Im Haus des Musikethnologen, Dirigenten und Musikprofessors Charles Seeger (1886–1979) interessierte man sich für Volksmusik, war strikt pazifistisch und gegen die Rassentrennung eingestellt. In diesem Ambiente wuchs der heute über 80-jährige Banjospieler, Sing-along-Veranstalter, Gewerkschafts- und später Umweltaktivist Pete(r) Seeger (geb. 1919) auf.
Im Haus des Musikethnologen, Dirigenten und Musikprofessors Charles Seeger (1886–1979) interessierte man sich für Volksmusik, war strikt pazifistisch und gegen die Rassentrennung eingestellt. In diesem Ambiente wuchs der heute über 80-jährige Banjospieler, Sing-along-Veranstalter, Gewerkschafts- und später Umweltaktivist Pete(r) Seeger (geb. 1919) auf. Eher weniger zu Hause, mehr auf der Straße, in Buden und Slums wuchs ein Lockenkopf auf, der außer Maschinenschrift eigentlich nichts wirklich lernte, sieht man einmal vom Musizieren mit Gitarre, Fiddle und Mundharmonika ab. Sein präzises Beobachtungsvermögen und seine schier unerschöpfliche Formulierungskunst ließen ihn zu einem der größten Liedermacher überhaupt werden. Die Rede ist natürlich von Woody Guthrie (1912–1967). Das politische Klima der USA zur Zeit des jüngeren Guthrie hat John Steinbeck literarisch unter anderem in „Früchte des Zorns“ festgehalten. Als Pete Seeger und andere in der McCarthy-Ära wegen ihrer wirklichen oder vermeintlichen Nähe zum Kommunismus auf den schwarzen Listen landeten, war Guthrie, der Texter von weit über tausend Songs, wegen der Huntington-Krankheit totgeweiht hospitalisiert – und beleidigt, dass er nicht auch auf den schwarzen Listen stand.Jetzt wurde die lange vergriffene Übersetzung seiner Autobiografie neu aufgelegt: Woody Guthrie, Dies Land ist mein Land (Hardcover, ca. 446 Seiten, Nautilus Hamburg 2001, E 25,–). Abgesehen von den üblichen Übersetzungsfehlern gelang es, viel vom Charme des Originals festzuhalten.
Objektiv freilich ist die „Autobiografie“ nicht, und auch nicht sehr politisch: die New Yorker Lektorin war vom Viel- und Schnellschreiber mit Manuskripten buchstäblich zugeworfen worden und hatte große Probleme, irgendeine Linie zu finden. Und die fehlt bis heute, doch dafür findet sich so manche charmante Anekdote in dem Band, der mit allerhand Zeichnungen des Autors geschmückt ist.
Wer es wirklich genau wissen will, kann auf die kürzlich erschienene deutsche Fassung der quasi amtlichen Biografie zurückgreifen: Joe Klein, Woody Guthrie (Taschenbuch, ca. 620 Seiten, ISBN 3-548-60084-0, List München 2001, E 9,95). Guthries Geschichte ist eine Geschichte des anderen Amerika, spannend, teilweise arg deprimierend, wegen Woodys Manie teilweise sexuell sehr freizügig und gespickt mit Lied- und anderen Zitaten, die zum Teil leider nur unzureichend übersetzt sind.
Trotzdem ist es erfreulich, dass das Buch nun für einen zivilen Preis auch Lesern zugänglich ist, die etwa mit amerikanischem Slang Probleme hätten. Bei Smithsonian/Folkways (Vertrieb Koch International) sind in den letzten Jahren diverse Guthrie-CDs veröffentlicht worden, so dass Vieles wieder zugänglich ist.
Doch wenn er mit weiteren Musikern zu hören ist, wird es immer lebhaft. Jetzt taucht eine legendäre Gruppe aus der Versenkung auf, die jeder Guthrie- und Seeger-Kenner immer schon hören wollte: The Almanac Singers Vol. 1 „Talking Union“ (Naxos Nostalgia). Hier wurden 21 Titel aus den Jahren 1941/42 zusammengestellt, die den Werdegang der Gruppe um Seeger von der eher betulichen Folk-Ecke über die Gewerkschaftsarbeit zum militanten Antifaschismus dokumentieren.