete kann helfen: WUlrichs [at] aol.com (WUlrichs[at]aol[dot]com)) oder mit Hotelbuchung, die ukrainischen Grenzer verlangen garantiert „Schtraff“, vulgo Strafe alias Bestechung in „Dollari“ für irgendein angebliches Vergehen, und am Bahnhof bieten sich Männer an, die einem die Fahrkarte für den vierfachen Preis besorgen.

Aber das Jüdische Zentrum atmet Internationalismus. In den Fluren hängen Fotos von Sommerlagern, amerikanischen Freunden, vom Jüdischen Weltkongress, in der Bibliothek findet sich gar ein hebräisch-englisches Lexikon. Irgendwann wird es auch ein richtiges Theatergebäude geben, wofür man freilich auf internationale Unterstützung angewiesen ist.
Wer nicht das Abenteuer einer Reise nach Odessa auf sich nehmen mag, kann Migdalor trotzdem zumindest hören.

Dafür gibt es die CD „Jewish Wedding“ (1995, 10 Dollar) und die Kassette „Populyarnie Evreïskie Melodii“ (Populäre jüdische Weisen, teilweise live, 2000, 1 Dollar). Was das Porto kostet und wie man bezahlt, erfährt man per E-Mail (migdal [at] tm.odessa.ua (migdal[at]tm[dot]odessa[dot]ua)

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