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Couperin-Beschwörung: Thomas Adès als Cembalist in Frankfurt. Foto: Charlotte Oswald
Couperin-Beschwörung: Thomas Adès als Cembalist in Frankfurt. Foto: Charlotte Oswald
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Neues Leben blüht aus alter Musik

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Happy New Ears: Eine Frankfurter Begegnung mit Thomas Adès
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Glückliche neue Ohren. Die verdienstvolle „Happy New Ears“-Reihe, von der Frankfurter Oper zusammen mit dem Ensemble Modern gestaltet, beschert den Musikfreunden immer wieder interessante Begegnungen.

Die deutsche Erstaufführung der Oper „The Tempest“ von Thomas Adès in Frankfurt (siehe die Kritik auf der vorhergehenden Seite) bot Gelegenheit, den englischen Komponisten in einem „Happy New Ears“-Konzert genauer kennenzulernen.

Im Gespräch mit Tom Service gab der 1971 in London geborene Adès witzig und intelligent Auskunft über seine Musik, über Musik überhaupt, erläuterte kurz und treffend die gespielten Werke, setzte sich einmal auch als Solist an ein Cembalo, um Couperins Drei-Minuten-Stück „Les Baricades Mistérieuses“ zu spielen (unser Foto), das dann anschließend in einer Fassung für Kammerensemble von Thomas Adès zum zweiten Mal erklang. Gesetzt für Klarinette, Bassklarinette, Viola, Violoncello und Kontrabass schien Couperins graziöse Klangkunst sich geradewegs ins schottische Hochland versetzt zu fühlen: ein gewisser Dudelsack-Effekt war nicht zu überhören. Adès schätzt solche Verwandlungen der Tradition. Er sieht die Musik als eine unendliche Geschichte, die nie und nirgendwo zu einem Ende kommt. Die Vergangenheit ist für ihn ebenso lebendig wie die Popmusik. Vergangenheit wird auch beschworen, wenn der Komponist in seiner „Sonata da caccia“, Opus 11, eine Barockoboe mit Horn und Cembalo kombiniert. Debussy plante für die vierte seiner Instrumentalsonaten diese Besetzung, aber sein Tod verhinderte die Ausführung. Adès’ Klangphantasie entlockte dem Trio eigenwillige instrumentale Wirkungen, die sicher auch Debussy gefallen hätten.

Den Abschluss des Abends bildete die Aufführung des 1994 komponierten Ensemblestücks „The Origin of the Harp“, Opus 13, für zehn Instrumentalisten. Nach einem Gemälde von Daniel Maclise (1806 bis 1870), das die Verwandlung einer sich nach Menschenliebe sehnenden Nymphe in eine wundersame Harfe andeutet, die ihr Weinen in sanfte Klänge verzaubert, entstand eine wunderbar klingende, oft ebenso sanfte Musik, die zugleich eine bemerkenswerte innere Energie freisetzt. Thomas Adès stellte sich hier auch als umsichtiger Dirigent vor, der sehr genau auf kompositorische Gestik und präzise Akzentuierungen achtet, deren Realisierung bei der Professionalität der Ensemble-Modern-Musiker allerdings auch keine besonderen Probleme aufwirft.

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